Als wichtigste und deutlichste Inspirationsquelle für das Filmschaffen John Woos muss Sam Peckinpah (The Wild Bunch, The Getaway) angesehen werden. Daneben gibt es noch John Ford, David Lean, das amerikanische Kino der Fünfzigerjahre im Allgemeinen, japanische Samurai-Filme und – ganz wichtig – Woos Mentor Chang Che, bei dem Woo das Regie-Handwerk als Assistent erlernt hat. Diesem hat der Zögling mit „Just Heroes“ (der in Deutschland den dämlichen und irreführenden Verleihtitel „Hard Boiled 2“ trägt) einen großen Gefallen getan: Gemeinsam mit Co-Regisseur Wu Ma arbeitete der Kult-Regisseur ohne Gage für das Projekt. Che war zu diesem Zeitpunkt finanziell ruiniert und fungierte bei dem Film als ausführender Produzent, die honorarfreie Partizipation der beiden Regisseure rettete ihn vor dem Bankrott. Heraus gekommen ist ein melodramatischer Mafiafilm des guten Durchschnitts, in dem Intrigen und Plot-Wendungen den Ton angeben. Die Actionszenen – unverkennbar von Woo inszeniert – stehen mehr im Hintergrund als in den anderen Filmen des Hongkong-Filmers.
„Just Heroes“ eröffnet mit einer wilden Schießerei zwischen zwei konkurrierenden Triaden-Clans auf einem Boot, in der Sou (Danny Lee, „City On Fire“, The Killer) als versierter Schütze mit stahlharten Nerven und Kumpeltyp eingeführt wird. Als kurz darauf der Boss von Sous Organisation bei einem Attentat erschossen wird, muss ein Nachfolger gefunden werden. Im Testament des Oberbosses wird Wai (David Chiang) als solcher gewünscht, sehr zum Erschrecken von Tai, der auf einen Platz an der Spitze gehofft hatte. Wai ist mittlerweile allerdings aus dem Triaden-Milieu ausgestiegen und verdient sich sein Geld mit einem Fischereibetrieb – von kriminellen Machenschaften will er nichts mehr wissen. Er schlägt vielmehr den verlässlichen und besonnenen Sou als Ersatzmann vor. Damit ist Tai, der um jeden Preis an die Spitze will, erwartungsgemäß gar nicht einverstanden. Sein naiver Begleiter Jacky (Chow Sing Chi) findet das Übergehen ebenfalls ungerecht und schreitet übermütig zur Tat. Der Großteil des Films besteht nun aus Gesprächen, in denen kräftig spekuliert, intrigiert und dramatisiert wird. Ab und an werden diese allerdings von gnadenlosen Schießereien in bester John-Woo-Manier durchbrochen, bis hin zum bombastischen Finale in einer Villa, das in seiner Intensität an das von A Better Tomorrow 2 erinnert – hoher Bodycount inklusive.
Der Stil von „Just Heroes“ ist recht düster gehalten, mit viel Regen, Nachtszenen und melancholischer Jazz-Musik, was ein bisschen an Ringo Lams Noir-Thriller „City On Fire“ erinnert, der zwei Jahre vorher in den Kinos war. Auf der Darstellerliste finden sich etliche Stars aus den verschiedenen Generationen: Danny Lee, David Chiang, Stephen Chiau, Wu Ma, Ti Lung (in einer kleinen Rolle) und Standard-Fiesling Shing Fui-On. Und trotzdem will der Funke während der dialoglastigen Teile nicht so richtig überspringen, irgendwie ist das alles nicht so überraschend und zu lapidar umgesetzt. Allenfalls die vier Schießereien des Films, vor allem die letzte, können den Zuschauer richtig mitreißen. Die meisterliche Inszenierung derselben von John Woo funktioniert auch in „Just Heroes“ – das Timing ist hervorragend, die Choreographie und der Schnitt sitzen. Wie in den übrigen Filmen des Actionmeisters (zumindest in denen nach 1986) wirken die brutalen Shootouts wie Ballette des Todes, in denen auch mal Blut an die Kameralinse spritzt (das passiert übrigens nur in „Just Heroes“, in den übrigen Woo-Filmen nicht). Es liegt wohl an dem geringen Budget, dass „Just Heroes“ so oft zum Stillstand kommt. „The Killer“ beispielsweise, der wie „Just Heroes“ 1989 in den Kinos anlief, erzählt viel straffer und dynamischer.
Für John-Woo-Kenner wartet der Film mit einigen Selbstzitaten auf. Das deutlichste ist eines aus A Better Tomorrow: Wais Lehrjunge im Fischereibetrieb schwärmt von diesem Film, der übrigens Woos Durchbruch markierte, und möchte gern so sein wie Mark Gor, die Hauptfigur (gespielt von Chow Yun-Fat). Dieses Zitat beschränkt sich zunächst nur auf den Dialog und wird beim blutigen Finale in die Tat umgesetzt, als der Junge Waffen in Blumenkörben versteckt – ganz nach dem Vorbild Chow Yun-Fats in der berüchtigten Racheszene aus „A Better Tomorrow“. Daneben gibt es noch eine Hommage an The Killer und neue Varianten der Stilmittel Woos. Das Chinese Stand Off etwa (zwei oder mehrere Personen zielen mit der Waffe aufeinander) treibt in „Just Heroes“ neue Blüten und wird im Finale innovativ eingesetzt. Und die typischen Rückblenden Woos auf vergangene Ereignisse bleiben ebenfalls nicht aus, genauso wie die Themen (Männer-)Freundschaft, Verrat und Treue, die das gesamte Werk des Filmemachers wie ein roter Faden durchziehen. Die Rolle der Frau bleibt wie gewohnt unterentwickelt – im Gegensatz zu Sam Peckinpah kann Woo nämlich gar nichts mit Frauenfiguren anfangen – seine Geschichten spielen immer in einer Männerwelt.
Alles in allem bleibt ein durchwachsener Gesamteindruck. Während die Umsetzung der Geschichte nicht komplett überzeugen kann und teilweise zu konstruiert und verworren wirkt, bietet „Just Heroes“ eine dichte Film-Noir-Atmosphäre und eine Reihe meisterlicher Actionsequenzen, die Woos großen Einfluss auf das Actionkino augenscheinlich werden lassen und zu dem besten gehören, was dieses Genre zu bieten hat. Allein die ästhetische Wucht derselben lässt das Action-Drama sehenswert werden. So ist „Just Heroes“ keineswegs einer der besten Filme John Woos, kann sich aber dennoch über den Einheitsbrei des Actionkinos hinweg setzen – für Anhänger des Regisseurs ein schöner Zeitvertreib.