Nach seinem Kino-Debüt mit dem zwar nicht durchweg überzeugenden, aber ungemein faszinierenden und für gerade mal 500.000 Dollar weitestgehend im eigenen Garten gedrehten Sci-Fi-Geheimtipp „Love“ haben viele Brancheninsider ein großes Hollywood-Angebot für Werbe- und Musikvideo-Regisseur William Eubank erwartet. Sein Zweitwerk „The Signal“, zu dem er gemeinsam mit seinem Bruder Carlyle Eubank und David Frigerio („Wreckage“) auch wieder das Drehbuch schrieb, ist trotzdem erneut eine kleine Produktion geworden - mit zwei Millionen Dollar Budget immerhin schon vier Mal so teuer wie „Love“. Dabei bestätigt sich, dass Eubank über großes Talent verfügt, wenn es darum geht, eine ruhige, aber fesselnde Atmosphäre aufzubauen. Zugleich sind jedoch auch erneut größere erzählerische Schwächen nicht zu übersehen, die im Verlauf der wendungsreichen Handlung zunehmen. Insgesamt ist „The Signal“ ein durchaus sehenswertes Science-Fiction-Drama, das seine Sogkraft am besten entfalten kann, wenn man als Betrachter vorab möglichst wenig inhaltliche Details kennt.
Die Studenten und passionierten Hacker Nic (Brenton Thwaites) und Jonah (Beau Knapp) sowie Nics Freundin Hailey (Olivia Cooke) fahren mit dem Auto quer durch die USA. Anlässe für den mehrtägigen Trip nach Westen sind der Umzug Haileys und ein Hackertreff, doch der unter multipler Sklerose leidende und auf Krücken angewiesene Nic und sein Kumpel haben noch ein weiteres Projekt: Ein mysteriöser Hacker, der sich Nomad nennt, hat sich in die Server ihrer Elite-Uni MIT gehackt und ihnen diesen Sabotageakt untergeschoben. Sie wollen ihn nun zur Rede stellen. Als Nomad sie kontaktiert und mit ihnen Spielchen treibt, glauben sie, den Spieß umdrehen zu können. Sie verfolgen sein Signal zu einer Adresse zurück, die nicht allzu weit von ihrer Route entfernt liegt. Doch diese entpuppt sich als verlassenes Haus mitten in der Wüste Nevadas, wo bald unheimliche Dinge geschehen. Kurze Zeit später wacht Nic in einer mysteriösen Forschungseinrichtung auf und wird von einem Mann in einem Schutzanzug, der sich als Dr. Wallace Damon (Laurence Fishburne) vorstellt, unablässig mit Fragen malträtiert. Nur aus den Augenwinkeln sieht Nic, dass Hailey in einem Nebenzimmer eingesperrt ist und scheinbar im Koma liegt, von Jonah fehlt hingegen zunächst jede Spur. Nic spürt seine Beine nun endgültig nicht mehr und sitzt im Rollstuhl, dennoch beschließt er, sich Hailey zu schnappen und zu fliehen.
Die stärksten Passagen des Films kommen gleich zu Beginn. Sehr geschickt führt Eubank seine drei Protagonisten und ihre Beziehungen untereinander ein. So wird Nics Genialität gleich in der Auftaktszene deutlich gemacht: In dieser malt er einem kleinen Jungen, der ein Kuscheltier aus einem Greifautomaten ziehen will, im Vorübergehen kurz mit Filzstift auf der Glasscheibe auf, wie er den Greifer bewegen muss, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. In ähnlich beiläufiger Art und in sehr ruhigen Bildern bekommen die Hauptfiguren in der Folge immer mehr Profil, Dabei wird zunehmend klar, wie sehr Nic unter dem – zeitlich befristeten – Wegzug von Hailey leidet, vielleicht befürchtet er sogar, dass sie ihn wegen seiner Gehbehinderung verlässt. Dieses offensichtliche Handicap will er sich dann auch auf keinen Fall anmerken lassen, lehnt Hilfe ab und besteht darauf, selbst drei Kaffees für die kleine Reisegruppe zu kaufen, obwohl er sie nur mühsam jonglieren kann. Mit seiner intensiven und nuancierten Darstellung bestätigt Brenton Thwaites, der nach einer kleinen Rolle in „Maleficent“ mit Hauptrollen im Horror-Film „Oculus“ und vor allem in der Bestseller-Adaption „The Giver“ als kommender Jungstar gilt, als Nic überdies eindrucksvoll den ihm vorauseilenden Ruf.
Mit der Ankunft in der mysteriösen Forschungsstation, wo über die Wände bis zur Kleidung der Forscher alles weiß ist, nimmt die Handlung die ersten von sehr vielen unerwarteten Wendungen und der Erzählton wechselt abrupt vom feinfühligen Charakterdrama zum ominösen Mystery-Thriller. Hier schleichen sich allerdings auch erste Längen ein, so wirkt das schier endlose Verhör durch den von „Matrix“-Star Laurence Fishburne verkörperten Wissenschaftler eher redundant als spannend. Auf dem schmalen Grat zwischen Erklären und Andeuten, Antworten geben und neue Fragen aufwerfen gerät Eubank wiederholt ins Straucheln. „The Signal“ gleicht hier bisweilen einer Achterbahnfahrt, über deren Höhen und Tiefen man nicht zu viel vorher wissen sollte (daher Weiterlesen auf eigene Gefahr): Die nun folgenden immer neuen Szenarien mit skurrilen Hinterwäldlern und einigen Action-Sequenzen fallen nicht durchweg befriedigend aus. Hier ist ab und zu deutlich zu erkennen, dass die Filmemacher mit einem sehr limitierten Budget auskommen mussten, aber das fällt weniger ins Gewicht als der Eindruck der Uneinheitlichkeit und Zusammenhanglosigkeit, der durch die teilweise zu offensichtlich auf den bloßen Überraschungseffekt abzielenden ständigen Wendungen und Haken der Handlung gelegentlich entsteht. Letztlich ist der Film nach dem stimmungsvollen Auftakt in erster Linie für Genre-Fans interessant, die Eubank bei seinem wilden Spiel mit Sci-Fi-Versatzstücken und Mystery-Motiven folgen mögen.
Fazit: Auch wenn „The Signal“ erzählerisch nicht durchweg überzeugt, kann sich Regisseur William Eubank erneut als Genre-Spezialist profilieren. Wäre doch gelacht, wenn wir ihn nicht bald auf dem Regiestuhl einer richtig großen Hollywood-Produktion, vielleicht sogar einem höher budgetierten Sequel zu „The Signal“, zu sehen bekommen.