Regisseur Florian Mischa Böder mag sich seine Krimi-Komödie „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ als eine Art deutschen Coen-Brothers-Film vorgestellt haben. Mit der skurrilen Ausgangslage ist er zumindest auf dem Papier nicht allzu weit entfernt von Werken wie „Blood Simple“, „Fargo“ oder „Burn After Reading“ und auch sein lethargisch-lakonischer Erzählton legt den Gedanken an die berühmten Regiekollegen durchaus nahe. Aber wo die vierfachen Oscar-Preisträger aus Minnesota ordentlich die Sarkasmus-Keule schwingen, kann sich Böder nicht zu einer ähnlichen Überspitzung durchringen und tritt irgendwann auf die Bremse. So bleibt das Potenzial der amüsant-absurden Killerfarce unausgeschöpft und zu vielen schönen Ideen gesellen sich vor allem in der zweiten Filmhälfte einige Schwächen.
Koralnik (Benno Fürmann) ist ein Auftragskiller und gehört zu einer im Auftrag der Europäischen Union tätigen Sondereinheit. Nur „die Besten der Besten“ wurden für den Job auserwählt und Koralnik gilt seinen Vorgesetzten wiederum als der Beste des fünfköpfigen Elite-Teams. Allerdings hat er noch keinen einzigen Auftrag bekommen - und nach acht Jahren wird da selbst der abgebrühteste Profi langsam nervös. Gerade als Koralnik vom endlosen Warten zermürbt anfängt, in harmlosen Nachbarn potentielle Auftragsziele zu sehen, kommt plötzlich alles auf einmal: Die hübsche Rosa (Mavie Hörbiger) rammt seinen Wagen und drängt sich anschließend in seine Wohnung und in sein Leben. Gerade als die aufgekratzte junge Frau den reservierten Koralnik ohne dessen Wissen unter Drogen gesetzt hat, erhält dieser den Anruf, auf den er so lange gewartet hat: Sofort muss er nach Belgien, um dort eine akute Gefahr für die EU zu eliminieren. Dies ist der Startschuss zu einem abenteuerlichen Trip, der immer absurder wird...
Da skurrile Ausgangslage bietet perfekte Voraussetzungen für eine sarkastische schwarze Komödie: Ein Killer erhält über Jahre keinen Auftrag, hält sich aber dennoch strikt an den Kodex aller echten Profis in seinem Metier und verzichtet auf jegliche soziale Beziehungen. Er verhält sich unauffällig bis zur Selbstverleugnung und steht gleichzeitig unter dem Druck, immer einsatzbereit sein zu müssen. Noch absurder wird seine Lage dadurch, dass Koralnik nicht für irgendeine mafiöse Vereinigung tätig ist, sondern für die EU. Seine Auftraggeber sind folglich keine zigarrenrauchenden Paten in Palermo, sondern bürgerliche Bürokraten aus Brüssel. Zu dieser verqueren Grundidee, die hier mit aller Ernsthaftigkeit durchgespielt wird, kommt sehr bald eine unglückliche Verkettung von Umständen, die einen scheinbar perfekten Plan in Gefahr zu bringen drohen - so weit, so gut. Aber was so vielversprechend beginnt, gerät erzählerisch zunehmend ins Schlingern. Im entscheidenden Augenblick fehlt Böder die letzte Konsequenz und es geht mit einem Mal harmlos und versöhnlich zu, obwohl die Zeichen alle auf „böse“ und „düster“ standen.
Als Auslöser für eine Kettenreaktion der Merkwürdigkeiten fungiert die schwer einzuschätzende Rosa, wobei nicht ganz klar ist, ob die Irritation, die die Figur hervorruft einer schauspielerischen Absicht entspringt oder eher auf die Unentschlossenheit der Darstellerin Mavie Hörbiger („What a Man“) zurückzuführen ist. Koralnik hat im Vergleich wesentlich klarere Konturen. Solange der Killer in der Warteschleife zwischen stoischem Erdulden und allmählichem Kontrollverlust schwankt, passt Benno Fürmanns („Der blinde Fleck“) ruhige Ausstrahlung wunderbar zu der Rolle. Sobald es jedoch turbulenter wird, scheint der Schauspieler Schwierigkeiten zu haben, den Schalter umzulegen. Der Bruch, der dort spürbar ist, ist symptomatisch für den ganzen Film und wenn Regisseur Böder schließlich den Pfad des schwarzen Humors verlässt und auf einen erhöhten Wellness-Faktor setzt, dann macht er einiges von dem zuvor mit Bedacht Aufgebauten wieder zunichte.
Fazit: Die deutsche Krimi-Komödie „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ fängt vielversprechend an und hat immer wieder gute Momente, doch fehlt ihr die letzte Konsequenz.