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    Viva La Libertà
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Viva La Libertà
    Von Michael Meyns

    Die politische Landschaft Italiens ist ein Morast an Korruption, der kaum noch trockenlegbar zu sein scheint. Dies hat auch das (linke) italienische Kino in den vergangenen Jahren immer wieder bestätigt: Nanni Moretti sezierte in „Der Italiener“ das Streben des immer wieder die Macht kommenden Berlusconis, in „Il Divo - Der Göttliche“ analysierte Paolo Sorrentino die Machenschaften von Giulio Andreotti, der insgesamt sieben (!) Mal italienischer Ministerpräsident war, und machte dabei den überragenden Hauptdarsteller Toni Servillo auch in Deutschland bekannt. Der wiederum spielt in Roberto Andòs melancholisch-naiver Verwechslungskomödie „Viva la Libertá“ erneut einen Politiker: einen Oppositionsführer, der genug vom scheinheiligen Leben in der italienischen Politik hat und einfach verschwindet. Die Lösung, die für dieses Problem gefunden wird, sorgt zwar für einen recht unterhaltsamen Film, der aber gleichzeitig einen höchst naiven Ausweg aus der Politikverdrossenheit Italiens vorschlägt. Und dies zeigt dann vor allem, wie schlecht es um das politische Systems Italien steht.

    Enrico Olivero (Toni Servillo) ist Anführer der größten Oppositionspartei Italiens. Doch die Stimmung in seiner Partei ist mies, die Umfragewerte vernichtend und selbst die eigenen Anhänger sind genervt. Kurzentschlossen verschwindet Enrico, hinterlässt nicht mehr als einen kurzen Zettel und flieht nach Paris, wo er bei seiner ehemaligen Geliebten Danielle (Valeria Bruni Tedeschi) unterkommt. Derweil versucht Enricos engster Mitarbeiter das Verschwinden seines Chefs zu erklären, erfindet Ausreden und bringt sich immer tiefer in die Bredouille, bis ihm der rettende Gedanke kommt: Er bittet Enricos Zwillingsbruder Giovanni (ebenfalls Toni Servillo) um Hilfe, einen schöngeistigen Philosophen, der das Gegenteil seines Bruders ist. Äußerlich ist zwar kein Unterschied zu erkennen, doch bald spricht Giovanni von Veränderungen im Wesen der Politik, die dem Volk den Glauben an das System zurückbringen könnten.

    Das Thema Politikverdrossenheit ist nicht nur in Italien an der Tagesordnung. Das Gefühl, dass es letztlich keinen großen Unterschied macht, ob Partei A oder B an der Macht ist, dass die Interessen der Bürger in Gremien und den Parlamenten ohnehin zerredet, Gesetzentwürfe verwässert werden, findet sich in vielen westlichen Demokratien. Da müsste ein Film wie „Viva la Libertá“ eigentlich wie gerufen kommen. Und Roberto Andòs Komödie, für die der Regisseur seinen eigenen Roman adaptiert hat, beginnt auch recht flott – auch wenn die Idee der Auszeit einer wichtigen Persönlichkeit deutlich an Nanni Morettis Papst-Satire „Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“ erinnert und auch der Einfall, sich eines Doppelgängers zu bedienen, dessen Charakter ein ganz anderer ist, zum Beispiel aus dem thematisch ähnlichen „Dave“ vertraut ist.

    Doch nachdem die Situation etabliert ist, Enrico in Frankreich verschwunden ist und Giovanni sich in seiner Rolle als Oppositionsführer eingefunden hat, verliert die Geschichte an Fahrt. Natürlich ist es immer wieder nett den großartigen Toni Servillo in seiner Doppelrolle zu bewundern, die nuancierten Unterschiede zwischen den Zwillingsbrüdern zu beobachten, doch wohin führt das Ganze? Während bei Enrico in Frankreich kaum noch etwas passiert, avanciert Giovanni mit einigen ehrlichen Reden zum Hoffnungsträger von Partei und Massen. Man muss nicht gleich an einen problematischen Wunsch nach einem starken Führer denken, aber allein die Kernaussage von Andòs Film, dass mit einem ehrlichen, nicht in Floskeln sprechenden Politiker wieder alles gut werden könnte, ist doch deutlich zu simpel. Dass mit einem Politiker, der entspannt genug ist, um wie hier mit der deutschen Kanzlerin eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen, auch die Gesellschaft an sich besseren Zeiten entgegensehen könnte, ist ein Maß an Naivität, dass die satirischen Ansätze des Films entwertet.

    Fazit: Roberto Andòs „Viva la Libertá“ beginnt als unterhaltsame Doppelgängergeschichte über Politikverdrossenheit und den Wunsch nach Authentizität, versandet aber schlussendlich in einer allzu naiven Analyse des Systems.

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