Es gilt bis heute als eines der großen Mysterien der Geschichte der Academy Awards, wie es der britische Olympiafilm „Die Stunde des Siegers“ 1982 geschafft hat, dem Top-Favoriten „Reds“ auf der Zielgeraden noch den Oscar für den Besten Film wegzuschnappen. Immerhin stehen Stadionläufe als Disziplin auch nicht gerade für die aufsehenerregendsten Kinobilder. Im Fall des ebenfalls auf wahren Ereignissen beruhenden Läufer-Dramas „City of McFarland“ kommt nun noch hinzu, dass die Highschool-Querfeldein-Athleten als Mannschaften gegeneinander antreten - es gewinnt also nicht der erste Sportler im Ziel, stattdessen erfahren selbst die Trainer den Sieger erst, nachdem die Offiziellen die einzelnen Platzierungen kompliziert zusammengerechnet haben. Dass der inspirierende Wohlfühlfilm der Neuseeländerin Niki Caro aber auch ohne krachende Football-Action oder spektakuläre Home Runs zu den stärkeren Beiträgen des Genres zählt, hat die „Whale Rider“-Regisseurin dabei neben ihrer für einen Sportfilm erfrischend bodenständigen Inszenierung auch ihrer starken Besetzung zu verdanken.
Nachdem er einem aufmüpfigen Spieler einen Schuh an den Kopf geworfen hat, findet Football-Trainer Jim White (Kevin Costner) nur noch an einer Highschool im südkalifornischen McFarland einen Job als Assistenz-Coach. Der Ort gilt als eine der ärmsten Städte Amerikas und die Schule wird überwiegend von mexikanischstämmigen Jugendlichen besucht, die vor und nach dem Unterricht bei der Obst- und Gemüseernte aushelfen müssen. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit Chef-Trainer Jenks (Chris Ellis Jr.) wird der Neuankömmling Jim noch weiter degradiert – und zwar zum Betreuer des Leichtathletik-Teams. Nachdem er sie zunächst nur lustlos eine Stadionrunde nach der anderen drehen lässt, erkennt White jedoch schnell das Talent seiner Jungs: Ohne Geld für ein Auto laufen sie jeden Tag die kilometerlange Strecke zur Schule und die knüppelharte Arbeit auf den Feldern hat sie gelehrt, körperliche Schmerzen zu ertragen. Allerdings stößt Jims Idee, ein Team für die anstehenden Staatsmeisterschaften zu formen, nicht nur auf Gegenliebe – denn Laufen gilt eigentlich als typischer Sport der finanzstarken Privatschulen…
Nach einem Zwischenfall beim ersten Essengehen in McFarland will Jim White einfach nur möglichst schnell wieder weg: Kevin Costner („3 Days to Kill“) verkörpert hier mit seinem gewohnt rauen Charisma keineswegs einen langweiligen blütenweißen Helden, der die mexikanischen Kids aus purer Barmherzigkeit unterstützt – stattdessen weiß er ganz genau, dass nur der Erfolg ihm dabei helfen kann, wieder einen Job in einer besseren Gegend zu finden. Erst nach und nach lernen Jim und seine Familie den harten, aber eben auch von einem unheimlich starken Familienzusammenhalt geprägten Mexican Way of Life kennen und schätzen. Und dieser Sinneswandel fühlt sich selbst dann weder kitschig noch aufgesetzt an, als Jims Frau Cheryl (Mario Bello, „History of Violence“) schließlich verkündet, dass sie sich noch nirgends so zu Hause gefühlt habe wie in McFarland – womit auch klar ist, dass Niki Caro eine ganze Menge richtig gemacht haben muss: Die Regisseurin bleibt immer ganz nah bei ihren glaubhaften Protagonisten und deren meist ganz alltäglichen Problemen, sodass der Sieg hier anders als bei den meisten Hurra-Sportfilmen tatsächlich kaum mehr ist als schmückendes Beiwerk. Dazu passt es wiederum ganz gut, dass bei den Wettkämpfen selbst dann noch niemand so genau weiß, wer eigentlich gewonnen hat, wenn alle Läufer im Ziel angekommen sind.
Fazit: Ja, „City of McFarland“ ist eines dieser aufbauend-inspirierenden Sportdramen, die es im amerikanischen Kino wie Sand am Meer gibt – allerdings eines der guten.