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    Molière auf dem Fahrrad
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Molière auf dem Fahrrad
    Von Katharina Granzin

    Eine gelungene Theateradaption ist eine richtig feine Sache. Allein dadurch, dass die Handlung eines bekannten dramatischen Werks in der Filmhandlung gespiegelt und gebrochen wird, lässt sich bereits der Eindruck von Esprit und intellektueller Tiefe erwecken. Wenn man dann noch ein paar gute Schauspieler hat, die in der Lage sind, auf mehreren Ebenen glaubhaft zu agieren, steht dem Vergnügen nichts mehr im Weg. Doch dass dies leichter gesagt als getan ist, beweist der Franzose Philippe Le Guay („Nur für Personal!“) mit seinem Film „Molière auf dem Fahrrad“. Hier sind nicht nur sämtliche Figuren allzu verliebt in sich selbst – was natürlich auch demonstriert werden soll –, sondern der Regisseur ist auch so verliebt in seine Filmidee, dass der Esprit, der vor allem von den großzügig eingestreuten Molière-Dialogen ausgeht, innerhalb der Filmhandlung nicht richtig zünden will. So ist am Ende deutlich zu viel von dem Ehrgeiz zu spüren, einen richtig geistreichen französischen Schauspielerfilm zu machen, als dass trotz des erstklassigen Hauptdarstellerduos die Leichtigkeit, die zu einem solchen Film nun einmal gehört, sich glaubhaft einstellen würde.

    Der bekannte Schauspieler Gauthier Valence (Lambert Wilson), der als Hauptdarsteller einer Krankenhausserie reich und ein wenig bequem geworden ist, sucht seinen alten Freund und Kollegen Serge (Fabrice Lucchini) auf, der zurückgezogen auf der Ȋle de Ré lebt, einer Atlantikinsel mit herbem Charme. Serge hat mit der Welt des Schauspiels und des Films abgeschlossen und benutzt Drehbücher nur noch, um damit seinen alten Ofen anzuzünden. Gauthier möchte ihn für ein Theaterprojekt gewinnen: Er will Molières „Menschenfeind“ inszenieren. Serge ist nicht abgeneigt, jedoch wenig interessiert an der wichtigen Nebenrolle, die Gauthier ihm anbietet. Die Freunde einigen sich darauf, eine Woche lang gemeinsam zu proben und dabei abwechselnd Alceste, die Hauptrolle, zu spielen. Es kommt, wie es kommen muss: Eine Weile geht noch alles gut dann aber kommt eine Frau ins Spiel, die den einen zu wollen scheint, aber mit dem anderen ins Bett geht, und schon ist alles anders…

    Das beliebte Cherchez-la-femme-Spiel soll also mal wieder als Motor funktionieren, was hier aber ziemlich langweilig dargeboten wird, weil die schöne, von Maya Sansa („Villa Amalia“) gespielte italienische Nachbarin, an der sich die Krise entzündet, als Person uninteressant bleibt. Ihre Figur wird nach dem Deus-ex-machina-Prinzip in die Handlung gesetzt, nur um diese voranzubringen. Wer diese Frau ist, wird und muss man nie erfahren. Dass auch die übrigen weiblichen Figuren nur alberne Nebenchargen sind, ist geschenkt, weil „Molière auf dem Fahrrad“ ohnehin beim Duell der starken Männer seine besten Momente hat. Gauthier und Serge sind zwei Kerle, die man nicht mögen muss, die aber in ihrer Eitelkeit und ihren Allüren von dem zu Recht als Bester Hauptdarsteller für den französischen Filmpreis César nominierten Fabrice Lucchini („In ihrem Haus“) und Lambert Wilson („Matrix Reloaded“) mit viel Verve und Esprit gegeben werden. Lucchini und Wilson  gemeinsam sind ein Genuss und es ist großartig, wie beim Proben der Molièreschen Texte unterschiedlichste Tonlagen vorgeführt werden und Dramen- und Alltagstext sich ineinanderschieben.

    Philippe Le Guay konnte für große Teile seines Drehbuchs auf die herausragenden Dialoge aus der Feder des großen Dramatikers Molière zurückgreifen, die dann natürlich auch begeistern. Den hohen Alexandrinern des französischen Theatergenies setzt er die Banalität des wahren Lebens entgegen. Dieses Konzept macht in der Theorie Sinn, geht aber nicht auf, weil die zweite Hälfte der Dialoge so als genau das erscheinen, was sie sind: als banal. Dazu kommt der regelmäßig eingestreute, sehr bemüht wirkende Szenenwitz. Nur wer es komisch findet, wenn eitle Männer mittleren Alters wiederholt mit einem Fahrrad in einen Wassergraben fallen, kommt hier auf seine Kosten. Mit seinen umwerfenden Landschaftsaufnahmen der Ȋle de Ré und den spürbar liebevoll und mit Blick fürs Detail gestalteten filmischen Interieurs, in dem eine hässliche Tür auch mal mit einer alten Mustertapete verschönert wird, überzeugt Regisseur Le Guay dann allerdings in ästhetischer Hinsicht auf der ganzen Linie.

    Fazit: „Molière auf dem Fahrrad“ ist ein französischer Konversationsfilm, bei dem die Hälfte des Textes aus brillanten Molière-Dialogen besteht und die Handlung ansonsten recht konventionell abläuft: schön anzusehen, aber insgesamt nur mäßig fesselnd.

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