Mein Konto
    Wader Wecker Vater Land
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Wader Wecker Vater Land
    Von Michael Smosarski

    Entlang der Biographie der Liedermacher-Urgesteine Hannes Wader und Konstantin Wecker ließe sich ein guter Teil der (west-)deutschen Polit- und Kulturgeschichte in überlebensgroßen Bildern erzählen: Die 70er Jahre repräsentiert durch den früheren RAF-Sympathisanten Wader, die dekadenten 80er durch den Lebemann Wecker und seine Kokain-Eskapaden. Es ist Filmemacher Rudi Gaul hoch anzurechnen, dass er in seiner Dokumentation „Wader Wecker Vater Land" auf eben dieses bundesdeutsche Geschichtspanorama und -pathos verzichtet und sich stattdessen auf die Persönlichkeiten hinter den Bühnenfiguren konzentriert. Gelungen ist ihm so ein intimes Porträt zweier Charakterköpfe, das sich durch filmisches Feingefühl und viel Gespür für besondere Momente auszeichnet.

    Hannes Wader und Konstantin Wecker, zusammen auf der Bühne? Eigentlich undenkbar. Zu unterschiedlich die Musik der beiden, zu verschieden ihre Charaktere. Allerdings eint sie der gleiche politische Anspruch, und so wagen sie das Experiment, gemeinsam auf Tour zu gehen. Rudi Gaul dokumentiert die Annäherung der beiden und blickt nebenbei auf die Karrieren zweier Männer zurück, die Jahrzehnte deutscher Politagitation geprägt haben. Die ersten Szenen des Films irritieren und sind doch tonangebend für die nachfolgenden 90 Minuten: Gaul zeigt Wader und Wecker im Zug, unterwegs zum nächsten Konzert, doch wie zwei arrivierte Musiker wirken die beiden nicht – eher wie gutbürgerliche Erste-Klasse-Reisende, gekleidet in Sandalen und unförmige Hemden.

    Umso spannender ist es, Gauls behutsame filmische Annäherung mitzuverfolgen, die eben jene Wandlung der einstigen Enfants Terribles zu gemäßigten Familienvätern plausibel erscheinen lässt. Erst spät widmet sich „Wader Wecker Vater Land" dabei den biographischen Tiefpunkten der beiden, der Verhaftung Waders im Zuge der RAF-Strafverfolgung und dem Kokainmißbrauchs Weckers. Sensationslüstern ist das nicht, vielmehr Mittel zum Zweck, um die Protagonisten im Hier und Jetzt begreifbar zu machen.

    Hervorzuheben ist auch die Art und Weise, in der Gaul und Kameramann Michael Hammon die Bühneninteraktion von Konstantin Wecker und Hannes Wader aufzeichnen. Immer dezent, ohne dabei jedoch den Blick fürs Dramaturgische zu verlieren, wechseln sie Perspektiven und Einstellungen und arbeiten genüsslich die Unterschiede zwischen den beiden Bühnenpersönlichkeiten heraus: Auf der einen Seite Wecker, die Rampensau mit dem Faible für die große Geste, auf der anderen Seite Wader, immer etwas spröde und trotz all seiner Erfahrung immer noch nervös.

    Humorvolle Szenen ergeben sich dabei fast wie von selbst, am amüsantesten fasst jedoch ein Mitmusiker den Wacker-Wecker-Wanderzirkus zusammen, wenn er frotzelt, ohne die politischen Kommentare könnten die Leute ebensogut zu einem Brunner-&-Brunner-Konzert gehen. Es ist unter anderem dieser Sinn für Komik, der „Wader Wecker Vater Land" zu einem sehenswerten Film macht, selbst wenn man die Musik der beiden mit ihrer Schlager-Färbung nicht mag.

    Fazit: „Wader Wecker Vater Land" ist ein unprätentiöses und sensibles Musikerporträt, mit dem Rudi Gaul den richtigen politischen und historischen Ton trifft und seinen beiden Protagonisten so ganz nahe kommt.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top