Wer kennt das nicht? Übervoll mit Plänen und Projekten, Arbeiten und Terminen reichen die 24 Stunden eines Tages oft nur für das Dringende, nicht aber für das wirklich Wichtige. Ständiger Stress gehört ebenso zum vermeintlich zeitgemäßen Großstadtmenschen wie das niemals abgeschaltete Smartphone. Die Ansprüche, die wir selbst und andere an uns stellen, sind bei genauerer Betrachtung viel zu oft absurd hoch - das gilt in besonderem Maße für berufstätige Mütter, der Spagat zwischen Kindern und Karriere ist für sie häufig eine fast übermenschliche Herausforderung. Da kommt eine Prise Hollywood-Optimismus gerade recht: Mit der Komödie „Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum" nach dem Bestsellerroman von Allison Pearson setzt Regisseur Douglas McGrath den arbeitenden Müttern ein ebenso amüsantes wie verständiges Denkmal.
Kate Reddy (Sarah Jessica Parker) ist eine erfolgreiche Investment-Managerin und zugleich die Mutter zweier kleiner Kinder. Zwar wird sie von Ehemann Richard (Greg Kinnear) nach Kräften unterstützt, aber der Architekt ist beruflich ebenfalls voll eingespannt – so liegt Kate nachts oft noch eine Weile wach und erstellt im Kopf To-Do-Listen, um die vielfältigen Anforderungen ihres Alltags unter einen Hut zu bekommen. Die Balance zwischen Karriere und Familie gelingt ihr ganz gut, bis sie eine einmalige berufliche Chance bekommt. Um diese Gelegenheit wahrzunehmen, muss sie regelmäßig zwischen Boston und New York pendeln, wo sie mit einem ihrer Chefs, Jack Abelhammer (Pierce Brosnan), an ihrem Konzept für einen neuen Investmentfonds arbeitet. Die ständigen Last-Minute-Trips bringen Kates Familienleben aus dem Gleichgewicht und zu allem Überfluss zeigt der überaus charmante Jack bald mehr als nur berufliches Interesse an Kate...
Sarah Jessica Parker wird im Bewusstsein der Zuschauer wohl immer mit ihrer Paraderolle in der Hitserie „Sex and the City" verbunden bleiben. Als modebewusste Kolumnistin Carrie Bradshaw nahm sie die Dating-Rituale der New Yorker Society-Singles unter die Lupe, genoss ihre Unabhängigkeit und träumte zugleich von Mr. Right. Kate in „Working Mum" ist nun fast so etwas wie eine Fortführung von Carrie unter erschwerten Umständen. Weiterhin geht es darum, beruflichen Erfolg und ein erfülltes Privatleben zusammenzubringen, aber aus der Stilikone mit dem Schuhtick von einst ist eine müde Pragmatikerin geworden, die sich mit Läusen angesteckt hat. Parker ist als Kate immer noch schick und versprüht immer noch die etwas hibbelige Energie von früher, die Anstrengungen ihres doppelbelasteten Lebens stehen ihr dabei allerdings ins Gesicht geschrieben.
Wenn Kate spät nachts einen im Laden gekauften Kuchen mit Messer und Puderzucker malträtiert, damit er beim Süßwaren-Verkauf in der Vorschule der Tochter als selbstgebacken durchgeht, bringen Regisseur McGrath und seine Drehbuchautorin Aline Brosh McKenna („Der Teufel trägt Prada) das Dilemma der Powerfrau auf den Punkt, die einen großen Teil ihrer Energie darauf verwendet, es anderen recht machen zu wollen. So will sie sich vor den vermeintlichen Super-Müttern um Wendy Best (Busy Philipps) genausowenig eine Blöße geben wie vor ihrem Chef Clark (Kelsey Grammer), der immer wieder fast Unmögliches von ihr erwartet. Kate sagt im Off-Kommentar einmal selbst, dass nur ihr zweijähriger Sohn sie bedingungslos liebe – mit ihm fühle sie sich wie ein Filmstar in einer Welt ohne Kritiker. Alle anderen stellen Forderungen an sie und Kate muss erst lernen, die wichtigen (mit der Tochter einen Schneemann bauen) von den weniger wichtigen (Verhandlungstermin am Wochenende statt am Montag) Erwartungen zu unterscheiden.
Douglas McGrath hat schon mit seiner Jane-Austen-Verfilmung „Emma" und mit seinem Schriftsteller-Drama „Kaltes Blut" gezeigt, dass er sich auf die Feinheiten gesellschaftlicher Sitten und Regeln versteht, und hier beweist er erneut sein Gespür für die unterschwelligen sozialen Zusammenhänge. In immer wieder eingestreuten interviewartigen Szenen bringt er die Eigenheiten unserer Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft mit leichter Hand und satirisch überspitzt auf den Punkt: Die karrierebessene Assistentin Momo (Olivia Munn) pflegt eine regelrechte Kinderphobie, die beste Freundin Allison („Mad Men"-Star Christina Hendricks) seziert das Verhältnis von Männern und Frauen am Arbeitsplatz in beißenden Worten und Kates Kollege Chris Bunce (Seth Meyers), seines Zeichens vierfacher Vater, erweist sich als ein wunderbar unverblümter Opportunist, der für Familienprobleme nur ein Schulterzucken übrig hat und auf einen Ausrutscher der Konkurrentin wartet. Er gönne Kate ihren Erfolg wirklich sehr, nur nicht so sehr wie die anderen...
Komplettiert wird die Darstellerriege vom bewährten Sympathieträger Greg Kinnear („Besser geht's nicht") als Kates Ehemann und von Ex-James Bond Pierce Brosnan in einem zugleich coolen und romantischen Part als schlagfertiger Chef und empfindsamer Witwer, der sich in Kate verliebt. Keine der Figuren wird zur Karikatur und selbst der egoistische Bunce ist nicht ganz unsympathisch - so helfen die Schauspieler über einige etwas formelhafte Momente der Handlung hinweg. Die sehr offensichtlich eingefädelte Verwechslung zweier E-Mail-Adressen oder auch die leidenschaftliche Rede über die unvergleichlichen Freuden der Mutterschaft etwa bewegen sich haarscharf am Rande des plumpen Klischees. Aber meist findet McGrath doch noch einen kleinen Dreh ins Unerwartete. Auch wenn er die Genrekonventionen nicht so durchschüttelt wie Glenn Ficarra und John Requa in „Crazy Stupid Love" ist „Working Mum" am Ende doch ein sehr unterhaltsamer Film für alle jetzigen sowie zukünftigen berufstätigen Mütter - und für alle Männer, die sich schon immer gefragt haben, wie die das alles schaffen.
Fazit: Diese optimistische, aber keineswegs blauäugige Komödie über berufstätige Mütter und die schwierige Kunst, Arbeit und Familie miteinander zu vereinbaren, ist nicht nur für arbeitende Frauen ein Spaß.