Was umgibt Vampire so faszinierendes, dass sie seit ihrem Romanauftritt in Bram Stokers „Dracula" (1897) und dessen erster Adaption „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" (1922) einen Siegeszug quer durch alle Auswüchse der Popkultur angetreten haben, der bis heute („Twilight - Biss zum Morgengrauen", „True Blood") anhält? Ist es die Tragik eines getriebenen, unsterblichen Lebens? Oder die erotischen Implikationen des Blutsaugens? Was immer auch den Ausschlag für den ungebrochenen Hype geben mag, interessiert haben diese Themen die Macher des sehr günstig produzierten, britischen Horror-Thrillers „Temptation" bestenfalls am Rande. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der Film zumindest fesseln würde. Aber auch dem ist nicht so, weil „Temptation" aufgrund seiner schlechten Inszenierung und chronischer Spannungsarmut selbst die Minimalanforderungen des Horrorgenres verfehlt. Übrig bleibt ein wenig Kunstblut und – dank der Fokussierung auf hübsche, spärlich bekleidete Vampirladys – der Nachgeschmack eines Softpornos.
Die Party-Nacht mit den Mädels verspricht spaßig zu werden, trotzdem setzt sich Isabel (Caroline Haines) frühzeitig ab, weil sie den Ärger mit ihrem Freund einfach nicht hinter sich lassen kann. Deprimiert und alkoholisiert lässt sie sich von einem wildfremden Mann am Straßenrand auflesen und mitnehmen – das freundliche Angebot stellt sich allerdings schon bald als Falle heraus. Zusammen mit einem Komplizen zerrt der Fahrer Isabel in eine dunkle Ecke und vergewaltigt sie. Der brutale Akt endet, als Vampirin Aurelie (Rachel Waters) beide Männer tötet und das Hilfegesuch des schwer verletzten Opfers mittels eines Bisses erhört. Isabel überlebt, muss von nun an jedoch ihre stetig voranschreitende Verwandlung in einen Vampir miterleben. Aurelie passt der Zuwachs hingegen gerade recht, ist sie doch aktuell dabei, ihre aus scharfen Vampirinnen rekrutierte Gefolgschaft zu erweitern...
„Temptation" bedeutet übersetzt „Verlockung" und ist im Film der Name eines Nachtclubs, in dem sexy Vampirinnen ihre triebgesteuerten männlichen Opfer erst heiß machen und anschließend das Blut aus dem Körper saugen. Wer mag, darf diese Szenen als Hommage an die Road-Movie-Groteske „From Dusk till Dawn" von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino verstehen, in dem Vampire ihrer Beute ebenfalls in einer Bar auflauern. Was bei „From Dusk Till Dawn" jedoch als Handlungsort für überdrehten Splatter-Spaß funktionierte, dient bei „Temptation" lediglich zum Platzieren einiger inspirationsloser Tanz-, Kuss- und Beißeinlagen. Das geradezu verzweifelte Heraufbeschwören von Vampir-Erotik stellt den vergeblichen Versuch dar, die Schwächen des Films vergessen zu machen. Darunter fällt auch eine Szene, die lesbischen Vampirsex zeigt - Beißen, Blutsaugen, Streicheln inklusive. Doch der Film leistet sich einfach zu viele Fehler, als das ein paar blanke Brüste reichen würden, um über sie hinwegzusehen. Am augenscheinlichsten wird dies beim Hauptdarstellerinnen-Duo: Caroline Hainers bringt die Verzweiflung ihrer an der Schwelle zum Vampir-Dasein stehenden Figur nur mäßig überzeugend rüber und Rachel Waters wirkt als durchtriebene Anführerin der untoten Damen kaum bedrohlich. Die übrigen blutsüchtigen Ladies verlassen sich einzig und allein auf ihre körperbetonten Outfits, was selbst das männliche Publikum nur kurze Zeit bei der Stange hält.
Zudem versäumt es „Temptation", die angerissenen Konflikte ordentlich zu Ende zu bringen. Isabels Entscheidung, zischen einem unsterblichen Leben als Vampir und dem Freitod zu wählen, spielt die meiste Zeit über keine Rolle. Die Vergewaltigung, anfangs noch in drastischen Bildern gezeigt, wird anschließend ebenfalls so gut wie gar nicht mehr behandelt. „Temptation" macht sich auch nie die Mühe, seine inhaltliche Leere durch eine spannende Inszenierung zumindest ein wenig zu kaschieren. Doch weil der Spannungsaufbau nicht im Ansatz gelingt, die Figuren schnell langweilen und zu allem Überfluss ständig die immer gleichen Rückblenden eingeworfen werden, ist der Film über weite Strecken leider strunzöde.
Fazit: Vampire mögen aktuell – mal wieder – die Popkultur erobern. Aber „Temptation" hat zu diesem Trend nicht das Geringste beizutragen. Schlimmer noch: Der fade Horrorfilm dürfte nicht einmal die anspruchslosesten Fans der spitzzahnigen Untoten zufriedenstellen. Es sei denn, sie lassen sich von einer Gruppe leichtbekleideter und blutverschmierter Vampirinnen über die einfallslose Inszenierung und das schlechte Schauspiel hinwegtrösten.