Experimentelle Filmkunst, verkopfter Schwachsinn oder gar Diebstahl von 90 Minuten Lebenszeit? Michael Buschs Kino-Experiment „Sieben Himmel“ fordert einem willigen Publikum alles ab, was es bereit ist zu geben – und noch viel mehr. Was am Ende bleibt, ist allerdings nur Unverständnis und die große Ratlosigkeit. Was will uns der Filmemacher mit seinem Werk sagen?
Die Ausgangslage zu diesem kleinen Low-Budget-Film ist zunächst einmal nicht schlecht. Der Experimentalfilmer und Tonmischer Michael Busch („Virtual Vampire“, „Der Sprinter“, „Die Terroristen“) versammelte mit Christoph Bach (Weltverbesserungsmaßnahmen), Lars Löllman („Wir“) und Inga Busch („Die Stadt als Beute“) hoffnungsvolle deutsche Darstellertalente und konnte Marcus Winterbauer („Rhythm Is It!“) hinter die Kamera holen. Doch „Sieben Himmel“ krankt nur nicht nur an einer Stelle, sondern an allen Ecken und Enden. Der Hauch von verquaster Story vermag es nicht, zu fesseln.
Die Internetstripperin Jenny (Daniela Schulz) ist auf der Suche nach ihrer Identität, einer vergangenen Liebe und ihrem Ex-Freund, dem Einsiedler Johann (Christoph Bach). Anscheinend zusammenhanglos reiht Regisseur und Autor Busch die Szenen aneinander, zeigt Dialoge im weiteren Verlauf aus anderer Perspektive. Lobenswert ist auf jeden Fall der Mut von Hauptdarstellerin Daniela Schulz. Die zahlreichen Sexszenen spielt die Debütantin ohne Scheu und ist sich auch nicht zu schade, sich einen Vibrator zwischen die gespreizten Beine zu stecken. Diese relative Radikalität passt zum Stil des Machwerks und kann als konsequent angesehen werden.
Ein großer Haken blieb bisher noch unerwähnt. In den gesamten 90 Minuten Spielzeit bekommt der Zuschauer kein einziges scharfes Leinwandbild zu sehen (das Titelbild stammt nicht aus dem fertigen Film). Alle Szenen sind kalkuliert unscharf, sodass die Personen teils nur zu erahnen sind und der Betrachter, so denn er länger als zehn Minuten durchhält, nach einer Weile unweigerlich Kopfschmerzen bekommt. Es ist dem sympathischen Regisseur Michael Busch zu wünschen, dass ihn niemand auf fahrlässige Körperverletzung verklagt.
Hätte der Film ohne diesen desaströsen Kameratick funktioniert? Nein, auch das nicht. Dazu bietet die zwischen mehreren Ebenen mäandernde Story einfach gar nichts. Die Dialoge sind wirr und platt, sämtliche Charaktere mehr oder weniger unsympathisch und das Tempo ist schleppend bis zäh. Bezeichnend: Während der Pressevorführung beim Filmfest Hamburg nahm mehr als die Hälfte der rund 100 Kritiker nach etwa 10 bis 15 Minuten Reißaus – ein absolutes Novum.
Die Frage, was uns Michael Busch mit „Sieben Himmel“ sagen will, bleibt leider ungeklärt. Angepriesen als „Amour Fou zwischen Traum, Déjà vu und Erinnerung“ (Pressetext Filmfest Hamburg) ist der Film mehr als eine Enttäuschung. Wenn am Ende der Voice-over-Kommentar der Anfangssequenz, die erneut eingespielt wird, plötzlich einen Anflug von Zusammenhang ergibt, erscheint dies dem Betrachter wie ein Segen, der ihn aus der Lethargie reißt. Allerdings rechtfertigt dieser kleine Lichtblick nicht die vergeudeten 90 vorhergehenden Minuten. Bei aller Experimentierfreudigkeit eines potenziellen Publikums ist dieses Konzept der Konzeptlosigkeit und der verworrenen inhaltlichen wie optischen Konturen schlicht eine Zumutung.