Stell dir vor, du wachst auf und alles um dich herum ist verlassen. Die albtraumhafte totale Isolation einer Person oder einer kleinen Gruppe ist eine bewährte Versuchsanordnung im Horrorfilm und im Psychothriller – schließlich rührt sie an menschliche Urängste. Langfilmdebütant Ryan Smith legt mit seinem Mystery-Thriller „After" nun eine weitere Variation dieser Konstellation vor, verstrickt sich trotz einiger guter Ansätze aber alsbald in einer konfusen Geschichte und hat auch inszenatorisch eher wenig zu bieten. Und so bleibt neben einigen stimmungsvollen Bildern und Szenen vor allem viel Leerlauf.
Der Comiczeichner Freddy (Steven Strait) und die Krankenschwester Ana (Karolina Wydra) lernen sich während einer nächtlichen Busfahrt kennen, die mit einem krachenden Unfall endet. Ein paar Wochen später wacht Ana mutterseelenallein in einem Krankenhausbett auf und stellt dann mit Entsetzen fest, dass ihre Heimatgemeinde irgendwo in den USA komplett verlassen ist – außer ihr ist nur noch Freddy da. Gemeinsam wollen die beiden dem Mysterium auf den Grund gehen und wissen bald nicht mehr, ob sie das alles nur träumen oder ob sie sich gar in einem Paralleluniversum befinden. Als sich eine riesige, tiefschwarze Nebelwand von allen Seiten um die Stadt legt und diese zu verschlingen droht, verschärft sich die Lage. Doch es kommt noch schlimmer...
Die Ausgangssituation von „After" ist thematisch reizvoll und spannend, zumal sich der Zuschauer stets auf Augenhöhe mit den Protagonisten befindet und mit ihnen rätseln kann, was denn hier los ist. Lange jedoch kann Regisseur Ryan Smith die Spannung nicht halten, dazu fehlt die erzählerische Stringenz: Immer wieder streut er Kindheitserinnerungen der beiden Hauptfiguren ein, die mit ihren warmen Farben von der kühlen Atmosphäre der verlassenen Kleinstadt abgegrenzt sind, und erahnen lassen, dass die Ereignisse zu einem Großteil in der Fantasie der beiden Protagonisten stattfinden. Teils scheinen sie von Freddys Comics beeinflusst zu sein, teils von einer Geschichte, die Ana als kleines Mädchen geschrieben hat. Doch die Frage, ob die beiden Verlassenen bereits gestorben sind, einen Koma-Traum erleben oder in einer parallelen Realität gelandet sind, bleibt unauflösbar und so umständlich und teils verwirrend wie sie hier behandelt wird letztlich auch uninteressant.
Der fehlenden erzählerischen Dichte entspricht eine gewisse formale Unausgegorenheit. So sind die entvölkerten Stadtansichten und die schön animierte Nebelwand optisch durchaus gelungen, aber Smith hat den stimmungsvollen Bildern der leeren Stadt nichts weiter hinzuzufügen, dazu fällt vor allem der ununterbrochene, nicht gerade subtile Klangteppich unangenehm auf. Atmosphärisch und auch vom Suspense-Faktor her bleibt „After" meilenweit hinter offensichtlichen Vorbildern wie John Carpenters „The Fog – Nebel des Grauens" oder der Stephen King-Verfilmung „Der Nebel" zurück. Völlig unmotiviert greift Ryan Smith schließlich gar zu einem Taschenspielertrick und bringt ein CGI-Monster ins Spiel, das offensichtlich etwas Schwung in die Sache bringen soll. Aber auch das misslingt dem Regisseur und es entwickelt sich eine wenig aufregende Hatz aus, die das Geschehen nur noch unglaubwürdiger und gestelzter erscheinen lässt.
Fazit: „After" ist ein wirr erzählter und handwerklich höchst durchschnittlicher Mystery-Horror – das alles hat der geneigte Zuschauer schon viel besser gesehen.