Als 2009 „Gran Torino" in den Kinos lief, verkündete der damals 78–jährige Clint Eastwood, dass der bärbeißige Walt Kowalski seine letzte Rolle als Schauspieler sei und er in Zukunft nur noch hinter der Kamera arbeiten werde. Aber es heißt nicht umsonst „Sag niemals nie", denn nun kehrt Eastwood doch auf die Leinwand zurück. Sein Schauspiel-Comeback ist ein Freundschaftsdienst für seinen langjährigen Produktionspartner und Mitarbeiter Robert Lorenz („Mystic River", „J. Edgar") und für dessen Regiedebüt ist Eastwood tatsächlich eine ebenso naheliegende wie treffende Besetzung. Als alternder Baseball-Scout Gus Lobel, den die Augen allmählich im Stich lassen und der einer vergangenen, vermeintlich besseren Zeit verhaftet bleibt, gibt der Veteran letztlich eine routinierte Variation von Walt Kowalski und anderer „Dinosaurier"-Rollen zum Besten. Das allein gibt Eastwoods treuen Fans einen Grund zur Freude, aber das im besten Sinne altmodische Vater-Tochter-Drama „Back in the Game" ist auch ein Film ganz im Geiste der Regie-Werke des Altmeisters: Es wird mit viel Ruhe erzählt, der Fokus liegt auf den Figuren und ihren Beziehungen. Das nutzt vor allem die wunderbare Amy Adams („Die Muppets", „The Master") als Eastwoods Filmtochter zu einer eindrucksvollen Darbietung.
Gus Lobel (Clint Eastwood) arbeitet schon seit Jahrzehnten als Talentbeobachter für den Baseball-Verein Atlanta Braves. Dabei verlässt er sich auf seine legendäre Spürnase und hält nichts von neumodischen Hilfsmitteln wie der Computer-Analyse. Seinem jungen Kollegen Phillip Sanderson (Matthew Lillard) sind Gus‘ altmodische Methoden ein Dorn im Auge und er wartet nur darauf, dass der Ältere einen Fehler macht. Unterdessen macht sich Gus‘ Chef und Freund Pete Klein (John Goodman) Sorgen um seinen alten Kumpel und bittet dessen Tochter Mickey (Amy Adams) um Unterstützung. Die erfolgreiche Anwältin steht gerade kurz vor einer Partnerschaft in ihrer Firma und hat sowieso ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater, dennoch folgt sie Gus nach North Carolina. Dorthin wurde er geschickt, um den hochgehandelten jungen Schlagmann Bo Gentry (Joe Massingill) unter die Lupe zu nehmen. Der alte Mann hat mit seiner nachlassenden Sehkraft zu kämpfen, dennoch will er sich zunächst nicht helfen lassen...
Die politischen Ansichten des Erz-Individualisten Clint Eastwood sind nicht erst seit seinem unglückseligem Auftritt beim Nominierungsparteitag der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl 2012, wo er auf geschmacklose Weise mit Barack Obama abrechnete, kein Geheimnis mehr, schließlich spiegeln auch seine Filme seine Überzeugungen oft durchaus wider. So ist das wichtigste Merkmal der allermeisten Eastwood-Figuren nicht zufällig ihr Einzelgängertum, das galt schon für Dirty Harry und den Mann ohne Namen. Und es gilt auch für Gus Lobel in „Back in the Game", doch dem fehlt nicht nur die mythische Dimension, sondern auch weitgehend die Star-Aura. Gus Lobel ist gerade im Vergleich zum ungleich ambivalenteren Walt Kowalski aus „Gran Torino" eine extrem einfach gestrickte Figur: Sein Leben ist Baseball, daneben interessiert ihn wenig. Einem ernsthaften Gespräch mit seiner Tochter geht er auf geradezu kindische Weise aus dem Weg, Neuem steht er ablehnend gegenüber (er wühlt sich lieber durch Dutzende Zeitungen statt das „Interweb" für seine Arbeit zu nutzen), guten Rat nimmt er nicht an und ein Hamburger schmeckt ordentlich verbrannt am besten. Kurz: Er ist ein störrischer, aber harmloser und im Grunde gutmütiger alter Esel. So inszeniert ihn Lorenz und so spielt ihn Eastwood: Wenn er blind wie ein Maulwurf durch die Gegend stolpert, dann sind wir von den Helden der Vergangenheit weit entfernt.
Neben der zwar sehr vergnüglichen, aber auch arg generischen Konfrontation zwischen Tradition und Erneuerungswillen, Instinkt und Informatik („Back in the Game" ist so auch ein interessantes Gegenstück zu „Moneyball"), Spiel und Business, die in verächtlichen Dialogen zwischen Gus und Matthew Lillards („Scream") arrogant-verständnislosem Phillip Sanderson ausgetragen wird, steht in „Back in the Game" klar die Beziehung zwischen Vater und Tochter im Mittelpunkt. Eastwood war noch nie ein eitler Schauspieler und auch hier tritt er in den gemeinsamen Szenen gegenüber seinem Co-Star Amy Adams zurück. In seiner mal verkniffenen, mal unbeholfenen Unzugänglichkeit wirkt er normal wie nie, während Adams‘ Mickey (benannt nach Baseballlegende Mickey Mantle) sich förmlich abrackert, um seine Aufmerksamkeit und Zuwendung zu gewinnen. Wie sie dabei zwischen der eigenen Karriere, einer zarten Romanze mit dem Ex-Baseballer Johnny (Justin Timberlake, der einige schöne Szenen mit ihr und auch mit Eastwood teilt) und der alten Liebe zum Spiel hin- und hergerissen wird, das ist in Adams‘ lebendiger Darstellung das wahre Ereignis dieses Films. Die Schauspielleistungen sind es auch, die Robert Lorenz‘ Regiedebüt zum Erfolg machen, auch wenn gesagt werden muss, dass sein Inszenierungsstil im Gegensatz zu Eastwoods eigener natürlich fließender Erzählweise als Regisseur etwas betulich und uninspiriert wirkt.
Fazit: Clint Eastwood kehrt vor die Kamera zurück, aber in diesem altmodisch erzählten Vater-Tochter-Drama stiehlt ihm Amy Adams die Schau.