Mit „Rabies" steht der erste Slasher-Film aus Israel überhaupt auf dem Programm des Fantasy Filmfests 2011. Und dieser ist beileibe nicht nur Genre-Stangenware. Zwar arbeitet das Regie- und Autorenduo Aharon Keshales und Navot Papushado die klassischen Regeln des Genres in bester B-Movie-Manier ab. Dies geschieht aber nur, um den Horror anschließend an ganz anderer Stelle losbrechen zu lassen. So wartet auch „Rabies" mit aufreizend gekleideten Teenagern und einem finsteren Setting auf, in dem ein blutrünstiger Killer sein Unwesen treibt - das war es aber auch schon mit den üblichen Zutaten, denn das Geschehen schlägt in der Folge immer wieder originelle Haken. Häufig genug erkaufen sich die beiden Filmemacher diese Überraschungseffekte aber durch den bloßen Zufall und auch die Qualität der Bilder kann über weite Strecken nicht überzeugen.
Ofer (Henry David) und seine Schwester Tali (Liat Har Lev) sind aus ihrem reichen Elternhaus geflüchtet und irren nachts durch einen Wald, als Tali plötzlich in die Falle eines Killers (Yaron Motolla) tappt. Bei dem Versuch seine Schwester zu befreien, kommt Ofer vermeintlich ums Leben. Am nächsten Morgen durchstreift der Wildhüter Menashe (Menashe Noy) mit seinem Hund den Wald. Gleichzeitig kommt eine vierköpfige Gruppe Tennisspieler vom Weg ab und verfranzt sich ebenfalls im Dickicht. Als die Gruppe dann auch noch den verletzten Ofer anfährt, der sich noch immer auf der Suche nach seiner Schwester befinden, bieten zwei Jungs der Gruppe ihre Unterstützung bei der Suche nach Tali an. Die Mädchen bleiben indes beim Auto zurück und alarmieren die Polizei. Als mit Danny (Lior Ashkenazi) und Yuval (Danny Geva) schließlich zwei Polizisten eintreffen, bricht schnell Chaos los: Die verschiedenen Gruppen stoßen aufeinander, Verwechslungen bleiben nicht aus und bald schon kommt zu den ersten Todesfällen – dabei vergessen die Beteiligten fast, dass auch der echte Killer noch irgendwo da draußen lauert...
Die fast völlige Leinwandabwesenheit des Killers markiert nur eine von vielen Überraschungen, die Aharon Keshales und Navot Papushado für ihr Publikum bereithalten. Schon in der ersten Szene, die Tali in der Falle des Mörders zeigt, wird der Zuschauer auf eine falsche Fährte gelockt. Hier bedienen sich die Filmemacher stilistisch beim Torture Porn vom Schlage eines „Hostel" und man erwartet explizite Bilder. Schon in den nächsten Szenen steht dann aber urplötzlich der Schäferhund des Wildhüters im Zentrum der Aufmerksamkeit – und auch hier scheint es erst einmal keinen Zweifel zu geben: Das Tier spielt eine zentrale Rolle, schließlich heißt „Rabies" übersetzt nicht weniger als „Tollwut"! Doch dann entpuppt sich auch das als Finte und das Rätselraten beginnt von Neuem. Wer hier wen, wann und warum tötet, ist nie vorhersehbar. Sicher scheint nur, dass in sämtlichen Figuren ein nicht unerhebliches Gewaltpotenzial schlummert, das sich bei kleinsten Anlässen entladen kann. Wenn es darum geht, mit den Sehgewohnheiten seines Publikums zu spielen, überzeugt „Rabies" also auf ganzer Linie. Vor diesem Hintergrund inszenieren Keshales und Papushado zwei großartige Momente, für die es zu Recht Szenenapplaus hagelte.
Die Inszenierung des Katz-und-Maus-Spiels wirkt hingegen über weite Strecken holprig. So springen die Regisseure immer wieder recht willkürlich zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her, die Beweggründe der Akteure bleiben meist uneinsichtig. Ein Interesse an deren Schicksal kann so gewiss nicht aufkeimen. Aber auch die Bildqualität ist ein Manko, krankt sie doch am geringen Budget. So ist beispielsweise ein Großteil des Materials viel zu stark belichtet. Zwar trägt der Amateurcharakter der Aufnahmen auch immer wieder zum Charme von „Rabies" bei, auf Dauer leidet aber die Atmosphäre. Die Splatter- und Schockeffekte sind hingegen überraschend professionell umgesetzt, was man so wohl nicht unbedingt erwartet hätte.
Fazit: Mit „Rabies" legen die israelischen Regisseure Aharon Keshales und Navot Papushado ein solides Horror-Debüt vor, dessen gewitztes Spiel mit den Genre-Regeln einige inszenatorische Schwächen verschmerzen lässt.