Mit „The Expendables" brachte Sylvester Stallone zwei Jahrzehnte später einige der größten Stars und Haudegen des Action-Kinos der 80er zusammen. Er kämpfte Seite an Seite mit seinem Ex-„Rocky"-Rivalen Dolph Lundgren und die Superstars Bruce Willis und Arnold Schwarzenegger schauten für kurze Auftritte vorbei. Das Ergebnis war Testosteron-Kino in Reinkultur und dabei ging es vornehmlich darum, die Darsteller als Action-Ikonen zu stilisieren. Mit „The Expendables 2" verfolgt Stallone nun das für Sequels übliche Prinzip: Mehr! Die Auftritte von Willis und Schwarzenegger wurden ausgebaut, dazu wurde nun auch „Kickboxer" Jean-Claude Van Damme engagiert und selbst der einsame Wolf Chuck Norris kehrt für das 80er-Revival nach sieben Jahren aus dem vorläufigen Ruhestand zurück. Der von Simon West („Con Air") inszenierte Film bietet genau das, was die Fans erwarten: jede Menge handfeste und schießwütige Action garniert mit knockentrockenem Humor. Die Handlung ist dabei genau wie die Figurenzeichnung herzlich egal. Hier geht es vielmehr darum, die meist bereits über Jahrzehnte gewachsenen Leinwandpersönlichkeiten der Darsteller zur Geltung zu bringen und zu feiern. Und das wird hier nicht nur ausführlicher, sondern auch konsequenter und besser getan als im Vorgänger.
Gerade erst sind sie von einem schwierigen Auftrag aus Nepal zurückgekehrt, da muss die Söldner-Truppe „The Expendables" um Anführer Barney Ross (Sylvester Stallone) bereits auf zum nächsten Abenteuer. Der Regierungsbeamte Mr. Church (Bruce Willis) löst eine alte Schuld ein und will, dass ein geheimnisvolles Objekt aus einem abgestürzten Flugzeug in Osteuropa geborgen wird. Obwohl Ying Yang (Jet Li) gerade anderweitig beschäftigt ist, muss die Truppe um Ross, seinen besten Kumpel Lee Christmas (Jason Statham) und den jungen Scharfschützen Billy (Liam Hemsworth) nicht in Unterzahl agieren, denn mit der schönen Maggie (Nan Yu) beordert Church Unterstützung ins Team. Das geheimnisvolle Objekt erweist sich als Karte, die zu tonnenweise atombombenfähigem Plutonium führt und die ihnen Bösewicht Jean Vilain (Jean-Claude van Damme) auch noch abjagt. Dabei ermordet er einen der Expendables und die kennen anschließend nur noch ein Ziel: Vilain aufspüren und töten!
Operierten die „Expendables" im ersten Teil noch wirklich als Team, bei dem selbst Ex-Footballer Terry Crews und Ex-Kampfsportler Randy Couture größere Einzelmomente hatten, stehen im Nachfolger fast ausschließlich die ganz großen Ikonen im Mittelpunkt. So verabschiedet sich Jet Li nach einer amüsanten Bratpfannen-Prügelei in den Urlaub, Crews und Couture bleiben meist im Hintergrund und selbst Jason Statham hat trotz einer Messermetzelei im Priestergewand und einem finalen Fight mit Martial-Arts-Künstler Scott Adkins („Undisputed 2") deutlich weniger Bad-Ass-Auftritte als in „The Expendables". Dafür darf vor allem im Finale das Triumvirat aus Stallone, Willis und Schwarzenegger das Kommando übernehmen. Die einstigen Konkurrenten an den Kinokassen und gemeinsamen Mitbesitzer der Restaurantkette „Planet Hollywood" triezen sich mit kleinen Sprüchen, bedienen aber vor allem ihr überlebensgroßes Image als Action-Ikonen. Ob das „I'll be back" von „Terminator" Arnie oder Willis‘ „Yippee-ki-yay" aus den „Stirb langsam"-Filmen, die One-Liner, die auf ewig mit den Schauspielern verbunden sind, werden auch hier bemüht, dabei aber durchaus amüsant variiert. Wie schon beim Aufeinandertreffen des Trios in einer Kirche im Vorgänger, treten auch hier die Figuren komplett in den Hintergrund und es geht nur noch um die Darsteller.
Den Vogel bei der Selbst-Stilisierung schießt erwartungsgemäß der inzwischen zur Kultfigur avancierte Chuck Norris ab. Der ist längst nicht mehr für seine Auftritte in reaktionären B-Movie-Reißern wie „Missing in Action" oder „Delta Force" bekannt, sondern verdankt seine anhaltende Popularität den zahlreichen durchs Internet geisternden Sprüchen, den sogenannten „Chuck Norris Facts", die sein Image als „Mega Tough Guy" gleichzeitig persiflieren und verfestigen. Das heutige Publikum kann wahrscheinlich mehr Sätze wie „Chuck Norris hat bis unendlich gezählt .... zwei Mal" nennen als Filme mit dem bärtigen Alt-Star. Passend zu seinem Ruf spielt der „Lone Wolf" hier einen überlebensgroßen, messianischen Einzelkämpfer, der aus dem Nichts auftaucht, aufräumt und wieder verschwindet. Diese von den Klängen von Ennio Morricones „Zwei glorreiche Halunken"-Musik begleiteten Auftritte werden dann konsequenterweise auch mit Sprüchen im Stil der „Chuck Norris Facts" aufgepeppt. Und auch der Bösewicht ist dieses Mal einer der großen Action-Namen der 80er und 90er: Jean-Claude van Damme („Universal Soldier", „Bloodsport") spielt den Antagonisten mit fast schon gelangweilter Arroganz, was einen schönen Gegensatz darstellt zu den immer unter Strom stehenden „Expendables".
Mit einer Figur bekommt das Ikonen-Testosteron-Kino von „The Expendables 2" aber überraschend eine etwas andere Note. Die mit Auszeichnungen auf zahlreichen internationalen Festivals bedachte chinesische Schauspielerin Yu Nan („Tuyas Hochzeit", „In Love We Trust"), die 2010 in der Wettbewerbsjury der Berlinale saß, darf den alten Männern als Maggie kräftig Widerworte geben. Im Gegensatz zum ersten Teil, als Frauen nur Hotpants-tragende Objekte waren, die des Schutzes der Männer bedurften, darf hier also zumindest eine weibliche Figur kräftig mitmischen. Sie lässt Dolph Lundgrens Gunnar mächtig abblitzen und macht sogar Stallones harten Söldnerveteranen Barney verlegen. Wenn es dann in die entscheidende Phase geht, sind aber wieder die (männlichen) Stars gefragt, die endgültig mit den Widersachern aufräumen. Für ruhige Momente ist in dem Spektakel wenig Platz. In einer der wenigen nachdenklichen Szenen darf sich Jungstar Liam Hemsworth („Die Tribute von Panem") - gewissermaßen als Nachfolger des dieses Mal abstinenten Mickey Rourke - in ernsten Worten über die Lasten des Söldner- und Soldatendaseins äußern.
Einige Diskussionen gab es im Vorfeld um das Gewaltlevel von „The Expendables 2". Es hieß, dass man um noch mehr Zuschauer zu erreichen eine niedrigere Altersfreigabe anstrebe. Aber keine Sorge: „The Expendables 2" ist keinen Deut zahmer als der Vorgänger. Es werden keine Gefangenen gemacht, sondern Gegner geköpft oder in Stücke geschossen. Große Splatter-Effekte sind weiterhin Fehlanzeige, stattdessen ist die Action hart, schlicht und schnell. Das Blut ist erneut digital und kommt aus dem Computer, die Integration in den Film ist aber diesmal deutlich besser gelungen – dies gilt wiederum allerdings nicht für alle aus dem Rechner stammenden Effekte. Zuweilen ist „The Expendables 2" auch optisch näher an den schmutzigen Reißern aus der Vergangenheit einiger Protagonisten als am heutigen Hochglanz-Blockbuster-Kino. Dazu passen auch die schäbigen Ruinenkulissen eines genretypisch heruntergekommenen Osteuropas. Besonderer Schauplatz-Clou ist ein von den Russen im Kalten Krieg zu Trainingszwecken errichteter Musterstraßenzug im Stil einer US-Kleinstadt der 80er Jahre. Clever werden hier auf doppelt gebrochene Weise die Geister der Vergangenheit beschworenen, zugleich erinnert das an jene verlassenen Wüstenstädte in alten Western. Auf dieses uramerikanische Genre wird gleich mehrfach Bezug genommen, etwa wenn Stallone aus einem Gebäude tritt und seinen Revolver in bester Clint-Eastwood-Manier abfeuert.
Fazit: Coole alte Haudegen und eine toughe Frau an ihrer Seite, markige Sprüche, große Kanonen und ein paar Prügeleien: „The Expendables 2" befriedigt wie schon der Vorgänger die Gelüste der Fans, dabei wird mit noch mehr Action-Ikonen sogar noch eine Schippe draufgelegt.