Der unsymphatische Sonderling findet sich doch in jeder Nachbarschaft wieder. Und gerade wenn eine Familie neu in eine Straße zieht, entpuppt sich oft ein alter Grießkram als viel schlimmer und nerviger, wie etwa Umzugskartons auszupacken. Im neuen Film mit Melissa McCarthy (Brautalarm) "St. Vincent" ist es nun der großartige Bill Murray (Und täglich grüßt das Murmeltier), der dem Schrecken des Nachbarns ein Gesicht verleiht. Er trinkt, ist pausenlos sarkastisch und schlecht gelaunt. Diese Paraderolle früherer Filme übernimmt Murray auch hier wieder, den irgendwie ist er nicht nur ein Ekel, sondern hat auch durchaus seine weichen Seiten. Und dank dem guten Spiel der Schauspieler entpuppt sich der Streifen nicht etwa als Klamotte, sondern als ironisches, tragisches Drama über einen Mann der scheinbar seinen Platz in der Welt verloren hat.
Die Trailer machten durchaus Lust auf diesen FIlm. Wann sieht man schon mal zwei so tolle Comedians zusammen vor der Kamera. Er suggerierte einen allerdings auch das es sich hier um eine reine, leicht flockige Komödie für zwischendurch handelt. Mit vielen lustigen Sprüchen und Slapstick. Die Kalauer haut Murray auf jeden Fall raus. Er beleidigt eigentlich alles und jeden, und will sogar das ein kaputter Ast von seiner neuen Nachbarin bezahlt wird. Doch kommen diese Sprüche nicht etwa nur um einen schnellen Lacher zu produzieren. Viel mehr verdeutlichen sie dass der alte verletzliche Mann gar kein Scheusal ist, sondern der gute Mensch sich lediglich hinter seinem Sarkamsus versteckt. Kommt die Story dann dadurch ins Rollen, das Murray allias Vincent auf den Sohn von McCarthy , allias Oliver aufpasst, ihm mit Sportwetten und Schlägerein vertraut macht, und er so sogar das Selbstvertrauen des Jungen stärkt, entwickelt der Film seine eigentliche Stärke. Hier wird das Leben eines Menschen gezeigt der mit Krankeit und Geldmangel zu tun hat und für seine kranke Frau aufkommen muss. Er nimmt das Gehalt an das er zum Babysitten bekommt, um es dann aber auch gleichsamt wieder zu verwetten. Trotzdem erklärt ihm der Junge bald zum Heiligen, wie es ihm sein Religionslehrer aufgezeigt hat, den auch "normale" Menschen hätten diesen Status verdient. Dies ist natürlich ziemlich überspitzt, so einen Mann dann auch noch in religiöse Spheren zu hiefen, sorgt aber auch für eine gewisse Portion Charme. Den der FIlm kommt viel gefühlvoller und semtimentaler daher als es die Trailer vermuten ließen. Als Vincent dann auch noch den einen oder anderen Schicksalsschlag erleidet, überwiegt dann sogar mehr das Drama als die Comedy. Diese Phase des Film is zwar stark gespielt, zieht sich jedoch auch ein wenig. Das ist auch das große Manko. Neben dem nur sehr behutsam einegsetzten Humor ist auch der Spannungsbogen nicht allzu hoch, teilweise dümpelt er sogar ein wenig vor sich hin. Melissa Mcarthy, normalerweise ja die Garantin für derben Humor schraubt ihre überdreht Art diesmal auf ein Minumum herunter und ist mehr die besorgte Mutter als die coole Socke wie noch in "Taffe Mädels". Billy Murray stemmt diese tragische Komödie fast alleine. Er spieltt einen kranken und vom Leben gezeichnenten alten Man mit all seinen Facetten inclusive Dauersaufen und Nörgeln, aber auch die Seite des Lehrmeisters des Lebens spielt er mit sichtlich Spass an der Rolle. Gut das er mal wieder ein Drehbuch gefunden hat, das ihn auch ein wenig fordert. Naomi Watts (King Kong) als russiche Prostituierte ist teilweise nah dran am Overacting, wenn sie es mit dem Akzent und der Schlampen Nummer dann ein wenig übertreibt. Auch sie hat daran aber sichtlich Spass und transportiert das auch an den Zuschauer weiter.
Die Regie von dem Neuling im Blockbuster Bereich Theodore Melfi ist solide, aber auch nicht überschschwänglich. Das Drehbuch ist fast auschließlich auf die Hauptfigur ausgelegt, was die Story und die anderen Charakere teilweise etwas nach hinten drängt. Ein bisschen mehr Knall hätte es schon sein dürfen. Jaeden Lieberher als kleiner Hänftling hinterlässt auch einen starken Eindruck und spielt einen neugierigen, unvoreingenomenen Jungen, der an das gute im Menschen glaubt. Terence Howard (Prisoners) als Schulden Eintreiber sei noch zu erwähnen, er fällt jedoch anhand von nur wenigen Szenen nicht weiter ins Gewicht. Nun, ein bisschen ist St. Vincent weder Fisch noch Fleisch. Für eine richtige Komödie teilwese zu unlustig, für ein Drama zu wenig emotional. Dennoch hat der Film seine starken Momente, gerade wenn Murry und Lieberher alleine unterwegs sind und die leisen Töne angeschlagen werden. Es geht auch ein wenig darum, wie man mit Würde altert und finanziell abgesischert sein sollte, was in Zeiten von weltweiter Altersarmut und überfüllten Pflegeheimen gar nicht so abwegig ist.
Fazit: "St. Vincent" lebt vom Spiel des genialen Hauptdarstellers Bill Murray, der seit langen mal wieder eine richtig gute Performance abliefert. Er trifft meist den richtigen Ton und hebt den FIlm so ein wenig aus dem Durchschnitt.Mit mehr Humor, und gerade in der ersten Hälfte einem höheren Tempo hätten die Macher vielleicht noch mehr aus dem Drehbuch rausholen können. So bleibt eine solide, tragische Komödie.