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    Irre sind männlich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Irre sind männlich
    Von Andreas Staben

    Die nicht nur Latein-Schülern und „Asterix“-Fans geläufige Redensart „Irren ist menschlich“ hat Regisseurin Sherry Hormann bereits 1996 zu „Irren ist männlich“ abgewandelt – was zu der so benannten Fruchtbarkeits-Farce um einen zeugungsunfähigen Anwalt und Familienvater durchaus irgendwie passt. Nun setzt Anno Saul („Kebab Connection“, „Wo ist Fred?“) noch einen oben drauf und präsentiert uns seine ziemlich unromantische romantische Komödie „Irre sind männlich“. Diesen Titel wiederum kann man grundsätzlich eher unsinnig oder vielleicht auch originell absurd finden. Immerhin macht er gleich deutlich, dass hier ein gewisser Wahnsinn zu erwarten ist und tatsächlich hat in diesem Film so gut wie jeder einen kleinen Dachschaden (dass das längst nicht nur die Männer betrifft, sei nur nebenbei erwähnt). Sauls im Ansatz recht provokantes Lustspiel über fragwürdige Dating-Rituale und eine Gesellschaft im Therapiewahn hat dann allerdings nur wenige lichte Momente und entpuppt sich als Ansammlung billiger Pointen und uncharmanter Überspitzungen, bevölkert von oberflächlichen Figuren.   

    Der Computerspielprogrammierer Daniel (Fahri Yardim) ist eine wahre Klette, wovon seine Freundin Mia (Josefine Preuß) zunehmend genervt ist. Als auch eine Pärchentherapie bei Daniels Mutter Gabriele (Gisela Schweighöfer) keine Besserung bringt, macht Mia Schluss. Der am Boden zerstörte Neu-Single will etwas gegen seine Eifersucht tun und meldet sich zu einer Familienaufstellung an, sein Kollege und Kumpel Thomas (Milan Peschel) begleitet ihn. Der notorische Verführer verspricht sich von der Teilnahme allerdings keine seelische Heilung, sondern leichtes Spiel bei den emotional angeschlagenen Frauen in der Therapiegruppe. Als Daniel tatsächlich gleich mit einer der Teilnehmerinnen im Bett landet, macht Thomas aus der Masche eine Strategie: Die beiden Freunde nehmen von nun an in ganz Deutschland an Gruppentherapien teil – unter falschen Namen, mit erfundenen Berufen und Leidensgeschichten. Damit sind sie zunächst überraschend erfolgreich, doch bei einem Wochenendseminar im Herrenhaus des Psycho-Gurus Schorsch Trautmann (Herbert Knaup) kommt ihnen Dauergast Sylvie (Marie Bäumer) auf die Schliche – ausgerechnet als Daniel beginnt, sich ernsthaft für den ebenfalls krankhaft eifersüchtigen TV-Star Bernadette (Peri Baumeister) zu interessieren.

    „Die Therapie-Crasher“ wäre ein treffenderer Titel für diese Psycho-Komödie gewesen, denn das bringt die Prämisse des Films auf den Punkt. So wie die „Hochzeits-Crasher“ Owen Wilson und Vince Vaughn sich ungebeten auf Hochzeitsfeiern eingeschlichen haben, so nehmen Til-Schweiger-„Tatort“-Sidekick Fahri Yardim und Milan Peschel (in „Schlussmacher“ Co-Star von Matthias Schweighöfer, der hier einen Cameo-Auftritt absolviert) unter falschem Vorwand an Therapien teil. Das Ziel ist das gleiche: Frauen abzuschleppen. Während die Hollywood-Vorbilder bei ihrem Ego-Trip trotzdem noch charmant rüberkommen, wirken ihre teutonischen Wiedergänger wie ganz und gar nicht mehr unschuldige große Kinder, die auf bedenkliche Weise die Gefühle anderer ausnutzen. Vor allem Milan Peschels Playboy-Schwerenöter ist an kalkulierender Selbstsucht nicht zu überbieten (er multipliziert das Alter der Frauen  immer mit 1,5 – es kommt nicht in Frage, dass er sich mit einer Gleichaltrigen einlässt). Diese grobe und auch in der Besetzung wenig glaubhafte Figur ist nur die grobe Karikatur eines altgewordenen Egomanen, die auch nicht durch einzelne sympathische Züge aufgehellt wird. Dahinter mag eine satirische Absicht stecken, aber die läuft angesichts pubertärer Sprüche und platter Gags ins Leere. Übertreibung gehört zum Geschäft der Komödie, aber hier fehlt das rechte Maß.

    Viele Figuren haben wie Thomas keinerlei Bodenhaftung und die Seitenhiebe auf die Welt der zweifelhaften Therapien und Psycho-Seminare sind im besten Fall albern (so wie eine Aufstellung, bei der die Teilnehmer „ein schlaffes Glied“ und andere Geschlechtsteile verkörpern) oder banal, zuweilen aber auch so abwegig, dass von ernstzunehmender Auseinandersetzung mit dem Thema nicht die Rede sein kann. Wenn etwa Daniel von seiner eigenen Mutter (!) therapiert wird und sie ihm ein Problem einreden will, wo sie selbst eines hat, dann ist das einfach nur eine schlecht geschriebene Reißbrettszene ohne Esprit oder Erkenntniswert. Dass der Stoff dennoch gut zu einer komödiantischen Auseinandersetzung taugt, ist aber immerhin auch in „Irre sind männlich“ gelegentlich zu ahnen. So hat Marie Bäumer („Der Schuh des Manitu“) als Anwältin Sylvie, die sich an Thomas rächt und in ihm unverhofft einen „Gleichgestörten“ findet, nicht nur die beste Rolle des Films, sondern spielt sie auch mit einem erfrischenden Augenzwinkern. Und wenn Daniel (Yardim rackert sich weitgehend vergeblich ab, dem vermeintlichen  Sympathieträger etwas mehr als ein nettes Gesicht zu geben) am Ende sogar mit seiner Überwachungssoftware (eine Stalking-App für Eifersüchtige) romantisch Punkte sammeln kann, dann blitzt etwas auf von dem boshaft-einfühlsamen Film über Liebe und Leid im 21. Jahrhundert, der hier auch möglich gewesen wäre.

    Fazit: Anno Sauls Komödie über zwei Therapie-Crasher ist nur im Ansatz interessant, die Umsetzung ist dagegen enttäuschend oberflächlich, wenig lustig und kaum einmal treffend.

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