In der Türkei hat sich Regisseur Ömer Faruk Sorak mit Filmen wie der Western-Komödie „Yahşi Batı“ und dem Science-Fiction-Spaß „G.O.R.A.“ einen Namen gemacht. Mit seinem neuesten Projekt „8 Sekunden – Ein Augenblick Unendlichkeit“, das unter Mitwirkung von Til Schweigers Produktionsfirma Barefoot entstand, versucht der türkische Filmemacher nun, spirituelle und kulturelle Brücken zu schlagen. Sein Mystery-Drama ist die Verfilmung eines autobiografisch gefärbten Drehbuchs der Deutschtürkin Esra Inal, die in der Rolle der in einer Traumwelt gefangenen temperamentvollen Protagonistin Esra auch gleich noch ihr Schauspieldebüt gibt. Mit seinen Kalenderblattweisheiten und seinem Hang zur Sentimentalität entpuppt sich das schön bebilderte Berliner Großstadtmärchen allerdings als seicht und oberflächlich.
Esra (Ceylin Adiyaman/Esra Inal) ist das Nachzüglerkind eines in Berlin lebenden älteren türkischen Ehepaares. Die lebhaft-temperamentvolle Deutschtürkin hat seit ihrer Jugend besondere Träume, die sich für sie nicht nur wie die Wirklichkeit anfühlen, sondern auch zukünftige Ereignisse in ihrem Leben vorwegzunehmen scheinen. Während sie zuerst unter ihrem strengen Schwager Sami (Mehmet Kurtulus) leidet und sich auch ihre erste große Liebe Tayfun (Firat Celik) als extrem eifersüchtig und herrisch erweist, wächst in Esra der Wunsch, den geheimnisvollen Mann mit Hut zu suchen, dem sie immer wieder in ihren Träumen begegnet. Der sympathische Mo (Fahri Yardim) bringt zwar großes Verständnis für ihre Traumfixiertheit auf, doch kann auch er nicht verhindern, dass Esra immer mehr ihren Halt in der Realität verliert ...
Der Look des Films erinnert in seiner polierten Ästhetik an die Regiearbeiten des Co-Produzenten Til Schweiger („Keinohrhasen“, „Honig im Kopf“), insbesondere die surrealen Zeitlupenaufnahmen, mit denen Esras symbolschwangere Traumwelten visualisiert werden, sind zu aufdringlich und viel zu schick, um eine nachhaltige poetische Wirkung zu entfalten. Regisseur Ömer Faruk Sorak ist kein Freund des Understatements und trägt in der gesamten Inszenierung etwas dick auf, diese Tendenz zum Zuviel wird durch das bewegte, manchmal fast hysterisch wirkende Spiel der Hauptdarstellerin noch verstärkt. Gefühlig verkitschte Szenen im Kerzenschein wechseln sich mit explosiven Streitereien ab, bei denen die Fetzen fliegen, die dabei vermeintlich heraufbeschworenen großen Emotionen sollen durch den ständigen penetranten Musikeinsatz noch unterstrichen werden.
Auch inhaltlich finden die Macher zwischen romantischer Komödie und überzogenem Beziehungsdrama nur selten den richtigen Ton. Obwohl sie seit Jugendtagen auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung fokussiert ist, navigiert sich Esra selbst immer wieder schnurstracks in prekäre Abhängigkeitsverhältnisse. Das Leben der Protagonistin gleicht dabei einer rasanten Achterbahnfahrt, bei der die aufbrausende Art der jungen Frau nicht wirklich mit der Sensibilität einer Traumwandlerin zusammenkommen will. Jedenfalls gelingt es Esra Inal nicht, die Zerrissenheit der Figur glaubwürdig zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere im direkten Zusammenspiel mit dem überzeugenden Fahri Yardim („Akmanya – Willkommen in Deutschland“) wirkt die Debütantin überfordert. Und das überhöhte Ende des Films ist dann schlicht ärgerlich: Mag der Mut machende Appell zu einem selbstbestimmten Leben auch noch so gut gemeint sein, erweist er sich letztlich als plumpe Werbung für eine von Esra Inal auch im wahren Leben vertretene Esoteriklehre, für die sie praktischerweise selbst Workshops und Seminare anbietet.
Fazit: „8 Sekunden“ ist ein schick bebildertes, arg dick aufgetragenes und esoterisch überfrachtetes Drama mit einer Protagonistin, die von einem Gefühlsextrem ins andere fällt.