Wenn Schauspieler auf dem Regiestuhl Platz nehmen, darf man oft auf Überraschungen gespannt sein. Das gilt natürlich besonders für große Namen wie Mel Gibson oder George Clooney, die vor und hinter der Kamera für Prestige-Kino von Weltrang stehen. Doch auch Darsteller, die eher für Nebenrollen bekannt sind und oft einen Theaterhintergrund mitbringen, sorgen immer wieder für spannende Seherfahrungen. Egal ob Tim Roths „The War Zone", Gary Oldmans „Nil by Mouth" oder Paddy Considines „Tyrannosaur - Eine Liebesgeschichte" – wer vor der Kamera großer Filmemacher stand, hat sich in der Regel den einen oder anderen Kniff abgeschaut und agiert als Regisseur ebenfalls souverän. Zu den Schauspielern, die schon oft ihr mimisches Talent bewiesen haben, gehört auch der vor allem als vom Pech verfolgter Private Gomer Pyle in „Full Metal Jacket" bekannt gewordene Vincent D'Onofrio. Mit seinem Horror-Musical „Don't Go in the Woods" beweist er uns allerdings, dass die Gleichung nicht immer aufgeht, denn D‘Onofrios Regiedebüt ist komplett misslungen.
Eigentlich wollten die Musiker Nick (Matt Sbeglia), Carson (Bo Boddie), Carlo (Jorgen Jorgensen) und Johnny (Soomin Lee) in der Abgeschiedenheit der Wälder, weit weg von den Zerstreuungen des städtischen Alltags Ruhe und Inspiration für neue Songs finden. Doch selbst nachdem sie ihre Handys zerstört haben, um jede Ablenkung auszuschalten, lacht ihnen die Muse nicht so recht. Als die Band dann auch noch auf eine Gruppe Camperinnen stößt, macht man es sich erst einmal gemeinsam am Lagerfeuer gemütlich. Die mangelnde Kreativität soll jedoch nicht das größte Problem der Teenies bleiben: Ein kranker Killer treibt sich in den Wäldern herum und findet in den Jugendlichen Futter für seine Mordlust. Bald schon artet der Ausflug ins Grüne zu einem Kampf ums nackte Überleben aus.
„Don't Go in the Woods" lässt sein Publikum ratlos zurück. Und das nicht etwa weil absichtsvoll viele Fragen unbeantwortet bleiben, sondern weil sich partout nicht erschließt, warum Vincent D'Onofrio hier den Regiejob übernommen hat. Als Schauspieler stand er vor der Kamera von Legenden wie Stanley Kubrick („Full Metal Jacket"), Oliver Stone („JFK"), Kathryn Bigelow („Strange Days") oder Tim Burton („Ed Wood"), und auch im Fernsehen ist er mit „Criminal Intent" inzwischen erfolgreich, ganz zu schweigen von seiner Arbeit am Theater. Warum so jemand seinen Namen und seine Zeit für einen Film opfert, der wirkt, als wäre er die missratene Abschlussarbeit einer Amateur-Video-AG ist ein Rätsel. Das Geschehen tölpelt über 83 Minuten Laufzeit förmlich dahin, ohne dass für eine Sekunde Spannung aufkommen würde; auch von einer sinnvollen Dramaturgie fehlt jede Spur. Konnte oder wollte der begabte Mime D'Onofrio seinen jungen Darstellern keine brauchbare schauspielerische Leistung entlocken? Fragen über Fragen...
Eine Band, die sich im Wald verirrt, das scheint zunächst eine ganz passable Idee zu sein, zumal Musiker ja oft zur Extravaganz neigen und potentiell interessante Persönlichkeiten sind. Nun kann man natürlich nicht erwarten, dass man es gleich mit super-schmierigen Charismatikern wie Tom Cruise in „Rock of Ages" zu tun bekommt, doch die „Musiker" die hier auftreten, spotten jeder Beschreibung. Zu den vielen Rätseln in „Don't Go in the Woods" gehört deshalb auch die Frage, warum die Handlung immer wieder für ausufernde und quälende Jam-Sessions unterbrochen wird. Erste Gesangsversuche offenbaren bereits auf der Hinfahrt einen sehr gewöhnungsbedürftigen Vortragsstil und so hält sich das Mitleid mit den Bandmitgliedern auch in engen Grenzen, wenn der Meuchelmörder seine Runden macht.
Warum hier die Handys, die man gleich zu Hause hätte lassen können, mit der Axt kleingeschlagen werden und warum einer der Jungmusiker diese Gelegenheit gar nutzt, um gleich noch seinen linken Schuh zu zerhacken, auch das bleibt ein Geheimnis. Das Drehbuch scheint niemand ernsthaft gelesen zu haben und die Besetzung der Schauspieler ist offenbar nach dem Zufallsprinzip erfolgt - eine Sternstunde des Horrors ist „Don't Go in the Woods" wahrlich nicht. Als Highlights sind allein die hübsch ekligen Splatter-Effekte zu erwähnen, vor allem aber der unfreiwillige Humor, der in der bierseligen Atmosphäre eines DVD-Abends durchaus für Heiterkeit sorgen könnte. Aber was sich wer bei diesem Film gedacht hat, das lässt sich auch mit ordentlich Alkohol im Blut kaum beantworten.
Fazit: „Schuster bleib bei deinen Leisten", möchte man Regisseur Vincent D'Onofrio zurufen, dessen Talent als Darsteller seit langem unbestritten ist. Sein Debüt hinter der Kamera geht nämlich gründlich daneben, denn das Horror-Musical „Don't Go in the Woods" ist weder gruselig noch musikalisch.