Mein Konto
    Jurassic World 2: Das gefallene Königreich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Jurassic World 2: Das gefallene Königreich
    Von Christoph Petersen

    14 Jahre nach „Jurassic Park III“ hatte sich offenbar ein gewaltiges Verlangen nach über die Leinwand stapfenden Dinosauriern angestaut: Schließlich hätte vorab kaum jemand für möglich gehalten, dass „Jurassic World“ im Juni 2015 mit einem Einspielergebnis von mehr als 208 Millionen Dollar das bis dahin erfolgreichste Eröffnungswochenende in der US-Kinogeschichte hinlegen würde. Aber wer jetzt glaubt, dass die Macher gerade in Anbetracht solcher exorbitanten Summen beim Sequel ganz nach dem gängigen „Mehr von allem“-Motto auf Nummer sicher gehen würden, hat sich – zumindest zu 50 Prozent - getäuscht. Denn auch wenn im ersten Trailer noch alles auf einen geradlinigen Katastrophen-Blockbuster mit eruptierendem Vulkan und wild flüchtenden Dinosaurierhorden hindeutete, stellt sich nun heraus, dass das nur die halbe Wahrheit über „Jurassic World 2: Das gefallene Königreich“ war.

    Als J.A. Bayona zum Nachfolger von „Jurassic World“-Regisseur Colin Trevorrow gekürt wurde, hat uns die Verpflichtung des Spaniers sofort eingeleuchtet. Schließlich hat er mit dem Flut-Drama „The Impossible“ bewiesen, dass er Katastrophen spektakulär in Szene setzen kann, während er bei der Arbeit an dem Fantasy-Märchen „Sieben Minuten nach Mitternacht“ bereits ausgiebig Erfahrungen mit CGI-Kreaturen sammeln konnte. Aber womit wir nicht gerechnet haben: Der Eintrag aus Bayonas Filmografie, an den uns „Jurassic World 2“ nun am stärksten erinnert, ist weder „The Impossible“ noch „Sieben Minuten nach Mitternacht“, sondern der Gothic-Horror „Das Waisenhaus“. In „Jurassic World“ haben die Dinos das Publikum vornehmlich zum Staunen gebracht, in der zweiten Hälfte von „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ sollen sie ihm (fast) nur noch Angst einjagen.

    Während die ganze Welt auch drei Jahre nach der Zerstörung des Freizeitparks Jurassic World noch immer darüber diskutiert, was nun mit den verbliebenen Urzeitgiganten geschehen soll, die inzwischen frei auf Isla Nubar herumtoben, droht ein unmittelbar bevorstehender Vulkanausbruch auf der Insel, die Dinosaurier ein zweites Mal auszulöschen. Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) leitet inzwischen zwar eine Organisation, die sich die Rettung der Urzeitechsen auf die Fahnen geschrieben hat, aber der US-Senat hört trotzdem lieber auf den Chaostheoretiker Ian Malcolm (Jeff Goldblum), der die Meinung vertritt, dass man die Dinosaurier ohnehin gar nicht erst hätte klonen sollen. Als der Söldner Eli Mills (Rafe Spall) mit einer geheimen Militäraktion elf Dino-Arten von der Insel retten will, reist Claire gemeinsam mit ihrem Raptoren bändigenden Ex-Freund Owen Grady (Chris Pratt) dorthin, um bei der Evakuierung zu helfen. Es hat allerdings einen – gar nicht selbstlosen - Grund, warum es die Soldaten ganz besonders auf Owens erwachsen gewordenen Raptoren-Kumpel Blue abgesehen haben…

    Wo es in „Jurassic World“ noch verhältnismäßig lange dauert, bis die Action so richtig losgeht, startet die Fortsetzung nun direkt mit einer grandiosen Doppel-Kombination aus Schatten und Blitzen. Nach diesen zwei visuell und atmosphärisch atemberaubenden Wirkungstreffern direkt in der allerersten Minute ist klar: J.A. Bayona ist ganz offensichtlich ein sehr viel besserer Regisseur als Reihen-Mastermind Colin Trevorrow (der mit seinem Kreativpartner Derek Connolly die Drehbücher zu allen Teilen der Trilogie beisteuert und bei „Jurassic World 3“ auch selbst wieder auf dem Regiestuhl Platz nehmen wird).

    Bayonas überlegenes inszenatorisches Talent zahlt sich in der ersten Hälfte vor allem bei der puren Wirkungsmacht der Dinosaurier aus: Wenn die Riesenechsen in „Jurassic World 2“ über die Insel trampeln und auf der Flucht gegeneinander oder gegen sonstige Hindernisse krachen, entfalten sie dabei einfach eine viel größere Wucht als im Vorgänger. Also den Bass am besten bis zum Anschlag aufdrehen und die bloße Urgewalt der tonnenschweren lebendigen Dampfwalzen genießen – und wenn dann zum Beben der Dino-Stampede auch noch das Rumsen des Vulkanausbruchs dazukommt, wähnt man sich endgültig im Bombast-Himmel.

    Achtung: Die nächsten zwei Absätze verraten den Handlungsort der zweiten Hälfte von „Jurassic World 2“ (der aber auch in den neueren Trailern schon zu sehen ist):

    Nach der Flucht von der Insel tritt die offensiv-überwältigend in Szene gesetzte Präsenz der Tiere dann zunehmend hinter eine klaustrophobische Grusel-Atmosphäre zurück. Nicht von ungefähr erinnert das Anwesen von Benjamin Lockwood (James Cromwell), in dem nahezu die gesamte zweite Hälfte des Films angesiedelt ist, an die klassischen Spukschlösser aus alten Gothic-Horrorfilmen. Auch hier kreiert Bayona erneut einige Einstellungen (vor allem mit der Hilfe von Spiegelungen), die zu den besten im gesamten „Jurassic Park“-Franchise zählen.

    Dass die zweite Hälfte trotz solcher starken Einzelmomente eher enttäuscht, liegt dann auch mehr am Skript als an der Inszenierung. Die ganze Situation in dem Anwesen (mehr wollen wir hier nicht verraten) wirkt einfach kaum glaubwürdig, was viel mit einem echt nervigen und echt dämlichen Bösewicht zu tun hat (selbst wenn so gut wie jeder Zuschauer sofort durchschauen wird, wer es ist, outen wir ihn an dieser Stelle vorsichtshalber trotzdem nicht). Von Film zu Film immer glaubwürdiger präsentieren sich dagegen die Dinos, die in diesem unglaubwürdigen Szenario ein erstaunlich brutales (und zugleich wegen der Jugendfreigabe dennoch unblutiges) Chaos anrichten. Es zahlt sich aus, dass die Macher dieses Mal wieder sehr viel mehr auf Animatronik (also pneumatische Modelle) setzen und natürlich werden auch in Sachen CGI immer wieder Fortschritte gemacht.

    Ende der Spoiler!

    Die klassische Screwball-Chemie zwischen Claire und Owen stimmt auch diesmal wieder. Neben erneut amüsanten Kabbeleien bekommen Chris Pratt („Guardians Of The Galaxy“, „Avengers 3: Infinity War“) und Bryce Dallas Howard („The Village“, „Spider-Man 3“) allerdings kaum Neues zu tun – eine Szene, in der ihnen der Bösewicht ziemlich überzeugende Vorhaltungen macht, dass sie ja als Dino-Züchter und Tiertrainer auch nicht moralischer agieren würden als er, erzeugt nur kurzzeitig eine gewisse Ambivalenz, die dann aber nicht weiter verfolgt wird. Zumindest darf Claire in der Fortsetzung dem Anlass angemessenes Schuhwerk tragen – zumindest nachdem sich die Macher mit einem letzten charmant-bockigen Seitenhieb von der nach dem ersten Teil aus dem Ruder gelaufenen Diskussion verabschieden: Die allererste Einstellung von Claire im Bürofahrstuhl beginnt mit einer vielsagenden Großaufnahme ihrer High Heels…

    Von den Neuzugängen wird vor allem Isabella Sermon als neunmalkluge kleine Dino-Expertin Maisie Lockwood das Publikum spalten – die einen werden sie nervig, die anderen einfach nur liebenswert-keck finden. Aber die „Jurassic World“-Reihe bleibt trotz einiger wirklich heftiger Szenen ein Familien-Franchise – und da brauchen eben auch die jüngeren Zuschauer eine Identifikationsfigur. Daniella Pineda („The Originals“) und Justice Smith („Margos Spuren“) geben als Claires NGO-Mitstreiter zwar zweckmäßige Sidekicks ab, können darüber hinaus aber praktisch keine eigenen Akzente setzen. Und wie gesagt: Der ominöse Bösewicht taugt leider gar nichts.

    Fazit: „Jurassic World 2: Das gefallene Königreich“ ist viel besser inszeniert als sein Vorgänger – und deshalb atmosphärischer und spannender. Dennoch verhindern fundamentale Drehbuchschwächen in der zweiten Hälfte und ein sehr schwacher Bösewicht eine bessere Bewertung als beim ersten „Jurassic World“.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top