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    Don't Breathe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Don't Breathe
    Von Christoph Petersen

    An seinem Startwochenende hat der nicht einmal zehn Millionen Dollar teure Horror-Thriller „Don’t Breathe“ alleine in den USA mehr als 26 Millionen eingespielt (und damit etwa doppelt so viel, wie ihm die Box-Office-Experten vorab zugetraut haben). Ein beeindruckender Erfolg, der allerdings gar nicht so überraschend kommt: Immerhin sind es in diesem Sommer voller Flops vor allem die Horrorfilme, die zuverlässig die Erwartungen übertreffen! Der Grund dafür liegt auf der Hand: Während sich die klassischen Blockbuster immer mehr gleichen wie ein Ei dem anderen, punkten die Genrefilme mit tatsächlich innovativen Konzepten: In „Lights Out“ (aktuelles Einspielergebnis: 126 Millionen bei einem Budget von 4,9 Millionen) gibt es ein Monster, das sich per Lichtschalter ausknipsen lässt. Mit „The Purge 3: Election Year“ (105 Millionen bei 10 Millionen Budget) haben die Macher ihre Reihe noch einmal völlig neu erfunden – nämlich als kranken, abgründigen, bissigen Polit-Horror. Und in „Don’t Breathe“ von Fede Alvarez bekommt es eine Gruppe junger Einbrecher nun mit dem ultimativen Widersacher zu tun: einem blinden einsamen alten Mann!

    Bei ihren regelmäßigen Einbrüchen achten die Teenager Alex (Dylan Minnette, „Gänsehaut“), Rocky (Jane Levy, „Evil Dead“) und Money (Daniel Zovatto, „It Follows“) penibel darauf, dass sie kein Bargeld oder Beute im Wert von mehr als 10.000 Dollar mitgehen lassen, um so im Fall der Fälle mit einer niedrigen Strafe davonzukommen (wobei das Money nicht davon abhält, auf den Wohnzimmerboden zu onanieren). Allerdings spielen diese Regeln plötzlich keine Rolle mehr, als Rocky den Plan für einen letzten ganz großen Coup liefert: In einer ansonsten völlig verlassenen Gegend wohnt ein blinder alter Mann (Stephen Lang) alleine in seinem Haus, wo er mehrere 100.000 Dollar rumliegen haben soll (eine Abfindung für den Unfalltod seiner Tochter vor ein paar Jahren). Aber der Kriegsveteran erweist sich auch ohne Augenlicht als überraschend wehrhaft…

    Nachdem die Teenager als Detroiter Unterschichten-„Bling Ring“ eingeführt sind, geht es bereits nach wenigen Minuten rein in das Haus des blinden Mannes – und in dem Moment stellt man sich als Zuschauer zwangsläufig zwei Fragen:

    1. Wie zum Teufel soll sich ein blinder Mann gegen die Einbrecher wehren?

    2. Was soll jetzt noch alles passieren, immerhin ist der Film noch mehr als eine Stunde lang und das Haus nicht sonderlich groß?

    Die Antwort auf die erste Frage liefert „Avatar“-Bösewicht Stephen Lang mit seiner bloßen körperlichen Erscheinung – und seiner im Original unfassbar tiefen, reibeisenrauen Stimme! Als wir den Plot von „Don’t Breathe“ das erste Mal gehört haben, sind wir eigentlich davon ausgegangen, dass der Blinde sich wahrscheinlich mit allen möglichen Fallen auf die Eindringe vorbereitet hat. Aber Pustekuchen, solche Sperenzchen braucht er gar nicht! Der namenlose Mann hat ein paar Schlösser an Türen und Fenstern, dazu einen Revolver unter dem Bett kleben – und das war’s: Seine „Waffen“ sind sein gutes Gehör, sein unbedingter Willen – und seine einschüchternde Präsenz! Wenn sich dieser Mann, völlig egal ob blind wie ein Maulwurf oder nicht, nur wenige Zentimeter von uns entfernt durch das Dunkel tastet, würden wir uns definitiv auch vor Angst in die Hose machen. Deshalb haben die Macher auch gut daran getan, die Fähigkeiten des Kriegsveteranen in einem realistischen Rahmen zu halten – ein übermenschlicher Super-Bösewicht wäre nämlich bestimmt weit weniger effektiv gewesen.

    Apropos Effektivität, damit wären wir dann auch schon bei der Antwort auf die zweite Frage: Ohne es zu sehr zu übertreiben oder je ins gänzlich Unglaubwürdige abzudriften, findet der auch am Drehbuch beteiligte Alvarez immer wieder neue Wege, um seine jungen Protagonisten und ihren blinden Widersacher aufeinanderprallen zu lassen. Sehvermögensbedingt gibt es dabei zwar keine klassischen Slasher-Jagden, sondern immer nur kurze Zusammenstöße oder Gewaltausbrüche – aber diese sind dafür umso intensiver und werden meist von grandios gesetzten Schockmomenten eingeleitet. Sowieso liegt „Don’t Breathe“ – genau wie Alvarez‘ erster Spielfilm „Evil Dead“ – schon rein handwerklich deutlich über dem Genredurchschnitt. Vor allem die Kameraarbeit (von Pedro Luque, „The Silent House“) und die Beleuchtung ragen heraus.

    Spannend ist auch die Umkehr der üblichen Home-Invasion-Perspektive – denn der Zuschauer begleitet hier ja zur Abwechslung mal die Eindringlinge und nicht wie üblicherweise die Überfallenen (wie etwa in „The Strangers“ oder „You’re Next“). Und tatsächlich weiß man lange Zeit gar nicht so genau, wem man nun eigentlich die Daumen drücken soll – denn wir haben zwar gesehen, warum gerade Rocky das Geld unbedingt braucht, aber einen vermeintlich wehrlosen Blinden zu überfallen, ist natürlich trotzdem nicht gerade die feine englische Art. Später gibt es zwar noch einen Twist, der die moralischen Verhältnisse dann doch noch etwas gerader rückt, dennoch treibt Alvarez zumindest nebenbei immer auch ein intelligent-ambivalentes Spiel mit den gängigen Genre-Konventionen.

    Fazit: Ein hervorragend inszenierter No-Nonsense-Home-Invasion-Thriller, der seine ungeheure Effektivität vor allem seinem konsequenten Minimalismus verdankt.

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