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    Karneval! Wir sind positiv bekloppt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Karneval! Wir sind positiv bekloppt
    Von Michael Meyns

    Für den Kölner ist der Karneval die wichtigste Zeit des Jahres und damit ist nicht nur der eigentliche Straßenkarneval gemeint, der meist im Februar stattfindet, sondern die gesamte Saison, die jedes Jahr am 11. November (um 11.11 Uhr) eröffnet wird. Für die Mitwirkenden beginnt die Karnevalssaison jedoch schon viel früher, wie Claus Wischmann in seiner Dokumentation „Karneval! Wir sind positiv bekloppt“ zeigt, für die der Filmemacher diverse Personen, von jugendlichen Sängern und Büttenrednern, über Kostümverkäufer, bis hin zu einer über 80jährigen Tanzlehrerin begleitete. Doch so interessant die Einblicke im Einzelnen auch sind, was den Kölner Karneval auszeichnet, bleibt auch nach den 90 Minuten im Dunkeln.

    Mit Aufnahmen des Straßenkarnevals beginnt Claus Wischmanns Dokumentation zwar, zeigt bunte Umzüge, phantasievoll kostümierte Zuschauer, zehntausende Jecken, die nach Kamelle (auf Hochdeutsch: Süßigkeiten) verlangen, wechselt dann aber schnell vom Allgemeinem zum Speziellen: Denn nicht die weit zurückreichende Historie des Kölner Karnevals ist Wischmanns Thema, nicht die Tradition, die teils schwierige Geschichte des Karnevals, sondern einzelne Protagonisten. Da ist zum Beispiel die 82jährige Biggi, die verschiedensten Tanzgruppen Rhythmus und Organisation beibringen will. Oder der Teenager Tobias, der davon träumt Büttenredner zu werden (eine Art launige Rede, voller möglichst pointierter Anspielungen an Stadt, Kultur und Gesellschaft), aber sowohl mit seinem Vortragsstil, als auch mit häuslichen Problemen zu kämpfen hat. Dazu kommen ein Justizvollzugsangestellter, der davon berichtet, „seinen“ Häftlingen die besten Witze abgelauscht zu haben, ein Ehepaar, das eine beliebte Kneipe betreibt, der 9jährige Stephan, der als Sänger während der Karnevalssession diverse Auftritte hat, und schließlich Helmut, der in einem Geschäft für Karnevalskostüme arbeitet und mit geschultem Auge Ratschläge für das passende Kostüm abgibt.

    Es sind durchaus interessante Charaktere, die von ihrer jeweils ganz persönlichen Begeisterung für den Karneval berichten. Es ist eine Begeisterung, die Rheinländer und Karnevalsanhänger sofort nachvollziehen können, auch weil erstere dem schönsten Kölner Dialekt am einfachsten folgen können. Aber Wischmann macht sich nicht die Mühe auch weiteres Publikum ins Boot zu holen. Der Regisseur geht so immer wieder ganz selbstverständlich über Besonderheiten des Kölner Karnevals hinweg. Klar, ein Kölner weiß, was ein Dreigestirn oder ein Nubbel ist, aber ein Hamburger, Stuttgarter oder Berliner wird sich hier womöglich das ein ums andere Mal ratlos am Kopf kratzen – selbst süddeutsche Faschingsenthusiasten dürften nicht immer mitkommen. Wer nicht mit einigem Vorwissen über die Eigenheiten des Kölner Karnevals in diesen Film geht, bleibt außen vor. So ist „Karneval! Wir sind positiv verrückt“ eine Dokumentation, die scheinbar in allererster Linie für Initiierte gedreht wurde. Alle Übrigen können sich zwar an den oft durchaus gelungen Porträts der verschiedenen Protagonisten erfreuen, auf die Frage, was denn nun wirklich das Geheimnis des Kölner Karnevals ausmacht, warum jedes Jahr aufs Neue hunderttausende Menschen verrücktspielen, auf diese Frage gibt Claus Wischmann allerdings keine Antwort.

    Fazit: In seiner Dokumentation „Karneval: Wir sind positiv verrückt“ porträtiert Claus Wischmann verschiedene Menschen, die auf die ein oder andere Weise mit dem Kölner Karneval zu tun haben, verzichtet aber praktisch vollständig auf allgemeine Informationen zu seinem Thema, was seinen Film letztlich nur für Karneval-Anhänger interessant macht.

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