Spike Lee („Malcolm X“) macht bis heute keinen Hehl daraus, dass er sich bei der Oscar-Verleihung zum Kinojahr 1989 übergangen fühlte. Sein umstrittenes Meisterwerk „Do The Right Thing“ hatte damals trotz zahlreicher anderer Auszeichnungen und euphorischer Kritiken nur zwei Nominierungen erhalten (darunter eine für Lees Original-Drehbuch) und war nicht in den wichtigsten Kategorien Beste Regie und Bester Film vertreten. Schauspielerin Kim Basinger brachte ihren Unmut darüber sogar ganz offen als Laudatorin auf der Oscar-Bühne zum Ausdruck. Während Lees Meilenstein des afro-amerikanischen Kinos ohne Trophäe blieb, wurde ausgerechnet das im Vergleich brave Südstaaten-Drama „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ als Bester Film des Jahres ausgezeichnet: Der australische Regisseur Bruce Beresford erzählt in seiner nostalgisch-versöhnlichen Hollywood-Hochglanzproduktion von der platonischen Freundschaft zwischen einer weißen Lady und ihrem schwarzen Chauffeur in den 1940er Jahren. Mit seiner jüngsten Regiearbeit, dem sentimentalen Generationendrama „Mr. Church“, präsentiert uns Beresford nun 27 Jahre später erneut eine schwarze Hauptfigur als glücklichen Diener und gießt noch einmal Öl in Spike Lees Feuer.
Der schwarze Koch Henry Church (Eddie Murphy) wird von seinem reichen Chef damit beauftragt, für dessen ehemalige, jüngst an Krebs erkrankte weiße Ex-Freundin Marie (Natascha McElhone, „Die Truman Show“) und deren zehnjährige Tochter Charlie zu sorgen. Das Mädchen ist von der Idee, einen fremden (und schwarzen) Mann im Haus zu haben, erst einmal gar nicht angetan. Doch mit jeder neuen kreativen Leckerei aus Mr. Churchs Küche und mit jedem neuen Buch, das sich Marie aus seinem Bücherregal ausleiht, steigt ihre Faszination für den sehr verschlossenen Koch. Nach sieben Jahren stirbt Marie schließlich, aber Mr. Church kümmert sich weiter um Charlie (jetzt: Britt Robertson, „Tomorrowland“) und nimmt sie bei sich auf, als sie auf dem College erst schwanger und dann verlassen wird. Doch als sie ihm hinterherspioniert und in seiner Vergangenheit wühlt, reagiert er ungehalten...
Nach vier Jahren Abwesenheit ist Eddie Murphy in „Mr. Church“ wieder einmal auf der Kinoleinwand zu sehen. Er erklärte, dass ihn das Drehbuch von Susan McMartin gereizt habe, die darin ihre eigenen Erlebnisse mit ihrem Koch und engen Freund verarbeitet haben will. Allerdings wirkt Mr. Church über weite Strecken des Films nicht lebensnah, sondern wie eine Neuauflage der problematischen film- und literaturgeschichtlichen Klischeefigur des sogenannten „Magical Negro“. Es war Spike Lee, der den Begriff Anfang des Jahrtausend in der breiten Öffentlichkeit bekannt machte, als er die Rollen von Michael Clarke Duncan in „The Green Mile“ und von Will Smith in „Die Legende von Bagger Vance“ kritisierte: Sie spielten in seinen Augen nichts weiter als selbst- und harmlose schwarze Männer, die scheinbar nichts lieber tun als Weißen zu helfen und zu dienen. Morgan Freemans Figur in „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ lässt sich durchaus ebenso betrachten – und auch Mr. Church ist letztlich recht nah dran an dem fragwürdigen Archetyp: Seine eigenen bescheidenen Ansprüche und Träume stellt er gerne zurück, um seine Arbeit im Dienst der Weißen zu verrichten und in ihre Familie aufgenommen zu werden.
Nun wird „Mr. Church“ aus der Ich-Perspektive der jungen Charlie erzählt, was die etwas simple Sicht auf die Titelfigur erklären mag, aber wenn schließlich sogar noch die wenigen tragischen Ecken und Kanten des wohltätigen Kochs durch diffuse Vaterkomplexe wegerklärt werden sollen, dann wird auch die letzte Chance verschenkt, aus Mr. Church eine echte Persönlichkeit werden zu lassen. Es ist einzig Eddie Murphy zu verdanken, dass in diesem hölzern inszenierten Film voller falscher Töne und allzu grober Zuspitzungen (selbst die Zeichnung der Handlungszeit in den 1960er und 70er Jahren bleibt im Klischeehaften stecken), zuweilen ein Hauch von echter Warmherzigkeit zu spüren ist. Der sonst oft so überdrehte Komiker überzeugt in dieser ruhigen dramatischen Rolle durchaus, aber er kann letztlich weder die Figur noch den Film retten.
Fazit: Eddie Murphy zeigt in „Mr. Church“ sein dramatisches Talent, aber kann es nicht zur vollen Entfaltung bringen, denn das oberflächliche Drehbuch und die schwache Inszenierung sind nicht auf der Höhe.