Krimi- und Justizfilme haben es in den vergangenen Jahren immer schwerer, ein großes Kino-Publikum zu finden. Das liegt maßgeblich an der immensen TV-Konkurrenz und deren hochwertig produzierten Serien und Spielfilmen, in denen allabendlich Polizisten fahnden, Strafverteidiger argumentieren und Richter ihre Urteile sprechen. Der deutsche Titel des von Regisseur Brad Furman („The Take") inszenierten Justiz-Thrillers „Der Mandant" lässt vermuten, dass es sich um eine weitere John-Grisham-Verfilmung handelt. Hier zeichnet jedoch der ebenfalls äußerst erfolgreiche Kriminalromancier Michael Connelly für die Vorlage eines Films verantwortlich, der vor allem durch den von Matthew McConaughey herrlich selbstverliebt und hinterrücks ausgespielten Protagonisten an Format gewinnt.
Anwalt Mickey Haller (Matthew McConaughey) organisiert all seine Geschäfte vom Rücksitz seines Lincoln Town Car aus, während er sich von einem zahlungsunfähigen Mandanten durch Los Angeles chauffieren lässt. Moralische Bedenken sind ihm dabei fremd - es geht schließlich nur darum, seinen Job zu erledigen und Geld zu verdienen. Als ihm die Verteidigung eines wohlhabenden Playboys aus Beverly Hills angeboten wird, nimmt der gerissene Advokat den lukrativen Auftrag gleich an. Louis Roulet (Ryan Phillippe) soll sich für schwere Körperverletzung und für die Vergewaltigung einer Prostituierten verantworten, doch trotz scheinbar eindeutiger Beweislage beteuert der Angeklagte seine Unschuld. Auch Mickey und sein Assistent Frank Levin (William H. Macy) zweifeln bald an der Beweisführung der Anklage. Doch der routinemäßig beginnende Fall stellt sich als brandgefährliches Spiel heraus...
Michael Connelly hat als Crime Reporter bei der Los Angeles Times gearbeitet und ist neben John Grisham einer der renommiertesten amerikanischen Kriminalautoren. Bekannt ist er insbesondere für seine Reihe um den desillusionierten Polizisten und Privatdetektiv Harry Bosch. Clint Eastwood („Million Dollar Baby", „Gran Torino") verfilmte mit „Blood Work" bereits einen seiner Romane. Mit „Der Mandant" (im Original: „The Lincoln Lawyer") kommt nun die erste Adaption einer Geschichte um den schmierigen Anwalt und Bosch-Halbbruder Mickey Haller ins Kino. Regisseur Brad Furman zeichnet vor der Kulisse des dreckig-dekadent gezeichneten Los Angeles das Bild einer erblindeten Justitia. Monetäre Anreize generieren Wahrheiten, Unrecht wird bürokratisch ungeschehen gemacht. In dieser von Korruption dominierten Justizwelt ist der zynische Haller in seinem Element. Das Ausloten der Regeln des Gesetzes treibt den um keinen faulen Trick verlegenen Anwalt an.
Furman beweist ein gutes Händchen bei der Darstellerwahl, doch die Story um den wohlhabenden Mandaten bietet letztlich nur bekannte, wenn auch ansprechend dargebotene Genrekost, mitsamt einem weniger gelungenem Finale. Connellys Kriminalstorys zeichnen sich vor allem durch kantige Figuren aus. Mit dem ebenso brillant wie hinterrücks agierenden Mickey Haller hat er einen faszinierend charismatischen und gleichermaßen abstoßenden Protagonisten geschaffen. Matthew McConaughey („Die Jury", „Sahara") ist genau der richtige für die Verkörperung des aalglatten Advokaten, der seine Mandanten geschmeidig durch die Schlupflöcher des Justizsystems manövriert. Sein durchtriebenes, teils augenzwinkerndes Agieren garantiert, dass man trotz des äußerst traditionellen Krimi-Beginns nicht so schnell das Interesse am Geschehen verliert.
Ryan Philippe („Eiskalte Engel", „L.A. Crash") überzeugt als janusköpfiger Konzernerbe Louis Roulet, dem man seine Unschuldsbeteuerungen nur zu gerne abkaufen möchte und dessen dämonische Seite für kurze Momente auf erschreckende Weise aufflackert. Dem zumindest in der deutschen Fassung titelgebenden Mandanten hätte allerdings ruhig etwas mehr Leinwandzeit zukommen können. So wird das Verhältnis zu seiner übermächtigen Mutter Mary Windsor (Frances Fisher) leider zu wenig beleuchtet. Marisa Tomei („The Wrestler", „Cyrus") als Hallers Ex-Frau Maggie McPherson und William H. Macy („Magnolia", „The Cooler") als dessen bester Freund und zuarbeitender Detektiv verstehen es ebenfalls, in ihren Nebenrollen Akzente zu setzen. „Der Mandant" ist ein Gerichtsthriller der alten Schule, der in einem heruntergekommenen Los Angeles von der Macht des Geldes und juristischen Schlupflöchern erzählt – und mit Matthew McConaughey einen fetten Pluspunkt gut macht.