Doppelgänger von Prominenten tauchen in der heutigen Medienwelt regelmäßig auf: besonders in Werbespots, TV-Sketchen oder Reportagen. Meistens schmunzelt der Zuschauer kurz, ist verblüfft über die bisweilen frappierende Ähnlichkeit und denkt sich weiter nichts dabei. An den Menschen hinter der Rolle wird kaum ein Gedanke verschwendet, geht es doch zwangsläufig erst einmal nur um die Oberfläche. Doch hinter den Karrieren von Promi-Doubles verbergen sich oft interessante Schicksale und bewegende Geschichten, der Weg von der Anonymität ins Rampenlicht ist schließlich nichts Alltägliches. Douglas Wolfsperger („Der entsorgte Vater") setzt sich in seinem Dokumentarfilm „Doppelleben" mit genau diesen Menschen auseinander, aber er gewinnt dem vielversprechenden Stoff nur wenig Erhellendes ab: Seine unglücklich ausgewählten Interviewpartner haben entweder nichts zu sagen oder desavouieren sich auf unangenehme Weise selbst.
Die als „zweite Merkel" bekanntgewordene Susanne Knoll ist hier die bekannteste Doppelgängerin und steht dementsprechend auch im Mittelpunkt der Dokumentation. Inzwischen hat sie ihre „Rolle" aufgegeben, engagiert sich für die SPD (!) und leitet zusammen mit ihrer Tochter eine Tanzschule. Sie war Gast in diversen Talkshows und drehte sogar ein Musikvideo mit Udo Lindenberg. Neben Knoll kommen einige andere Doppelgänger zu Wort, doch sowohl die Äußerungen von Lothar Wunderlich (ein zweiter Bill Clinton) sowie einer weitere „Angie" namens Marianne Schätzle, bleiben weitestgehend substanzlos.
Anfangs ist die aus Lübeck stammende Susanne Knoll noch eloquent und wirkt regelrecht sympathisch. Zunehmend arten ihre Statements aber in Selbstbeweihräucherung aus und wenn sie stolz verkündet, sich ihre Rücksichtslosigkeit bei der Original-Merkel abgeschaut zu haben, dann wird es regelrecht unangenehm. Zumal Wolfsperger nicht nachhakt und sich für die Implikationen solcher Aussagen kaum zu interessieren scheint. So bekommt man sogar fast Mitleid mit Knolls ehemaligen Manager, der sich über die Arroganz seines einstigen Goldesels beschwert, ansonsten aber großspurig den Weltmann und Zampano gibt. Hier gibt es keine Einsichten zum Thema, sondern höchstens etwas unfreiwillige Komik.
Douglas Wolfspergers Inszenierung ist durchaus souverän, aber sein Stoff reicht so wie er ihn präsentiert nicht für einen abendfüllenden Film. Den zunehmend redundanten Interviews fehlt die Tiefe und die Anreicherung des Geschehens mit Archivaufnahmen und gestellten Szenen beziehungsweise Interaktionen mit Passanten gerät auch eher fade. Denn der vermeintlich lustige Effekt einer von Bodyguards begleiteten falschen Merkel nutzt sich schnell ab. Ebenso plakativ ist die Bebilderung von Lothar Wunderlichs Bericht davon, wie er schriftlich zum echten Clinton Kontakt aufnahm: Mehr als Aufnahmen eines Kulis, der ein Blatt Papier mit übergroßen Buchstaben füllt, fällt Wolfsperger dazu nämlich nicht ein. Übertroffen wird dies nur durch eine Szene, in der sich „Merkel" und „Clinton" in einer Limousine hölzern über Politik unterhalten. Hier wird Material, das für eine 30-minütige Reportage reichen mag, mühsam auf 80 Minuten ausgedehnt.
Fazit: „Doppelleben" hat bis auf einige skurrile Einblicke in einen abseitigen Zweig der Unterhaltungsindustrie wenig zu bieten und bleibt damit ebenso banal und oberflächlich wie das Geschäft mit Äußerlichkeiten, von dem er handelt.