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    Die Köchin und der Präsident
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Köchin und der Präsident
    Von Lars-Christian Daniels

    Altbundeskanzler Helmut Kohl war bekannt für seine Schwäche für Pfälzer Saumagen, Gerhard Schröder aß zu Amtszeiten am liebsten Currywurst und Angela Merkel liebt Grünkohleintopf mit Mettwurst: Es müssen nicht gleich Fünf-Gänge-Menüs und Sterneköche sein, um die Gaumen einflussreicher Politiker zufriedenstellen. Einen weiteren Beleg dafür liefert der französische Filmemacher Christian Vincent in seiner auf einer wahren Begebenheit beruhenden Komödie „Die Köchin und der Präsident": Der namenlose – jedoch unverkennbar an François Mitterand angelehnte – Präsident Frankreichs, entdeckt die Liebe zur Hausmannskost und lässt sich im Elysée-Palast nach Herzenslust bekochen. Vincent bietet appetitanregende Bilder und punktet mit einem hohen Feel-Good-Faktor, bewegt sich dramaturgisch aber in arg konventionellen Bahnen.

    Spitzenköchin Hortense Laboire (Catherine Frot) hat sich mit ihrem kleinen Restaurant in der französischen Provinz einen guten Namen gemacht, der weit über die Grenzen der Region hinausreicht. Der Ruf ihrer Küche verbreitet sich bis in den Elysée-Palast, von dort bekommt sie das Angebot, als persönliche Köchin für den französischen Präsidenten (Jean D'Ormesson) zu arbeiten. Trotz einiger Bedenken, das kulinarisch verwöhnte Staatsoberhaupt mit ihrer auf Hausmannskost basierenden Küche womöglich zu enttäuschen, sagt Hortense zu. Sie zieht nach Paris und wirbelt die männerdominierte Staatsküche mit ihrer eigenwilligen Art und der Unterstützung ihres talentierten Assistenzkochs Nicolas Bauvois (Arthur Dupont) gehörig durcheinander. Mit durchschlagendem Erfolg: „Le Président" ist begeistert von ihren Gerichten, erinnern diese ihn doch an fast vergessene Kindheitstage. Mit ihren Menükreationen bringt Hortense allerdings den Leiter der Zentralküche, Pascal Lepiq (Brice Fournier), gegen sich auf und mit ihrer Auswahl erlesener Zutaten droht sie das Budget zu sprengen...

    Wer beim Kinobesuch von „Die Köchin und der Präsident" mit knurrendem Magen den Saal betritt, sei an dieser Stelle eindringlich gewarnt: Trotz der nicht allzu langen Laufzeit von 95 Minuten wird der Verbleib im Kinosessel angesichts der kulinarischen Köstlichkeiten, die Hortense dem Präsidenten auftischt, für den hungrigen Zuschauer zur reinsten Tortur. Rinderfilet im Salzmantel, mit Lachs gefüllte Wirsingblätter, fein geschnittene Trüffel auf Toast – die appetitanregenden Aufnahmen der Leckereien von Kameramann Laurent Dailland („Das Konzert") lassen einem förmlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Hortense serviert dabei keineswegs Kreationen, bei denen man das wenige Essen auf dem Teller erst suchen muss, sondern agiert als menschliches Pendant zur kochenden Ratte Rémy aus Pixars „Ratatouille": Sorgfältig ausgesuchte Zutaten, die sie bei langjährigen Lieferanten ordert und das Zusammenspiel der Aromen gehen der leidenschaftlichen Köchin über alles. Ihre Portionen sind stattlich, auf unnötigen Schnickschnack wird verzichtet.

    Anders als in vergleichbaren Komödien wie „Rezept zum Verlieben" oder „Bon Appétit" verzichtet der französische Filmemacher Christian Vincent, der sich mit „Die Köchin und der Präsident" nach sechsjähriger Schaffenspause zurückmeldet, erfreulicherweise auf die fast obligatorische Romanze der Protagonistin. Stattdessen konzentriert er sich auf die ungewöhnliche Beziehung des Präsidenten zu seiner neuen Vertrauensköchin, ohne sie allzu sehr zu romantisieren. In einer der stärksten Szenen des Films stattet das alternde Staatsoberhaupt, von Jean D'Ormesson (Schauspieldebüt mit Mitte 80!) mit vereinnahmendem Charme gespielt, Hortense einen abendlichen Besuch in der Küche ab, fachsimpelt in aller Ruhe über Rotwein und knabbert dabei genüsslich an einer Scheibe Trüffeltoast. Zugleich steht diese wenig überraschende Stippvisite aber exemplarisch für das viel zu konventionell ausgerichtete Drehbuch des Films: Nicht zuletzt, weil Christian Vincent das Geschehen im Palast parallel zu Hortenses vier Jahre späterem Leben als gefeierte Köchin auf einer Antarktisinsel montiert, bleibt das Geschehen in Paris jederzeit vorhersehbar.

    Auch die Nebencharaktere fallen alles andere als originell aus: Der anfangs noch argwöhnische, aber herzensgute Einweiser Jean-Marc (Jean-Marc Roulot), der unterwürfige, aber talentierte Gehilfe Nicolas, die feindliche Fraktion aus der Zentralküche, der Hortense ihr Revier streitig macht, und nicht zuletzt der übertrieben sympathische, humorvolle Präsident, der sich trotz seines prall gefüllten Terminkalenders nach Belieben Zeit für seine Angestellten nimmt und auf seinen strengen Diätplan pfeift: Das alles gab es im Kino in ähnlicher Form schon unzählige Male und liefert kaum einmal einen überraschenden Dialog. Hinzu kommt ein holprig konstruiertes Drehbuch: Sorgt sich Hortense zu Beginn noch um ihren dementen Onkel, den sie allein in der Provinz zurücklässt, spielt dieser nach ihrer Ankunft im Palast plötzlich keine Rolle mehr. Stattdessen hämmern die Filmemacher einen halbgaren Handlungsstrang um ein zweiköpfiges Kamerateam in den Plot, das eine Dokumentation über Hortense und ihre Zeit in der Präsidentenküche drehen soll. Mit solchen unnötigen Abzweigungen missachtet Christian Vincents Komödie letztlich selbst das Grundprinzip seiner Protagonistin: Sich nicht in Nebensächlichkeiten zu verlieren sondern den Fokus auf das wesentlich zu legen.

    Fazit: Mit „Die Köchin und der Präsident" inszeniert Christian Vincent eine appetitanregende, aber letztlich harmlose Komödie, die frische Ideen über weite Strecken schuldig bleibt.

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