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    Von Caligari zu Hitler
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Von Caligari zu Hitler
    Von Michael Meyns

    Wie heißt es so treffend: Hinterher ist man immer klüger. Und so scheint es nicht verwunderlich zu sein, dass der Filmkritiker Siegfried Kracauer in seinem 1947 veröffentlichten Buch „Von Caligari zu Hitler“ klare Linien entdeckte, die vom Kino der Weimarer Republik zur Hitler-Diktatur führten. Aber natürlich hat es sich der Autor in seiner „Psychologischen Geschichte des deutschen Films“ (so der Untertitel des einflussreichen Werks) nicht so einfach gemacht. Und so ist seine Spuren- und Motivsuche in den Werken der bedeutendsten Epoche des deutschen Kinos trotz einiger verkürzender psychologischer Mutmaßungen auch heute noch eine lohnende Lektüre. Vor allem lenkt er den Blick auf einige der großartigsten Werke nicht nur der deutschen Filmgeschichte und das tut auch Kracauers Kritikerkollege Rüdiger Suchsland in seinem an das Buch angelehnten gleichnamigen Dokumentarfilm. Der Regiedebütant verbindet in seinem „Von Caligari zu Hitler“ Filmausschnitte in herausragender Qualität mit dokumentarischen Bildern aus den 20er- und 30er-Jahren und unterlegt diese mit einem ausführlichen von ihm selbst gesprochenen Off-Kommentar (ergänzt von kurzen Interviews). Dabei verbinden sich Wort und Bild über weite Strecken zu einer mitreißenden Hommage an eine einmalige Kino-Ära.

    „Das Cabinet des Dr. Caligari“, „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“, „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, „Metropolis“, „Menschen am Sonntag“: Die Ausschnitte aus den Klassikern der Zeit bilden das Herzstück dieser Reise in die Geschichte des Kinos der Weimarer Republik. Gelegentlich kommen Regisseure wie Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) und Fatih Akin („Gegen die Wand“) oder Filmwissenschaftler wie Thomas Elsaesser und Elisabeth Bronfen zu Wort, die manchen Gedanken vertiefen. Aber die stärksten Eindrücke hinterlassen die Bilder: historische Aufnahmen der flirrenden Metropole Berlin, aber vor allem die Szenen aus bekannten und weniger bekannten Filmen. Dieses Material fügt Suchsland zu einem mitreißenden Bilderfluss zusammen, den er mit einem anregenden assoziativen Gedankenstrom unterlegt. Kracauers Werk ist dabei so etwas wie das Sprungbrett zu einer eigenen Auseinandersetzung und auch wenn man dessen These von der in den Filmen abzulesenden dunklen Vorahnung des Kommenden in Frage stellen kann: Die Vielfalt und die Faszination des Kinos der Weimarer Republik sind unbestritten und bis heute bedauerlicherweise einmalig in der deutschen Filmgeschichte.

    Fazit: In seiner Dokumentation „Von Caligari zu Hitler“ gibt Rüdiger Suchsland auf den Spuren Siegfried Kracauers (film-)historische, soziologische und psychologische Denkanstöße, aber vor allem teilt er seine Begeisterung für das Kino der Weimarer Republik auf ansteckende Weise mit dem Publikum.

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