Regisseur Peter Thorwarth hat bisher drei Kinofilme gemacht und sich mit dieser sogenannten „Unna-Trilogie“ als originelle Stimme in der deutschen Filmlandschaft etabliert. Den Auftakt bildete 1999 „Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“, der schnell zum Kultfilm avancierte. Thorwarth seinerseits wurde schnell als die Antwort des Ruhrpotts auf Quentin Tarantino gehandelt. Mit der launigen Bauarbeiterkomödie „Was nicht passt, wird passend gemacht“ kam er dann zwar nicht an seinen ersten Film heran, sorgte aber dennoch auch in dem Zweitwerk von 2002 für jede Menge flotte Sprüche und bot beste Unterhaltung. Vier Jahre später sollte mit „Goldene Zeiten“ der krönende Abschluss der Trilogie kommen, doch der wüste Genre-Mix floppte nicht nur an den Kinokassen. Thorwarth verlor sich zwischen allzu zahlreichen Selbstreferenzen und Insider-Gags in einer aufgebläht-sprunghaften Geschichte, eine Kombination, die momentan wohl nur Judd Apatow („Immer Ärger mit 40“, „Wie das Leben so spielt“) zu bändigen weiß. Nach langer Regiepause nimmt Thorwarth, der zwischenzeitlich unter anderem als Drehbuchautor an „Die Welle“ beteiligt war, nun einen neuen Anlauf und findet mit seiner vierten Ruhrgebiets-Komödie „Nicht mein Tag“ zu alten Qualitäten zurück – seine Verfilmung des gleichnamigen Romans von „Stromberg“-Erfinder Ralf Husmann ist trotz kleiner Längen in der zweiten Hälfte ein amüsantes Road-Movie mit einem blendend aufgelegten Moritz Bleibtreu.
Ein Banküberfall, Blut ist über dem Boden verteilt und der Räuber steckt mächtig in der Scheiße… Er heißt Till Reiners (Axel Stein) und 72 Stunden vorher sah seine Welt noch ganz anders aus: Der Familienvater geht als Bankangestellter einer geregelten Arbeit nach, während seine Frau Miriam (Anna Maria Mühe) sich als Taschengestalterin zu verwirklichen versucht – Routine und Langeweile pur. Doch dann überfällt der von einem neuen Auto und einer Urlaubsreise mit Freundin Nadine (Jasmin Gerat) träumende Kleinkriminelle Nappo (Moritz Bleibtreu) die kleine Ruhrgebiets-Bank, in der Reiners beschäftigt ist, und nimmt den armen Till auch noch als Geisel. Eine turbulente Flucht beginnt. Unglückliche Umstände führen dazu, dass der Entführte auch noch glaubt, seine Frau betrüge ihn, während ihn die Polizei für einen Mittäter hält. Und so willigt Till ein, Nappo bei einem „Geschäft“ in Amsterdam zu unterstützen, womit für das ungleiche Duo eine Reise beginnt, die das Leben von Spießer Reiners endgültig auf den Kopf stellen wird…
Die Handschrift von Peter Thorwarth ist auch in „Nicht mein Tag“ von der ersten Minute an unverkennbar, obwohl es seine erste Kinoregiearbeit ist, die nicht auf einem eigenen Original-Drehbuch basiert. Aber mit dem Roman von Ralf Husmann hat er sich eine Vorlage gesucht, deren Welt nicht allzu weit von seinem eigenen erzählerischen Kosmos entfernt ist und sie perfekt in das Thorwarth-Universum eingebunden. Fans können sich entsprechend über augenzwinkernde Anspielungen auf die „Unna-Trilogie“ und andere amüsante Verweise freuen. So lässt „A-Team“-Fan Thorwarth, der bereits „Face“ Dirk Benedict für eine Gastrolle in „Goldene Zeiten“ engagierte, Moritz Bleibtreu als Bankräuber eine Maske des von Mr.T. gespielten B.A.-Baracus tragen. Und wenn Christian Kahrmann einen kurzen Auftritt als Reichenbubi Kampmann absolviert, dann lässt „Bang Boom Bang“ ganz direkt grüßen. Thorwarth verliert sich indes diesmal nicht in solchen Selbstreferenzen (auch wenn sich der obligatorische Gastauftritt der vermeintlichen Schauspiellegende Ralf Richter als Gebrauchtwagenhändler unnötig in die Länge zieht) und besticht vielmehr mit einer beeindruckenden Liebe zum Detail. Die zeigt sich exemplarisch an der Hardrock-Band „Donar“, die samt einer ebenso stimmigen wie ausführlichen Hintergrundgeschichte extra erfunden wurde. Es dürfte nicht wenige Zuschauer geben, die nach dem Kinobesuch vergeblich versuchen, sich im Netz über die angeblichen mythenumwobenen Achtziger-Rocker zu informieren.
Während Peter Thorwarth sich in „Goldene Zeiten“ so sehr in Selbstverweisen erging, dass die Blender-Posse nur für Fans und Insider richtig funktionieren konnte, bleiben die Anspielungen und Referenzen hier nur Beiwerk einer ungemein spaßigen Geschichte, die für alle Zuschauer zugänglich ist. Moritz Bleibtreu als Kleingangster mit wenig Plan aber umso größerer Klappe und Axel Stein („Turbo & Tacho“) als Biedermann, der endlich mal wieder lockerlässt, harmonieren und nehmen den Zuschauer mit auf eine turbulent-amüsante Achterbahnfahrt. Mit ein paar absurden Zufällen sorgen Thorwarth und sein Co-Autor Stefan Holtz, dabei dafür, dass die Geisel Till plötzlich wirklich mit Bleibtreus Nappo zusammenarbeitet und werfen die beiden immer wieder in amüsante und brenzlige Situationen. „Nicht mein Tag“ strotz vor gelungenen Einfällen – vom Running Gag mit Komiker Tom Gerhardt („Hausmeister Krause“) als Navi-Stimme bis zum wild-abgefahrenen Drogentrip durch Amsterdam, der mit subjektiver Kameraperspektive aus der Sicht von Till gefilmt wurde und nicht von ungefähr an den Musikvideo-Klassiker „Smack My Bitch Up“ von Prodigy erinnert. Dabei schaut auch der als Co-Produzent fungierende deutsche Superstar Til Schweiger wie schon in „Bang Boom Bang“ für einen Gastauftritt vorbei. Der Gag, in dem dessen berühmtes Nuscheln aufs Korn genommen wird, ist allerdings eher mau – ganz im Gegensatz zu einem Cameo von Milan Peschel („Schlussmacher“), der als heldenhafter Fahrradfahrer dem Affen so richtig Zucker geben darf.
Fazit: Nach dem enttäuschenden „Goldene Zeiten“ und einer folgenden Auszeit erinnert „Nicht mein Tag“ wieder an Peter Thorwarths Kult-Debüt „Bang Boom Bang“. Das Niveau dieses Klassikers des jüngeren deutschen Kinos wird zwar nicht erreicht, aber dank der blendend aufgelegten Hauptdarsteller und einiger großartiger Ideen ist die Road-Movie-Komödie dennoch ein spaßig-kurzweiliges Vergnügen.