Wer als Schauspieler auf eine bestimmte Rolle oder ein bestimmtes Profil festgelegt ist, hat es mitunter schwer dagegen anzuspielen: Sean Connery brauchte einige Zeit, bevor er wieder mehr war als James Bond und Daniel Radcliffe scheut nicht vor Nacktauftritten zurück, um den Mantel Harry Potters abzulegen. Komik-Urgestein Dieter „Didi“ Hallervorden versucht sich nun im Alter an dramatischen Rollen. Zu seinem Auftritt als Pädophiler in „Das Kind“ und seiner Rolle als Marathon laufender Rentner in „Sein letztes Rennen“ gesellt sich dabei auch die deutsch-niederländische Co-Produktion „Das Mädchen und der Tod“. Hallervordens wenig überzeugende Darbietung des Bösewichts ist dabei nur ein nebensächliches Problem von Jos Stellings Romanze. Der Regie-Routinier („Der Weichensteller“, „Mariken van Nieumeghen“) erzählt die Geschichte einer unerfüllten Liebe zwar in betont gediegenen Bildern, aber auch ungemein behäbig.
Thüringen, circa 1920: Der junge Russe Nicolai (Leonid Bechevin) ist auf dem Weg von Moskau nach Paris, wo er Medizin studieren will. In einem abgelegen Hotel, das mehr einem Sanatorium gleicht, will er für eine Nacht unterkommen – und verliert sein Herz. Vom ersten Blick an ist er der hinreißenden Elise (Sylvia Hoeks) verfallen, doch die Schönheit ist Eigentum des alternden Grafs (Didi Hallervorden). Mit Hilfe der undurchschaubaren Nina (Renata Litvinova) gelingt es Nicolai sich Elise zu nähern, doch ohne Erfolg: Die Schergen des Grafs verhindern ein näheres Kennenlernen und so zieht Nicolai weiter. Jahre später, auf der Rückreise von Paris, kehrt er zurück – und diesmal hat er Erfolg: Elise gesteht ihm ihre Liebe, doch die Methoden des Grafs sind skrupellos: Nicolai hat keine Chance, Elise aus ihrer Knechtschaft zu befreien, zumal er beginnt, an der Wahrhaftigkeit ihrer Gefühle zu zweifeln. Wird ihre Liebe siegen oder schafft es der Graf, seinen Willen durchzusetzen?
Eingerahmt ist Jos Stellings Film in eine Rückblendenstruktur, in der der inzwischen alte Nicolai, in das längst verfallene Hotel zurückkehrt. Allein die Erinnerung an seine große Liebe hält ihn noch am Leben, doch dass sie letztlich unerfüllt blieb, ist vom ersten Moment an klar. Dies wäre aus dramaturgischer Hinsicht nicht unbedingt problematisch, würde Stelling nicht mit ausufernder Langsamkeit erzählen. Schier unendlich lang dauert es, bis der alte Nicolai sich endlich in den jungen verwandelt und in Elise verliebt hat, doch sobald die Grundkonstellation der Dreiecksbeziehung etabliert ist, passiert fast nichts mehr. Die Ereignislosigkeit, mit der sich „Das Mädchen und der Tod“ entwickelt, lässt nur noch mehr Raum, sich über die Leerstellen der Erzählung zu wundern: Warum ist Elise so vom Graf abhängig? Warum ist der Graf so reich? Warum rennt das junge Liebespaar nicht einfach weg? Und was hat es mit all den siechen Menschen zu tun, die das Hotel wie eine geriatrische Station wirken lassen?
Immerhin hat Stelling mit Leonid Bechevin („Morphine“) und Sylvia Hoeks („The Best Offer“) zwei attraktive Hauptdarsteller engagiert, die stimmungsvoll schmachten und leiden. Die Besetzung des Bösewichts mit Dieter Hallervorden („Didi – Der Doppelgänger“) ist dagegen mehr als befremdlich. Schon der erste Auftritt des Grafs, in dem sich über die Sprache des jungen Russen lustig gemacht wird, weckt eher amüsante Erinnerungen an die früheren, zu Recht so beliebten Fernseh- und Kinoauftritte Hallervordens als es der Etablierung eines Antagonisten dient. Der so entstehende klamaukige Humor ist in einer, im Übrigen so ernst gestalteten Romanze wie dieser, allerdings vollkommen Fehl am Platz und trägt endgültig dazu bei, dass sich das Pathos einer unerfüllten Liebe, das in „Das Mädchen und der Tod“ mit großer Geste behauptet wird, nicht so recht entfalten mag.
Fazit: Jos Stellings Romanze „Das Mädchen und der Tod“ bietet stimmungsvolle Bilder und attraktive Hauptdarsteller, ist aber auf höchst langatmige Weise erzählt.