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    Dracula Untold
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Dracula Untold
    Von Christoph Petersen

    Im Jahr 2012 gelang Sherlock Holmes mit 254 Auftritten als am häufigsten in Film und Fernsehen porträtierter literarischer menschlicher Charakter der Sprung ins Guinness Book of World Records. Der Titel für die am häufigsten porträtierte literarische Figur überhaupt ging hingegen an den Vampir Dracula, der sogar stolze 272 Auftritte vorweisen konnte. Es gehört also schon einiges an Mumm dazu, einem neuen Film über den so beliebten Blutsauger ausgerechnet den Titel „Dracula Untold“ zu geben. Aber Regisseur Gary Shore und sein Autoren-Duo Burk Sharpless und Matt Sazama („Gods of Egypt“) vermischen die bekannte Legende durchaus geschickt mit historischen Fakten rund um den transsilvanischen Adligen Vlad Tepes III, dessen Gräueltaten Bram Stoker ja erst zu seinem berühmten Horrorroman inspiriert haben. So entpuppt sich „Dracula Untold“ als tatsächlich frische Mischung aus einer Familientragödie vor dem Hintergrund eines grausamen Krieges und einem epischen Fantasy-Schlachtengemälde in der Tradition der „Herr der Ringe“-Trilogie. Leider führt letztendlich aber schon die allzu knappe Spieldauer dazu, dass der 100-Millionen-Dollar-Blockbuster in beiderlei Hinsicht nur in Ansätzen zu überzeugen vermag.

    Der transsilvanische Prinz Vlad Tepes III (Luke Evans) hat seinem Land eine ungewöhnlich lange Periode des Friedens beschert, als der machthungrige Sultan Mehmed II (Dominic Cooper) von ihm verlangt, 1.000 transsilvanische Jünglinge zur Unterstützung der osmanischen Armee herauszugeben. Was genau das für die Kinder bedeuten würde, davon zeugt der narbenübersäte Körper von Vlad, der die Tortur einst selbst über sich ergehen lassen musste und sich auf den Schlachtfeldern den Beinamen „der Pfähler“ erworben hat. Um seinem eigenen Erstgeborenen Ingeras (Art Parkinson) dieses Schicksal und seiner Frau Mirena (Sarah Gadon) den Verlust eines Sohnes zu ersparen, widersetzt sich Vlad der Forderung und provoziert einen Krieg. Doch die türkischen Truppen sind den transsilvanischen himmelhoch überlegen und so wendet sich Vlad einer uralten düsteren Macht zu, die es ihm ermöglichst, selbst riesige Armeen mit einem einzigen Handstreich zu besiegen. Allerdings muss er nun auch einem immer stärker werdenden Durst nach Menschenblut widerstehen, denn wenn er diesem innerhalb von drei Tagen auch nur einmal nachgibt, dann wird er seine Menschlichkeit für immer verlieren…

    Dieser Dracula ringt nicht nur mit der Frage, welcher holden Maid er als nächstes in den Nacken beißt. Stattdessen legt er aus eigenen Stücken seine Menschlichkeit ab, um weiterhin seine Familie schützen zu können: „Manchmal braucht die Welt keinen weiteren Helden, sondern ein Monster.“ Das ist der tieftragische Kern, den es für ein packendes Epos braucht, aber selbst wenn auf dem Papier alle nötigen Zutaten vorhanden zu sein scheinen, entwickelt die schicksalshafte Wandlung vom liebevollen Vater zum blutdürstenden Monster (und damit von Vlad Tepes zu Vlad Dracula) hier nicht den erwarteten emotionalen Punch. Dafür wird über die entscheidenden Passagen einfach zu rasch hinweggehuscht: Ab und zu sieht man zwar, wie sich Vlad verkneift, einen seiner Mitstreiter oder Widersacher zu beißen, aber wie hart das Ringen um sein letztes Fünkchen Menschlichkeit für ihn wirklich ist, kommt kaum rüber. Und als Vlads Leute mitbekommen, dass ihr Anführer inzwischen ein Vampir ist, holen sie zwar kurz in „Frankenstein“-Manier ihre Fackeln und Mistgabeln raus und formieren sich zum Lynchmob, aber nach einer (zudem wenig überzeugenden) Ansprache ihres untoten Prinzen ist dann auch direkt alles wieder gut.

    Diese Schwächen haben übrigens ausdrücklich nichts mit Luke Evans zu tun. Der vor allem durch seine prominenten Nebenrollen bekanntgewordene Schauspieler (etwa als Bard in der „Hobbit“-Trilogie oder als Bösewicht in „Fast and Furious 6“) beweist in seiner ersten Blockbuster-Hauptrolle nämlich direkt echte Leading-Man-Qualitäten! Selbst wenn er sich allein einer 100.000 Mann starken Armee in den Weg stellt, besitzt er die nötige selbstsichere Ausstrahlung, um das nur scheinbar ungleiche Duell nicht für eine einzige Sekunde lächerlich wirken zu lassen. Die kritischen Stimmen zu seiner Besetzung als Eric Draven im Remake von „The Crow“ sollten nun also endgültig verstummen. An Evans‘ Seite gefällt auch die vielbeschäftigte Sarah Gadon (dies ist nach „Enemy“, „The Amazing Spider-Man 2“, „Dido Elizabeth Belle“ und „Maps To The Stars“ bereits ihr fünfter Kinofilm in einem Jahr), selbst wenn ihre Rolle als liebende Ehefrau weitestgehend darauf beschränkt ist, ihrem Mann unterstützend beizustehen. Eine herbe Enttäuschung ist hingegen Dominic Cooper („Abraham Lincoln Vampirjäger“), der als eroberungswütiger Sultan mit einem verunglückten türkischen Akzent (in der Originalfassung) kaum einen ernstzunehmenden Kontrahenten für Dracula abgibt.

    Dass der Film einen emotional nicht wirklich packt, liegt übrigens nicht daran, dass die Macher lieber auf pure Monumental-Action als auf Drama und Gefühle setzen. Vielmehr kommt bei den stets recht schnell entschiedenen Kampfgetümmeln trotz der gigantischen osmanischen Armee nur selten echtes Epos-Feeling auf. Dafür zeigt Regisseur Shore im Rahmen der Schlachtsequenzen immer wieder kurze inszenatorische Kabinettstückchen, die ziemlich cool aussehen: So gibt es neben dem (schon im Trailer zu sehenden) Fledermausschwarm, den Vlad wie eine gigantische Faust krachend auf das feindliche Heer hinabsausen lässt, vor allem eine düster-verspielte Sequenz aus der Egoperspektive eines Soldaten, der nicht nur von einem Schwert durchbohrt wird und zu Boden geht, sondern anschließend im Sterben liegend auch noch in dem polierten Schwert wie in einem Spiegel mit ansehen muss, wie Vlad hinter ihm weiter seine Kameraden dezimiert.

    Fazit: „Dracula Untold“ ist mit seinen 92 Minuten schlicht zu kurz, um seinen eigenen Ansprüchen voll gerecht werden zu können. Dafür bietet er aber einige außergewöhnliche Fantasy-Schlachtszenen und Luke Evans empfiehlt sich nachdrücklich für weitere Blockbuster-Hauptrollen.

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