Nach dem wendungsreichen Thriller „Headhunters“ kommt mit „Jackpot“ eine weitere Verfilmung einer Geschichte des norwegischen Kriminalautors Jo Nesbø in die Kinos. Regisseur Magnus Martens („United“) nimmt sich dabei eines Stoffs an, der genauso blutig wie humorvoll daherkommt – eine Kombination, die Fans des skandinavischen Kinos vertraut ist und schon zu einigen klasse Filmen („In China essen sie Hunde“, „Adams Äpfel“) führte. Doch in Maertens‘ überzeichneter Gauner-Komödie ist es genau jener pechschwarze skandinavische Humor, der allzu oft ins Lächerliche abdriftet, womit „Jackpot“ einen Großteil seiner Strahlkraft einbüßt.
Kurz vor Weihnachten wird der nette, unauffällige Oscar (Kyrre Hellum) von der norwegischen Polizei im zwielichtigen Stripclub Pink Heaven als einziger Überlebender eines Massakers, blutbesudelt und mit einer Shotgun in der Hand, aufgefunden. Im Verhör mit Kommissar Solør (Henrik Mestad) tischt der von seiner Unschuld überzeugte Hauptverdächtige dann eine abstruse Geschichte um eine Tippgemeinschaft aus ehemaligen Strafgefangenen auf, die sich nach einem großen Gewinn gegenseitig dezimiert haben. Diese habe ihn von einer furchtbaren Situation in die nächste und schließlich in das Blutbad im Pink Heaven hineingezogen. Doch wo befindet sich eigentlich die Tasche mit dem besagten Millionengewinn, mit dem alles seinen Anfang genommen haben soll?
Wie schon in „Headhunters“ gerät auch in „Jackpot“ ein Unglücklicher in eine Verstrickung von brutalen Vorkommnissen, doch sind das Milieu und auch die Ausrichtung der Storys der beiden Filme grundverschieden. Martens Film spielt nicht in der kunstbegeisterten Oberschicht, sondern handelt von in ärmlichen Verhältnissen lebenden Kleinkriminellen, die sich um einen gemeinsam ausgefüllten Tippschein streiten. Auch die Szenerie ist um einiges dunkler und dreckiger. Und die Kriminalgeschichte entpuppt sich bald als Aufhänger für schwarzhumorige Blödeleien und abstruse Situationen. Denn ein ums andere Mal wollen Leichen versteckt, Polizisten mit haarsträubenden Geschichten getäuscht oder die übriggebliebenen Tippgemeinschaftsmitglieder gemeuchelt werden. Martens versucht sich an einer Hommage an Quentin Tarantino ("Reservoir Dogs") und Guy Ritchie ("Snatch"). Mit seinen großen Vorbildern mithalten kann er nicht.
Das Verhör Oscars dient als Ausgangspunkt für zahlreiche Rückblenden, in denen die verrückten Vorkommnisse beleuchtet werden, die sich vor dem Massaker im Pink Heaven ereignet haben. Der Hauptverdächtige der Polizei, der als Aufseher in einer Kunststoffweihnachtsbaumfabrik, die nur Ex-Häftlinge beschäftigt, seine Brötchen verdient, scheint dabei einfach an die falsche Tippgemeinschaft geraten zu sein. Oscar hätte sich von vornherein denken müssen, dass mit dem sehr bedrohlichen neuen Arbeiter Billy (Arthur Berning) und dem verschrobenen Mathelegastheniker Thor (Mads Ousdal) nicht zu spaßen ist. Kyrre Hellum („Nord“) stellt Oscar dabei als liebenswerten Verlierertypen dar, der sich trotz seines Einfaltsreichtums nicht aus der Gewaltschlinge freistrampeln kann. Als von sich selbst eingenommener Kommissar gefällt Henrik Mestad („Ein Mann von Welt“), während es Arthur Berning („Cold Prey 3“) und Mads Ousdal („Norwegian Ninja“) mit ihrer übertriebenen Darstellung der psychopathischen Kriminellen etwas zu weit treiben.
Bei all den irren Wendungen wird Plausibilität zur Nebensächlichkeit degradiert und so erscheint der Verbleib einzelner Leichenteile irgendwann beinahe interessanter als die Auflösung des eigentlichen Kriminalplots. Unter anderem ist die Handlung so konzipiert, dass Polizisten und Ex-Polizisten einfach überall nur darauf lauern, Verbrecher auf frischer Tat zu ertappen und dass rötliche Plastikweihnachtsbäume auch aus Leichenteilen hergestellt werden können. „Jackpot“ stützt sich insbesondere auf die skurrilen Situationen und den morbiden Witz, der sich im Zuge von blutigen Morden und Leichenzerkleinerungsaktionen entfaltet, letztlich aber dann zu oft in plumpen Slapstick und ziellose statt subversive Geschmacklosikeiten abdriftet. In den gelungensten Momenten scheint ein wenig vom schwarzen Humor der Coen-Brüder („Fargo“, „A Serious Man“) durch, doch all zu schnell wird dieses verheißungsvolle Licht dann auch wieder erstickt.
Fazit: „Jackpot“ ist eine blutige Gaunerkomödie, die sich als so verschmitzter wie heruntergekommener kleiner Bruder von „Headhunters“ entpuppt. Regisseur Magnus Martens’ absurde Kriminalstory verheddert sich dabei zu sehr in irren Wendungen und gibt dem schwarzhumorigen Spaß zu oft einen lächerlichen Anstrich.