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    Lawless - Die Gesetzlosen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Lawless - Die Gesetzlosen
    Von Carsten Baumgardt

    Harte Männer, harte Sitten, eine harte Zeit: Die US-amerikanische Prohibition der 1930er Jahre bietet immer wieder Stoff für griffige Crime-Dramen. „The Road"-Regisseur John Hillcoat nimmt sich in seinem Gangster-Epos „Lawless" Matt Bondurants Romans „The Wettest Country In The World" an und schildert die kriminelle Auswüchse annehmende Jagd dreier Brüder nach dem amerikanischen Traum. „Lawless" ist ein handwerklich gelungenes Werk, in dem Hillcoat eine ambivalente Auge-um-Auge-Mentalität zelebriert und die bösen Jungs zu Helden stilisiert. Etwas mehr Differenzierung und Feingefühl vor allem bei der Zeichnung der Figuren hätte dem Film dabei gut zu Gesicht gestanden.

    Franklin, Virginia, 1931: Die Brüder Forrest (Tom Hardy), Jack (Shia LaBeouf) und Howard Bondurant (Jason Clarke) verdienen ihr Geld nicht nur mit einem Roadhouse und einer Tankstelle, sondern auch mit der Produktion und dem Schmuggel von Alkohol – bis Bundesagent Charley Rakes (Guy Pearce) auf der Bildfläche erscheint, um dem kriminellen Geschachere, das von der lokalen Polizei protegiert wird, ein Ende zu setzen. Seine Methoden sind dabei genauso brutal wie die der Bondurants. Als er Jack als Warnung an die Familie zusammenschlägt, beginnt ein persönlicher Krieg zwischen Rakes und den Brüdern. Als dann auch noch das hartgesottene Familienoberhaupt Forrest schwer verletzt vorübergehend ausfällt, ergreift der ängstliche Jack die Initiative: Er kooperiert mit dem hochrangigen Mobster Floyd Banner (Gary Oldman), um den Familienbetrieb auf die nächste Stufe der Profitabilität zu stellen. Zugleich versucht er, der scheuen Bertha (Mia Wasikowska) näherzukommen, während die Bondurant-Angestellte Maggie (Jessica Chastain) ein Auge auf Forrest geworfen hat. Rakes lässt indes nicht locker und die Fronten verhärten sich weiter. Ein Showdown ist unvermeidlich.

    Mit John Hillcoat („The Proposition") widmet sich ein Australier einem ur-amerikanischen Thema. Dieser Blick von außen auf ein nationales Drama ist kein schlechter Ansatz, wie die Filmgeschichte immer wieder bewiesen hat. Hillcoat nimmt jedoch unkritisch die Perspektive der Familie Bondurant ein und setzt ihrer brutalen Vorgehensweise keine moralischen Schranken. Ihre Gewalt lässt er vielmehr gleichsam als Selbstverteidigung erscheinen, als den einzigen Weg, um durch harte Zeiten zu kommen. Diese wiederum sind im sehr passend betitelten „Lawless" dadurch gekennzeichnet, dass Ordnungshüter und Verbrecher gleichermaßen gesetzlos handeln. Aber statt den Kreislauf der Gewalt in seiner Tragik und Widersprüchlichkeit zu erfassen, verpasst Hillcoat seinem Film eine (un)moralische Schlagseite und macht Guy Pearce („Memento", „Lockout") als absurd öligen Gesetzesmann Rakes zum abgrundtief bösen Gegenspieler der Bondurants. Die Figur bewegt sich stets hart am Rande der eigenen Karikatur, diese Konstellation fördert nicht gerade die Einsicht in soziale oder politische Zusammenhänge. Da hilft es auch nicht, dass sich die Filmemacher einmal mehr auf wahre Begebenheiten berufen, ein historisch stimmiges Gesellschaftsporträt ist das gewalttätige und eindimensionale Treiben jedenfalls nicht.

    Auch Tom Hardys („Inception") Forrest, der seine Argumente gern mit dem Schlagring untermauert, ist sehr gradlinig gezeichnet, aber die machohafte Präsenz des kantigen Briten sorgt immerhin dann und wann für spannende kleine Widerhaken. Am interessantesten ist jedoch Forrests aufbegehrender kleiner Bruder Jack, den Shia LaBeouf („Transformers") mit viel Gefühl für seine inneren Kämpfe darstellt - er lässt Jack niemals kopflos oder stur wirken. Auch Jessica Chastain („The Tree of Life") und Mia Wasikowska („Alice im Wunderland") reichern die Gangsterballade mit Würde an, sie werden zum emotionalen Anker der Geschichte und stehen für die Hoffnung, dem Strudel von Gewalt und Gegengewalt möglicherweise doch entkommen zu können. Die wird von John Hillcoat, der immerhin auf hippe Regie-Mätzchen verzichtet und eher altmodisch inszeniert, jedoch immer wieder mit brutalem Gemetzel im Keim erstickt. Das alte Western-Motiv des „Last Man Standing" ist dabei allgegenwärtig: Es wird ein mörderischer Cocktail aus Gier und Macht angerührt, der alle Gegenmittel legitim erscheinen lässt.

    Fazit: John Hillcoats rustikale Gangster-Ballade ist ein weitgehend solider Genrebeitrag, der trotz fragwürdiger Einzelheiten immer wieder seine packenden Momente hat.

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