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    Horse Money
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Horse Money
    Von Michael Meyns

    Der portugiesische Regisseur Pedro Costa gehört zu den Säulenheiligen vieler Freunde des anspruchsvollen Arthouse-Kinos in der ganzen Welt. In Deutschland ist sein ebenso enigmatisches wie ungewöhnliches Werk bisher allerdings nur wenig bekannt: Das 2014 vollendete und beim Festival in Locarno ausgezeichnete Drama „Horse Money“ ist der erste Costa-Film, der hierzulande einen (kleinen) regulären Kinostart erlebt. Er bietet dem Publikum die Gelegenheit, eine ganz eigene Art des filmischen Erzählens zu entdecken: Costa kommt weitgehend ohne Handlung und Dramaturgie im gebräuchlichen Sinne aus, sondern entwirft ein komplexes, rätselhaftes Geflecht aus unterschiedlichen Zeitebenen, in denen die Geister der portugiesischen Vergangenheit die Gegenwart beeinflussen. In brillant komponierten Bildern spielt er beziehungsreich mit visuellen und thematischen Motiven, nebenbei lässt er Realität und Fiktion verschwimmen.

    Zu Beginn seine Karriere drehte Costa vergleichsweise konventionelle Arthouse-Filme, doch mit dem 1997 entstandenen „Ossos“, begann er die Form zu finden, die ihn in den folgenden Jahren berühmt machen sollte. Und er fand das am Rande Lissabons gelegene Viertel Fontainhas, in dem vor allem Einwanderer der ehemaligen portugiesischen Kolonie Kapverdische Inseln in meist erheblicher Armut leben. Mit den Menschen aus diesem Viertel lebte Costa fortan für Jahre - und er drehte Filme mit ihnen. Das Detail ist wichtig: nicht über sie, sondern mit ihnen. Die Titelheldin von „In Vandas Zimmer“ (2000) spielt ebenso sich selbst (oder eine Variation davon) wie Ventura, der in „Colossal Youth“ (2006) und nun auch in „Horse Money“ die Hauptrolle übernommen hat.

    Mitte 60 ist Ventura inzwischen, nicht wirklich alt, aber durch sein hartes, entbehrungsreiches Leben ein greiser Mann, der von der Vergangenheit nicht losgelassen wird. In einem Krankenhaus, das auch ein Gefängnis sein könnte, schlafwandelt Ventura durch die Gänge, trifft auf geisterhafte Gestalten von früher, die ihn an die Trennung von seiner Frau, vor allem aber einen Totschlag erinnern, den er 1975 begangen hat. Damals fand die Nelkenrevolution statt, die die Militärdiktatur beendete und den Kolonien ihre Unabhängigkeit bescherte, aber auch emotionale und psychologische Folgen hatte, die die ohnehin von tiefer Melancholie geprägte portugiesische Seele bis heute belasten. Sich auf den assoziativen Fluss des Films mit seinen unwirklich schönen Tableaus einzulassen, erfordert Geduld und Neugier, belohnt wird man mit einer Kinoerfahrung, wie man sie heutzutage nur noch selten machen kann.

    Fazit: „Horse Money“ ist anspruchsvolle Kinokunst von einem hierzulande vernachlässigten Meisterregisseur.

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