Erst letztes Jahr gab es mit "Southpaw" ein großartiges Boxer-Drama in den Kinos und mittlerweile auch auf DVD/BR zu sehen, das Kritiker sowie Kinogänger gleichermaßen faszinierte. Da stellt man sich von vornherein die Frage, ob "Creed" da mithalten kann.
Und um die Frage gleich zu beantworten: Nein, kann er nicht.
Woran das liegt erkläre ich in der zweiten Hälfte, denn wie immer fang ich am liebsten mit dem Positiven an.
An erster Stelle ist es natürlich sehr schön Sylvester Stallone in seiner meiner Meinung nach besten Rolle wieder zu sehen.
So sehr ich Rambo, Expendables, Cliffhanger und co. liebe, sein bester Film wird für mich wahrscheinlich immer Rocky bleiben und dieser Film hier zeigt (wenn auch nur in Ansätzen) wieso.
Er beweist hier nämlich, dass er nach wie vor mehr kann, als einfach nur Action und ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass "Creed" nicht nur gut gemacht und gespielt sondern auch oft lustig ist und wurde dafür zurecht für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert - dieser sollte aber wenn es nach mir geht an Tom Hardy in "The Revenant" gehen.
Und während andere Schauspieler bei Stallones Klasse in dessen Schatten stehen würden, schafft es Hauptdarsteller Michael B. Jordan nicht weniger zu überzeugen und lässt uns mit seiner Leistung den katastrophalen "Fantastic 4" von letztem Jahr vergessen.
Hier liefert er die bisher beste Leistung seiner Karriere ab und ich bin gespannt, ob er da noch einen drauf setzen kann, wenn es den von ihm gewünschten Nachfolger geben sollte. Denn wenn er auf seine Leistung hier aufbaut, könnte er in Zukunft dafür sorgen, dass diese Oscar-Debatte rund um dunkelhäutige Schauspieler ein Ende nimmt - ich würde es ihm gönnen. Man sieht ihm jederzeit seine innerliche Zerbrochenheit, sowie den Willen, die Wut und alle anderen Gefühle an, was er bisher so in keinen anderem Film gezeigt hat.
Jedesmal, wenn es ums Boxen und die familiären Dramen sowie Hintergründe geht, überzeugt der Film und baut vor allem dank tollem Schauspiel, guten Dialogen und dem guten bis sehr guten Sound eine emotionale Bindung zum Zuschauer auf, die im großartigem Showdown seinen Höhepunkt findet. Dort fiebert und leidet im finalen Kampf richtig mit, so dass man an manchen Stellen fast nicht mehr sitzen bleiben kann - zum Glück hab ich es grad noch so geschafft, wäre im Kino vor anderen Zuschauern seltsam gewesen.
Die Hauptdarsteller überzeugen also vollkommen, und das Drama funktioniert. Wie sieht es mit dem Rest aus?
Die restlichen Schauspieler liefern eine ordentliche Performance ab, wo weder etwas positiv noch negativ heraussticht.
Apopro negativ, kommen wir mal langsam zum Negativem: die obligatorische Lovestory.
Neben dem Training und der Geschichte rund um die Familie, konnte man wie so oft nicht auf eine Liebesgeschichte verzichten. Dagegen habe ich grundsätzlich nichts, aber wenn man von der ersten Sekunde (und das meine ich so wie es da steht) an weiß, in welche Richtung sich die Charakteren entwickeln, was alles passieren wird und wie es endet, kann man das nicht als gut bezeichnen, sondern eher als langweilig und Zeitverschwendung.
Diese Momente abseits der Hauptgeschichte ziehen den Film sehr runter und sorgen für zahlreiche langweilige Minuten, auf die man locker hätte verzichten können - da überzeugte zuletzt "Southpaw" mit mehr Drama in der Nebengeschichte und auch ältere ähnliche Filme wie "Warrior" (den ich jeden empfehlen kann) haben das besser gelöst.
Fazit:
Für Rocky- und Genre-Fans ist der Film genau richtig und bietet, was man erwartet: Zwei großartige Hauptdarsteller, eine gute bis sehr gute Geschichte, ausreichend Drama, eine Prise Humor und ein Finale, dass sich gewaschen hat.
Lediglich die obligatorische und extrem vorhersehbare Liebesgeschichte langweilt und macht aus dem sehr guten Film einen "nur" guten Film.
Wertung: 4 von 5 Sternen