Clarence Fok gehört zu den routinierten Handwerkern unter Hongkongs Regisseuren. Zu seinen erfolgreichsten Zeiten, während der 1990er Jahre, drehte er pulpige Actionthriller und scheute sich auch nicht – wie z.B. bei „Black Panther Warriors“ - grenzdebilen Humor für Freunde bizarrer Filmkost einzustreuen. Das ist oft unterhaltsam und wenn, wie etwa beim erotisch angehauchten Thriller „Naked Killer“ alles passte, dann gelang es ihm sogar, aus den bewährten Zutaten Humor, Hochglanzästhetik, rasante Action und ein bisschen Drama einen wilden Cocktail über die triebgesteuerte Natur des Menschen zu mixen. Nach 2006 legte er eine Regiepause ein und feiert nun mit dem Actionthriller „Special ID“ sein Comeback. Sein Talent für handgemachte Action ohne aufwändige Computereffekte besitzt Fok nach wie vor: Zusammen mit den physischen Fähigkeiten von Action-Superstar Donnie Yen („Ip Man“, „Kill Zone S.P.L.“, „Hero“) gelingen ihm etliche sehenswerte Kampfszenen, die aus der routiniert abgespulten Handlung herausragen.
Undercover-Cop Chen Zilong (Donnie Yen) lebt seit Jahren inmitten der Triaden-Organisation des mächtigen Xiong (Collin Chou). Als dessen Misstrauen zunimmt, wird Zilong der Job zu heiß und er beschließt auszusteigen. Doch sein Chef (Ronald Cheng) will nicht auf seine Dienste als Maulwurf verzichten: Er schickt Zilong für einen letzten Auftrag in die Volksrepublik nach Nanhai, wo er seinen alten Kumpel Sunny (Andy On) zur Strecke bringen soll. Zusammen mit den chinesischen Polizisten Fang Jing (Tian Jing) und Lei Peng (Zhigang Yang) ermittelt Zilong gegen Sunny, der Boss Xiong vom Thron stürzen will. Ein gefährliches Spiel beginnt…
Gerade einmal zwei Szenen finden sich in „Special ID“, in denen es dramatisch wird: In der ersten hetzt Zilongs chinesische Kollegin Fang Jing durch das nächtliche Nanhai, um dem in Bedrängnis geratenen Undercover-Cop zur Hilfe zu eilen. Der prasselnde Regen, die werbeclipartig ausgeleuchtete Straße und die bombastische Musik sind zwar alles andere als subtil, aber mit ihrer stilisierenden Wirkung entfacht Fok die überbordende Größe, um Zilongs schwierige Lage sowie Fang Jings Zuneigung zu ihrem neuen Kollegen kraftvoll zu bebildern. Wie begossene Pudel stehen sie da und können nicht so wie sie gerne wollen, weil der eine die Gangsterrolle vorgaukeln muss, die ihm inzwischen zuwider ist, und die andere ihren aufkeimenden Gefühlen nicht trauen mag. In der zweiten Szene steht Zilong am leeren Bett seiner Mutter, die er nicht vor den Triaden schützen konnte. Ihre Abwesenheit reicht Fok dabei aus, um eine schockierende Wirkung zu erzeugen, die Zilongs unmögliche Situation auf den Punkt bringt.
Doch diese Momente bleiben in der ansonsten weitgehend routiniert erzählten Handlung die Ausnahme. Im Übrigen dominiert die Action, die Handlung bleibt Füllmaterial. Die romantischen Szenen zwischen Donnie Yen und Tian Jing („The Warring States“) sind sogar völlig störend, auch weil Action-Star mit übertriebenen Gesten und Gesichtsausdrücken hier sichtlich nicht in seinem Element ist. Zum Glück gibt es in „Special ID“ aber genug von dem, was Yen wie kaum ein anderer beherrscht: Action! Die Konflikte innerhalb der Triaden und Yens unangenehme Lage zwischen Baum und Borke reichen aus, um Spannung zu erzeugen. Und auch mit gut fünfzig Jahren schultert Yen spektakuläre Kämpfe, in denen er nach ausgefeilter Choreografie gegen eine scheinbare Übermacht antritt und zum Beispiel in einer Küche geschickt die herumliegenden Gegenstände zur Verteidigung nutzt. Wenn dann auch noch Tian Jing auf ein fahrendes Auto springt, um gegen die Insassen zu kämpfen, dann wird man an die Goldenen Achtziger erinnert, in denen das Hongkong-Kino bei solchen besonders halsbrecherischen Stunts an der Spitze stand. Daraus schöpft Clarence Fok die Energie, um „Special ID“ zu einem zwar routinierten, aber doch unterhaltsamen Actionfilm zu machen.
Fazit: Die routiniert abgespulte Handlung von Clarence Foks „Special ID“ ist nur der Aufhänger für die eigentliche Qualität des Hongkong-Actioners: rasante Verfolgungsjagden und ein immer noch agiler Donnie Yen in ansprechend choreographierten Kampfszenen.