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    Tandoori Love
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tandoori Love
    Von Florian Schulz

    Mit der interkulturellen Harmonie haben es die Schweizer derzeit nicht besonders. Nachdem man sich im sonst so friedfertigen Alpenland mit dem Minarettverbot eine nachhallende Backpfeife von Seiten der Europäischen Union eingefangen hat, campt nun auch Lybiens Staatschef Gaddafi rhetorisch mit einer Streitmacht an den Landesgrenzen der Eidgenossen. Für ein indisches Filmpublikum hingegen stellt das Land mit seiner Bergkulisse, der malerischen Hauptstadt und natürlich seinen Nummernkonten das Märchenland schlechthin dar. Regelmäßig ziehen bunt-gewandete Filmteams durchs Berner Oberland und ernten interessierte Blicke der Einheimischen. Es war deshalb wohl nur eine Frage der Zeit, bis die skurrile Partnerschaft auch gemeinsame filmische Früchte trägt. Bollywood meets Schweizer Heimatfilm ist die Devise und „Tandoori Love“ heißt das Ergebnis, das Regisseur und Drehbuchautor Oliver Paulus der Filmwelt präsentiert. Was sich zunächst wie eine wahnwitzige, aber durchaus spannende Idee anhört, verkommt in seinen 90 Minuten Spielzeit mehr als nur einmal zur lächerlichen Farce.

    Sonja (Lavinia Wilson) ist Kellnerin im Wirtshaus ihres Freundes Markus (Martin Schick), der vor versammeltem Stammtisch ihre Verlobung verkündet, ohne dass sie von ihrem Glück zuvor gewusst hätte. Während sich die Alpenschönheit ob der Dreistigkeit ihres Schwarms noch ziert, ist die gemeinsame Zukunft im eigenen Chalet längst durchgeplant. Zeitgleich nistet sich ein Filmteam aus Mumbai in der Berggemeinde ein, um vor der opulenten Kulisse einen neuen Bollywood-Streifen abzudrehen. Unter ihnen befindet sich auch der Koch Rajah (Vizah Raaz), dessen Liebe ausschließlich seinen kulinarischen Kreationen gilt. Doch bald schon begegnen sich die hübsche Sonja und der zurückhaltende Koch im Supermarkt. Rajah ist hin und weg von der Schweizerin und macht sich auf, mit Speis, Charme und Gesang ihr Herz zu erobern. Bald wird auch Wirt Markus auf die kulinarischen Fertigkeiten des Inders aufmerksam, ohne zu ahnen, dass der Stelzbock ganz eigene Motive verfolgt…

    Bereits in den 60er Jahren pilgerten die ersten indischen Filmemacher in die Schweiz und bannten ihre turbulenten Tanzeinlagen vor imposanten Alpenpanoramen auf Zelluloid. Seit den Neunzigern bauen immer mehr Bollywood-Filme zumindest die eine oder andere Schweizer Szene mit ein. Die Eidgenossen waren gewitzt genug, die Filmpilger bereits früh auch finanziell zu fördern und daraus volkswirtschaftliches Kapital zu schlagen. Oliver Paulus führt diese Tradition nun konsequent fort und zeichnet sein „Tandoori Love“ als überdreht-komische Rom-Com mit Heidi-Flair, die er mit Bollywood-Motiven garniert. Dass ein derart abenteuerlicher Genre-Mix, irgendwo zwischen Groteske und Heimatfilm, durchaus unterhalten kann, bewies Marcus Rosenmüller mit Wer früher stirbt, ist länger tot. Paulus‘ Versuch ist aber leider nicht halb so ambitioniert: Abgesehen von der skurril-charmanten Idee fehlt dem Drehbuch des Schweizers Inspiration. Stattdessen wird so gut wie jedes Klischee durchexerziert, ohne daraus auch nur einmal ironischen Gewinn zu ziehen.

    Die szenische Inszenierung im Sinne des Bollywoodformats hätte durchaus funktionieren können. Hierfür wäre es aber unbedingt nötig gewesen, die immanente Komik und bizarre Zeichenwelt des Bollywoodkosmos‘ feinsinnig gegen die Borniertheit der Bergler zu kontrastieren. Stattdessen überspannt Paulus den Bogen am laufenden Band und man sehnt sich bei aller burlesken Komik nach einer prinzipiellen Marschroute, die den Einzelsequenzen zumindest so etwas wie eine ungefähre Linie vorgibt. Stattdessen dominiert eine lasche Handlung, die wie eine aus dem Vorabendprogramm portierte Klischeesammlung anmutet. Die schroffen Dialoge schwimmen in ihrer Orientierungslosigkeit und wirken dadurch oft wie improvisiert. Ob gekonnte Selbstironie oder unfreiwilliger Metakommentar: In einer Szene zieht der völlig verängstigte Koch seiner Flamme hinterrücks eine Weinpulle über den Kopf. Anstatt aber aus allen Wolken zu fallen, gibt sie sich ihm – kaum aus der Ohnmacht erwacht – wortlos auf dem Küchenboden hin. Nie bringt Paulus seine schmerzhafte Ideenlosigkeit deutlicher auf den Punkt als hier.

    Ein Hingucker ist hingegen Lavinia Wilson. Warum man hier allerdings eine deutsche Schauspielerin herangezogen und kurzerhand berndeutsch synchronisiert hat, gehört wieder ins Reich der Kuriositäten. Ihren indischen Don Juan mimt Bollywood-Routinier Vijah Raaz (Monsoon Wedding) mit wenig Elan. Dass Raaz darüber hinaus nicht gerade ein Blickfang ist und auch nicht das Charisma einen Sharukh Khan (My Name Is Khan) vorzuweisen hat, lässt sich aufgrund des „Liebe geht durch den Magen“-Settings noch verschmerzen. Spätestens aber, wenn es um die Visualisierung der betörenden Wirkung der kulinarischen Wunderwerke auf die abgehärteten Geschmacksknospen der Dorfbewohner geht, sind sie wieder präsent: die einfallslosen Motive aus der cineastischen Mottenkiste, die nur selten über einen schmachtenden Blick oder ein paar lobende Worte hinausreichen. Was hätte sich Paulus‘ hier nicht alles von Duftjongleur Tom Tykwer (Das Parfüm) an inszenatorischer Raffinesse abgucken können.

    Fazit: Als liebevoll-ironische Komödie und Versinnbildlichung schweizerisch-indischer Filmfreundschaft angetreten, entpuppt sich Oliver Paulus‘ Bollywood-Satire als Aneinanderreihung hanebüchener Klischees und vogelwilder Slapstickeinlagen. Da fährt dann auch schon mal ein Großmütterchen im Sportwagen aus heiterem Himmel den indischen Produzenten über den Haufen, was leider nicht urkomisch, sondern schlicht absurd ist. Paulus gelingt es mit derartigen Szenen nicht, seine Collage ironisch zu brechen. Auch die obligatorischen Gesangs- und Tanzeinlagen sind zwar solide choreografiert, aber meist schlecht in den Filmfluss integriert. Für komödiantische Augenblicke sorgt dann vor allem ein vierbeiniger Protagonist: Zumindest der körperlich behinderte Mops Hömphrey trumpft als fatalistischer Resteverwerter groß auf.

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