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    Fassbinder - Lieben ohne zu fordern
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Fassbinder - Lieben ohne zu fordern
    Von Michael Meyns

    Über 40 Filme, dazu zahlreiche Theaterstücke inszenierte Rainer Werner Fassbinder in einer nur 13 Jahre langen Schaffensperiode, die 1969 begann und mit seinem frühen Tod 1982 endete. Seit damals haben bereits zahlreiche Freunde und Mitarbeiter ihre ganz persönliche Sicht auf das künstlerische Genie, aber auch auf den schwierigen, exzessiven Menschen Fassbinder weitergegeben. Nun gesellt sich der dänische Autor, Regisseur und Filmverleiher Christian Braad Thomsen zu dieser Riege und stellt im Panorama der Berlinale 2015 seine Dokumentation „Fassbinder - Lieben ohne zu fordern“ vor. Der Film bestehe aus „persönlichen Erinnerungen“, so Thomsen, der seit Ende der 60er Jahre Fassbinders Freund war, seine Filme in Dänemark verlieh und zahlreiche Interviews mit ihm führte. Diese Gespräche bilden nun das Zentrum von „Lieben ohne zu fordern“, der im Kern allerdings nicht besonders persönlich ausgefallen, sondern eine eher konventionelle biografische Dokumentation geworden ist. Sehenswert ist sie mit ihren zahlreichen Archivaufnahmen, Filmausschnitten und zusätzlichen Interviews mit Wegbegleitern Fassbinders aber dennoch.

    In sieben Kapitel teilt Regisseur Thomsen sein Werk ein, von der Filmsprache über die Kindheit bis zum Tod hangelt er sich an Fassbinders Leben entlang, das er penibel nacherzählt. Originell ist diese Herangehensweise zwar nicht, aber informativ und gerade für Nicht-Experten absolut sehenswert. Bedauerlich ist allein, dass Thomsen zu etwas gewagten psychoanalytischen Schlüssen neigt und Fassbinders Leben und Werk zuweilen auf etwas platt-freudianische Weise deutet – zum Beispiel wenn es um die Beziehung zur Mutter geht. Viel greifbarer sind da die Interviews zum Thema Sadomaschosimus, so spricht etwa Fassbinders langjährige Wegbegleiterin Irm Hermann – fraglos durch den langen zeitlichen Abstand begünstigt – ganz unverblümt von einer Beziehung, die sie als Hörigkeit beschreibt. Hier werden die dunklen Seiten der Persönlichkeit Fassbinder angedeutet, die andere, ausbeuterische Seite eines Regisseurs, der wie in einem Rausch ein einzigartiges Werk schuf und gerade auch in seiner Ambivalenz ein bis heute faszinierender Künstler ist.

    Fazit: Besonders persönlich sind Christian Braad Thomsens Erinnerungen an Rainer Werner Fassbinder zwar nicht, dennoch ist „Fassbinder - Lieben ohne zu fordern“ eine sehenswerte Dokumentation über den bedeutendsten deutschen Regisseur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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