2014 legte in Ruben Östlunds Oscar-Kandidat „Höhere Gewalt“ eine kontrolliert ausgelöste Lawine, die ein bisschen mehr Schneestaub aufwirbelt als geplant, die Risse in dem auf den ersten Blick perfekt anmutenden Verhältnis seiner Protagonisten frei. In eine ähnliche Richtung scheint lange Zeit auch das argentinische Drama „The Fire“ (feierte bei der Berlinale 2015 in der Sektion Panorama seine Weltpremiere) von Juan Schnitman zu gehen, bevor es sich dann doch als ziemlich austauschbare Beziehungskiste entpuppt: Die Köchin Lucia (Pilar Gamboa) und der Lehrer Marcelo (Juan Barberini) haben endlich das nötige Kapital zusammen, um sich eine Eigentumswohnung leisten zu können. Gerade haben sie das Geld aus dem Schließfach geholt, um beim Notar bar zu bezahlen, als dieser sie anruft und den Termin auf den nächsten Tag verschiebt. Mit so viel Geld in der Wohnung wird das Paar zunehmend paranoid, was schon bald unangenehme Wahrheiten über ihre Beziehung ans Tageslicht fördert. Und so wird der extra Tag auch genutzt, um noch einmal darüber nachzudenken, ob das mit der gemeinsamen Wohnung wirklich eine so gute Idee ist…
Kleine Ursache, große Wirkung: Wie in „Höhere Gewalt“ ist es auch in „The Fire“ ein scheinbar unbedeutender Auslöser, der das Beziehungskonstrukt langsam in sich zusammenkrachen lässt. Aber während die Versuchsanordnung in der ersten halben Stunde noch auf beschränktem Raum mit einer hohen Intensität und Präzision durchexerziert wird, entwickelt sich „The Fire“ sobald Lucia und Marcelo die Wohnung verlassen, um zur Arbeit zu gehen oder Freunde zu besuchen, immer mehr zu einem herkömmlichen Beziehungsdrama. Da verliert dann nicht nur der Film seinen Fokus, auch die zuvor noch subtil die Probleme beleuchtenden Dialoge lassen zunehmend ihren Biss vermissen: So wird etwa Lucia extra eine Krankheit angedichtet, nur damit sie ihrem Arzt in einer völlig unfilmischen Laberszene ihren Liebesschmerz beichten kann. Ein solch schmuckloser Kunstgriff zeigt nicht nur die Einfallslosigkeit von Drehbuchautorin Agustina Liendo, einfach so runtergeleiert wirken die Beziehungsprobleme auch mit einem Mal ziemlich banal.
Fazit: Dafür dass er von seinem Publikum verlangt, einem Paar eineinhalb Stunden lang beim Streiten zuzuschauen, hat Regisseur Juan Schnitman letztlich einfach nicht genug Substanz zu bieten.
Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.