Dinosaurier kommen nie aus der Mode. Auch im 21 Jahrhundert beflügeln sie die Fantasie und sind von „Disneys Dinosaurier" bis zu „Ice Age 3" immer wieder in den Kinos zu sehen, dazu tummeln sie sich in Fernsehserien wie „Primeval" oder „Terra Nova". Während „Jurassic Park 4" weiter auf sich warten lässt, werden die Riesenechsen nun in einem Filmland, das in der hiesigen Wahrnehmung eher mit Arthouse-Filmen und gnadenlosen Thrillern verbunden wird, erneut zum Leben erweckt: Südkorea. Han Sang-hos dokumentarisch angehauchter Tierfilm „Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers" kommt mit ordentlichen Computeranimationen und in 3D daher, doch auch dieses technische Gimmick macht den betulichen Film nur wenig aufregender. Der Regisseur versucht sich mit nur mäßigem Erfolg daran, die richtige Balance von prähistorischem Waisendrama und Lehrfilm, von Realismus und Familientauglichkeit zu finden.
Vor 70 Millionen Jahren bildete der Tarbosaurus die Spitze der Nahrungskette. Beste Aussichten also für den kleinen Speckles, der als jüngstes von vier Geschwistern aus dem Ei schlüpft. Doch in einer von dem furchtbaren Tyrannosaurus Einauge hervorgerufenen Dino-Massenpanik kommt Speckles‘ gesamte Familie ums Leben. So muss der Kleine auf eigene Faust lernen, sich um Nahrung zu kümmern, den größeren Raubtieren auszuweichen und lange genug zu überleben, um eines Tages eine eigene Familie zu gründen...
Weite Felder, dürre Steppen, bedrohliche Klippen, über die die Kamera majestätisch schwebt: In erhabenen Naturbildern, die an Originalschauplätzen in Neuseeland gedreht wurden, beschwört Han Sang-ho eine vormenschliche Zeit, in der die Natur das Handeln aller Wesen bestimmte und keine Kreatur je gegen seine Natur handelte. Dieser archaische Grundton wird durch einen verniedlichenden Voice-over-Kommentar abgemildert, durch den die Geschichte in manchen Szenen arg ins Sentimentale und Kitschige abdriftet. Um die Familientauglichkeit weiter zu erhöhen, hat man die die deutsche Fassung gegenüber der südkoreanischen Originalversion an einigen Stellen entschärft und gekürzt, wodurch der Erzählrhythmus zuweilen ziemlich ins Holpern gerät.
Dennoch gelingen Momente, die auf eindrucksvolle, beiläufige Weise vom Alltag der Dinosaurier, vom Leben und Sterben, vom natürlichen Gang der Dinge erzählen. So werden einige von Speckles‘ Verwandten und Freunden im Laufe der Geschichte mal eben getötet oder sie stürzen in einen Abgrund und bleiben verschwunden. Das geht ohne Tränen, ohne melodramatische Verwicklungen, ja sogar ohne weitere Erwähnung vonstatten – aber oft mit viel Action. In diesen ansonsten durchaus spektakulären Szenen zeigen sich dann die Grenzen der insgesamt zufriedenstellenden Computeranimationen: Wenn beispielsweise gleich Dutzende Dinosaurier im Bild sind, wirken die Bewegungsabläufe längst nicht mehr so flüssig wie mit wenigen Tieren.
Gravierender als die Einschränkungen bei der technischen Umsetzung ist jedoch die etwas plumpe Erzählweise: Die Handlung ist in kleine kindgerechte Episoden aufgeteilt, die vom jahrzehntelangen Kampf gegen Einauge nur lose zusammengehalten werden. Nur selten gelingt es zudem, die vielen Informationen über Lebensweise und Eigenschaften der unterschiedlichen Dinosaurierarten, die hier oft nach Art einer klassischen Naturdokumentation präsentiert werden, organisch in die Handlung einzuflechten. Manche Szenen scheinen nur zur Vermittlung ganz bestimmter biologischer Fakten zu existieren – etwa wenn gezeigt wird, dass auch im Wasser Dinos lebten, die sogar noch viel riesiger als ihre Kollegen an Land waren. Dabei geraten diese quasi-dokumentarischen Einschübe – so wie etwa die Darstellung der Jagdtaktik der Velociraptoren – gelegentlich so komplex, dass sie wiederum kaum für Kinder geeignet sind.
Fazit: Vor grandioser Kulisse wird die exemplarische Geschichte eines Dinosaurierlebens abgespult. Der Film ist etwas schwerfällig inszeniert, verblüfft allerdings mit einigen kaum geschönten Momenten, die vom Fressen und Gefressenwerden in einer vorzivilisatorischen Epoche erzählen.