Lissa Evans‘ Roman „Their Finest Hour And A Half“ war 2009 nicht unbedingt ein Bestseller, landete aber auf der renommierten Vorschlagsliste des Orange Prize For Fiction, der die besten Autorinnen des Vereinten Königreichs ehrt. Die Star-Produzenten Amanda Posey („Brooklyn“) und Stephen Woolley („Carol“) verliebten sich unabhängig voneinander in Evans‘ warmherziges Buch, doch anstatt einen Bieterstreit um die Rechte vom Zaun zu brechen, bündelten die beiden ihre Kräfte und produzierten die Verfilmung einfach gemeinsam. Da sich die Vorlage insbesondere durch die absolut selbstverständliche Verbindung von Leichtigkeit und Kriegsschrecken auszeichnet, engagierten Posey und Woolley mit Lone Scherfig („An Education“, „Zwei an einem Tag“) zudem eine feinfühlige Regisseurin, die es versteht, in lockerem Erzählton von einer schweren Zeit zu erzählen. Und tatsächlich findet die Dänin eine sehr überzeugende Mischung aus verschmitzter Heiterkeit und romantischen Verwicklungen, nur der dramatische Punch bleibt in der heiteren Tragikomödie „Ihre beste Stunde“ ein wenig auf der Strecke, bevor er dann auf der Zielgeraden mit dem Holzhammer erzwungen wird.
London, 1940: Der deutsche Blitzkrieg hat die englische Metropole im Würgegriff. Dass die meisten gesunden Männer an der Front kämpfen, eröffnet den Daheimgebliebenen ungeahnte Karrieremöglichkeiten. So ergattert die Sekretärin Catrin Cole (Gemma Arterton) einen Job als Drehbuchautorin beim britischen Informationsministerium. Gemeinsam mit dem etablierten Chefautor Tom Buckley (Sam Claflin) arbeitet sie an dem Propagandafilm „The Nancy Starling“, der den Menschen in diesen schwierigen Zeiten Zerstreuung bieten und zugleich die Moral an der Heimatfront stärken soll. Catrins Ehe mit dem brotlosen Künstler Ellis (Jack Huston) leidet unter ihrem neuen Engagement, während sie im Schreibbüro und später am Filmset fern von London Tom immer näher kommt. Gleichzeitig müssen sich die Autoren mit den Allüren des alternden Starschauspielers Ambrose Hilliard (Bill Nighy) herumschlagen, der seine besten Tage zwar hinter sich hat, aber mangels jüngerer Konkurrenz immer noch unverzichtbar ist…
Das Herzstück von „Ihre beste Stunde“ ist die sorgsam aufgebaute Beziehung zwischen der modernen Catrin und ihrem oft zynischen Autorenkollegen Tom. Die Chemie zwischen Gemma Arterton („Hänsel und Gretel Hexenjäger“, „Prince Of Persia“) und Sam Claflin („Ein ganzes halbes Jahr“, „Pirates Of The Caribbean: Fremde Gezeiten“) ist wunderbar, die zuerst unterschwelligen Emotionen zwischen ihnen brechen sich ganz allmählich Bahn, bis schließlich eine zarte Romanze aufkeimt. Arterton spielt eine emanzipierte und zugleich bescheidene Frau, die sich ihr Selbstbewusstsein erst erarbeiten muss. Es ist in Catrins Gesicht sofort zu sehen, wie sehr ihr dieser Tom gefällt, doch sie braucht eine ganze Weile, bis sie sich das auch selbst eingesteht. Sam Claflin wiederum gibt dem wortgewandten Schreiberling einen unterkühlt ironischen Charme, aber der kann seine Gefühle hinter der coolen Fassade kaum besser verbergen als die neue Kollegin. Es ist ein Vergnügen, den beiden beim hübschen romantischen Geplänkel zuzuschauen, die ganz großen Gefühlswallungen braucht es da gar nicht. Und wenn es kriegsbedingt dann doch dramatisch wird, meistern die Akteure auch diese Herausforderung, während die Regisseurin es mit ihren Zuspitzungen etwas übertreibt.
Außer in einigen etwas bemühten und schwerfälligen rein ernsten Momenten zeichnet sich „Ihre beste Stunde“ durch eine lockere, oft fast schon beschwingte Atmosphäre aus. Die Film-im-Film-Konstruktion erlaubt es Lone Scherfig, immer wieder komische Kontrapunkte zu setzen. Catrin und Tom arbeiten an der Geschichte einer kitschig-propagandistisch überhöhten Rettungsaktion im berühmt-berüchtigten Kriegsschauplatz Dünkirchen (wovon ja auch der neue Film von Christopher Nolan handelt), wobei die Heldentat im Film-im-Film einige wunderbar augenzwinkernde Wendungen nimmt. Neben Eigenheiten aus der Welt des Filmemachens zeigt Scherfig auch, wie die Gleichberechtigungsbewegung schon allein aus Männermangel einen zarten Schritt nach vorne macht. Ihre zeitlose Kernbotschaft ist allerdings geschlechtsübergreifend: Verschwende dein Leben nicht, denn es ist kostbar! Und dann hat Lone Scherfig auch noch eine Geheimwaffe im tollen Ensemble: Bill Nighy („Tatsächlich… Liebe“, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“). Dieser Inbegriff eines Charmebolzens stiehlt als kauzig-grantiger, selbstverliebter Altstar so manche Szene und übertüncht seine Eitelkeit dabei ganz großspurig mit entwaffnender Ironie. Wenn er gegen Ende für das ganze Filmteam singt, ist das ein tief berührender Moment voll bittersüßer Melancholie.
Fazit: Lone Scherfigs romantische Tragikomödie „Ihre beste Stunde“ ist trotz des ernsten historischen Hintergrunds vor allem ein heiter-beschwingtes Kinovergnügen.