Ist Geld nun die Lösung aller Probleme oder doch eher der Ursprung allen Übels? Mit dieser im Verlauf der Menschheitsgeschichte genauso endlos wie ergebnislos diskutierten Frage beschäftigt sich Regisseurin Ayse Polat in „Luks Glück" – und zwar am Beispiel einer türkischen Familie, deren gemeinsamer Lottogewinn vom Segen zum Fluch wird. Das ist weder originell noch tiefgründig. Denn letzten Endes sollte es bei der schwierigen Suche nach einem Platz im Leben darum gehen, seelische und materielle Notwendigkeiten auszubalancieren, statt lediglich einen Gegensatz zwischen Liebe und Geld zu predigen. Aufgrund sympathischer Darsteller und Polats weisem Verzicht auf Culture-Clash-Klischees ist der jungen Regisseurin mit „Luks Glück" aber dennoch eine solide und weitestgehend unkompliziert unterhaltsame Familienkomödie gelungen.
Für seine Familie ist Luk (René Vaziri) eine Enttäuschung: kein Job, kein Geld, nicht mal eine Frau. Da kommt ihm der Lottogewinn der familiären Tippgemeinschaft gerade recht. Schade nur, dass seine Eltern (Sumru Yavrucuk und Sinan Bengier) schon ganz eigene Pläne haben und in ein Hotel in der Türkei investieren wollen. Luk selbst würde viel lieber mit seiner Flamme Gül eine CD aufnehmen, somit ihr Herz erobern und endlich zu Ruhm und Ehre gelangen. Sein in der Türkei lebender Cousin Cem (Kida Khodr Ramadan) soll ihm bei der Umsetzung dieser Idee helfen. Doch kann er ihm wirklich trauen? Und ist Wohlstand wirklich der einzige Weg zum Ziel?
Mit René Vaziri hat Polat eine ideale Besetzung für den gescheiterten jungen Erwachsenen, der selbst nicht ganz begreift, warum ihm sein Leben durch die Finger gleitet, gefunden. Schon in der ersten Szene, in der Luk den Korb einer Chat-Bekanntschaft verkraften muss, zielen die Regisseurin und ihr Hauptdarsteller ganz auf das für den Film grundlegende Mitgefühl für ihren Protagonisten ab. Doch nach rund einer Stunde hat man sich schlichtweg sattgesehen an Vaziris trauriger Miene. Irgendwann fällt es doch störend auf, dass der Protagonist als einziger nicht zu begreifen scheint, worauf seine vollkommen vorhersehbare Liebes- und Leidensgeschichte hinausläuft. Immerhin ist das Ganze liebevoll in Szene gesetzt, aber letztendlich präsentiert Polat hier kaum mehr als die altbekannte Mär von der Nichtigkeit materieller und der Bedeutung innerer Werte.
Kameramann Patrick Orth liebäugelt dabei stets mit Bildschirmen, Spiegeln und anderen reflektierenden Oberflächen. Sollen diese Effekte Luks Traumwelt verdeutlichen, seine mangelnde Bodenhaftung und Naivität ausdrücken? Mal gelingt alleine durch die Bildsprache durchaus eine treffende Verdammung des Mammons, ein anderes Mal wirken Orths überhöhte Kompositionen schlicht selbstzweckhaft. Über diese ästhetische Unausgewogenheit helfen die Darsteller und die Figurenzeichnung jedoch recht gut hinweg, denn sympathisch sind die strebsamen Familienmenschen in „Luks Glück" allemal. Neben Vaziri ragt besonders Nebendarsteller Kida Khodr Ramadan („Kebab Connection") hervor, dessen Figur des listigen Cousins Cem für einen Großteil des Humors verantwortlich ist. Mit der talentierten Aylin Tezel („Almanya – Willkommen in Deutschland") wiederum kommt ein schräger Kontrast in den Film: Ihre kräftige Gesangsstimme, die eigentlich von der türkischen Sängerin Şevval Sam stammt, will einfach nicht zu ihrem zarten Erscheinungsbild passen.
Nichtsdestotrotz gehört die Musik zu den Stärken von „Luks Glück". Die Verbindung folkloristischer und moderner Klänge in Luks Musikprojekt ist ein Bild für die Bemühungen der jungen deutsch-türkischen Generation, sich der westlichen Kultur anzuschließen, ohne die Verbindung zu ihren traditionellen Wurzeln zu kappen. So positioniert Polat „Luks Glück" in der Reihe der Filme, die sich mit dem Generationenkonflikt in türkischen Gastarbeiterfamilien in Deutschland beschäftigen. Während sie die Klamaukfalle dabei erfolgreich umtänzelt, gelingt es der Botschafterin der etwas naiv beworbenen inneren Werte jedoch nicht, zu Vorgängern wie etwa „Almanya - Willkommen in Deutschland" aufzuschließen.
Fazit: Trotz einer ausgesprochen vorhersehbaren und pädagogisch überambitionierten Handlung bietet Ayse Polats „Luks Glück" sommerlich-milde und humorvoll-sympathische Komödienunterhaltung.