Wir leben inzwischen in einer totalen Konsum- und Wohlstandsgesellschaft. Aber mal Hand aufs Herz: Für wen erscheint das, was er täglich zur Verfügung hat, tatsächlich als Luxus? Für den jungen finnischen Filmemacher Petri Luukkainen war es jedenfalls bis vor kurzem völlig normal, was er sich alles leisten kann und wie viele Sachen sich deshalb bereits in seiner Wohnung in Helsinki angesammelt haben. Aber dann ist ihm irgendwann aufgefallen, wie er seit dem Ende seiner letzten Beziehung vor drei Jahren immer mehr Dinge angehäuft hat. Da fing er an, sich zu fragen: Sind all seine schönen Sachen möglicherweise nur ein Liebesersatz? Macht ihn all dieser Besitz zu einem glücklicheren Menschen? Was davon ist ihm wirklich wichtig? Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, entschloss sich Luukkainen zu einem radikalen Experiment, das er in seinem höchst vergnüglichen Dokumentarfilm „My Stuff“ festgehalten hat:
Petri räumt seine Wohnung komplett leer und sperrt sein gesamtes Hab und Gut in einem Lager weg. Dabei ist er so konsequent, dass er auch sich selbst völlig auszieht. Ab sofort will er sich ein Jahr lang nicht gestatten, mehr als einen einzigen Gegenstand pro Tag aus dem Lager zu holen. Außerdem ist lediglich der Kauf von Lebensmitteln erlaubt. Das führt naturgemäß zu allerlei komischen und bizarren Situationen. So läuft der Filmemacher in der ersten Nacht splitterfasernackt zum Lager und holt sich einen Mantel. Auch später kommt es immer wieder zu brisanten Engpässen und kleineren Notsituationen, aber Petri weigert sich, klein beizugeben und zieht das Experiment radikal durch…
Zu den schmissigen Klängen eines Jazz-Saxophonisten erwartet der Zuschauer neugierig, was Petri wohl als nächstes zum wichtigsten Gegenstand des Tages erklären und somit aus dem Lager holen wird. Eine der fundamentalen Fragen seiner Existenz lautet plötzlich: „Hemd oder Hose?“ Das wiederum führt zu essentiellen Erkenntnissen wie: „Socken sind doch verzichtbar!“ „My Stuff“ ist meist urkomisch und manchmal nachdenklich. Der Regisseur und Protagonist ist zudem ein grundsympathischer Typ, der sich selbst nicht übermäßig ernst nimmt. Ihn begleitet man als Zuschauer gerne bei seinem oft absurd anmutenden Unterfangen und fiebert in brenzligen Situationen sogar richtig mit. Am Ende hat Luukkainen so zumindest bewiesen, dass man mit einer pfiffigen Idee selbst mit geringsten Mitteln einen wirklich originellen und unterhaltsamen Film machen kann.
Fazit: „My Stuff“ zeigt ein durchaus abseitiges Selbstexperiment, das den Zuschauer nicht nur grandios unterhält, sondern ihn darüber hinaus tatsächlich auch zum Nachdenken anregt.