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    Die Sonne, die uns täuscht 2: Der Exodus
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Die Sonne, die uns täuscht 2: Der Exodus
    Von Carsten Baumgardt

    Ein mit einem Budget von 55 Millionen Dollar für russische Verhältnisse wahnsinnig teurer Film, zugleich die Fortsetzung des Auslandsoscar-Gewinners von 1994: Regisseur Nikita Mikhalkov verfügte bei seinem Kriegs-Drama „Exodus - Burnt By The Sun 2" über alle Mittel und Voraussetzungen für ein beeindruckendes Epos. Er hatte auch sichtlich Großes vor, scheitert aber letztendlich kläglich, weil er zwar handwerklich versiert arbeitet, aber inhaltlich komplett versagt. Es ist seiner Heldenmär dabei auch noch allzu deutlich anzusehen, dass sie vom russischen Staatsapparat gefördert wurde. Und so sorgte „Exodus - Burnt By The Sun 2" bei den 63. Filmfestspielen in Cannes gleich für einen kleinen Skandal. Man munkelt an der Croisette, dass der russlandfreundliche Film nur in den Wettbewerb gehievt wurde, um Sergei Loznitsas beißend-zynischem, anti-russischem „Schastye Moe" („My Joy") einen Gegenpol zu bieten. Ein anderer, besserer Grund ist bei Ansicht von Mikhalkovs nationalpropagandistischer Geschichtsstunde tatsächlich kaum ersichtlich. Beim Publikum und bei der Presse in Russland fiel sie bereits gnadenlos durch und auch der Rest der Welt wird an dem auf allen Ebenen misslungenen Werk keine Freude finden.

    1941: Fünf Jahre ist es her, dass sich das Schicksal von General Kotov (Regisseur Nikita Mikhalkov) und seiner Familie unwiderruflich verändert hat. Zu Kriegsbeginn entkommt Kotov durch glückliche Umstände aus dem Camp, in dem er inhaftiert war. Offiziell immer noch ein Gefangener marschiert er an die Front des Zweiten Weltkriegs vor und bekämpft die Deutschen. Er lebt in dem Glauben, Frau Maroussia (Viktoria Tolstoganova) und Tochter Nadia (Nadezhda Mikhalkova) seien im Krieg umgekommen, doch dem ist nicht so. Nadia hilft als Krankenschwester den leidenden Soldaten und begibt sich auf die Suche nach ihrem Vater. Kotovs Gegenspieler Major Arsentiev (Oleg Menshikov) wird derweil von Stalin (Maksim Sukhanov) persönlich beauftragt, den ehemaligen General ausfindig zu machen...

    Warum „Exodus - Burnt By The Sun 2" vom russischen Kulturministerium gefördert wurde, ist sofort offensichtlich: Der Film ist so schamlos pro-russisch, dass es einer Peinlichkeit gleichkommt - eine ähnlich unverhohlene Propaganda gab es zuletzt in „Tal der Wölfe" zu bestaunen. Mikhalkov zelebriert die Heldentaten des russischen Volkes während der Belagerung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg völlig undifferenziert. Sein Schlachtengemälde ist in seiner absurden Zuspitzung oft unfreiwillig komisch und das Ensemble wird zum Overacting angehalten. Die deutschen Soldaten namens Otto, Klaus, Fritz oder Jürgen bellen ihre holprigen Textzeilen nur so. Selbstverständlich sind sie bis in den hintersten Winkel ihrer Seele böse, versenken mit diebischer Freude Rot-Kreuz-Schiffe, vergewaltigen Frauen und mähen ganze Dorfbevölkerungen nieder.

    Der simpel gestrickten Geschichte fehlt auch dramaturgisch jede Ausdifferenzierung. Das Handlungsgerüst ist so grob gezimmert wie die Propaganda platt. In einzelnen Episoden malt Mikhalkov ein absurd idealisiertes Bild davon wie die russischen Soldaten und die Bevölkerung den Krieg empfunden haben sollen. Gleich zu Beginn begibt er sich an den Rand einer Groteske, wenn er Kolkov zusammen mit Josef Stalin in sonnendurchfluteten Toskanabildern zeigt. Der Regisseur bemüht sich noch nicht einmal wirklich um einen roten Faden. Er konzentriert sich auf Kolkov, seinen Widersacher Major Arsentiev und seine Tochter Nadia, die sich auf einer Odyssee durch das Kriegsgebiet laviert. Doch die Bilder finden keinen Bodenkontakt, die Charaktere wirken so unglaubwürdig, dass trotz der harten Schicksale keinerlei Emotionen aufkommen wollen. Sinnbildlich dafür steht auch eine entscheidende Szene, in der Krankenschwester Nadia den Wunsch eines sterbenden Soldaten erfüllen und ihm ihre Brüste zeigen soll. Im Zusammenhang ist völlig unverständlich, warum Nadezhda Mikhalkova sich zwar zunächst auszieht, aber dann das Wesentliche mit den Händen bedeckt. Es erzählt jedenfalls so wie es umgesetzt ist nichts über die Figur Nadia, sondern zeigt höchstens die Feigheit und Inkonsequenz des Regisseurs.

    Handwerklich ist „Exodus - Burnt By The Sun 2" sein hohes Budget unbedingt anzusehen. Mikhalkov liefert visuell beeindruckende Bilder und Massenszenen, die Kameraarbeit von Vladislav Opeliants ist exzellent, aber alles technische Geschick verblasst angesichts der lahmenden Story und der ungelenken propagandistischen Auswüchse. Es ist dabei geradezu ein Glück, dass Mikhalkov seine üppigen Mittel nicht raffinierter in den Dienst seiner fragwürdigen Sache stellt, so ist letztlich in erster Linie die Verschwendung von Ressourcen zu beklagen - die plumpe Propaganda fällt auf den Filmemacher selbst und auf die ihn fördernden russischen Politiker zurück.

    Fazit: „Exodus - Burnt By The Sun 2" ist der vergebliche Versuch, russisches Weltkino zu inszenieren. Aber selbst in seiner Heimat floppte das Kriegs-Drama auf ganzer Linie. Die Gründe sind klar: Soviel geschönte Heimatverbundenheit ist selbst den russischen Zuschauern unangenehm. Die Zeiten des Kalten Krieges, in denen Filme besonders gern auch für Propagandazwecke benutzt wurden, sind zum Glück vorbei, ein so brachial undifferenziertes Werk wie „Exodus - Burnt By The Sun 2" braucht heute erst recht niemand mehr.

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