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    Mitgefühl, Weisheit und Humor
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Mitgefühl, Weisheit und Humor
    Von Christian Horn

    Der Buddhismus ist im westlichen Mainstream als eine Art Pop-Hybrid angekommen: Räucherstäbchen, indische Pluderhosen und Yoga, Meditation, Buddha-Kitsch und Selbstfindungstrips nach Indien – die fernöstliche Religion macht inzwischen gar dem Engelchen-Nippes Konkurrenz! Als Protagonisten für seinen ungeschickt betitelten Film „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ hat Regisseur Boris Penth sich niemand geringeren als Sogyal Rinpoche - den Autor des zwei Millionen Mal verkauften Bestsellers „Das tibetische Buch vom Leben und Sterben“ und einer der bedeutendsten Lehrer des tibetischen Buddhismus in der westlichen Welt - ausgesucht. Das bewegte Leben des Vorzeige-Buddhisten würde zwar genug Stoff für zwei Dokumentarfilme liefern, Boris Penth aber lässt etliche Aspekte der Geschichte seines Protagonisten einfach außen vor und begnügt sich damit, den Buddhismus und seinen Lehrmeister in möglichst gutem Licht dastehen zu lassen. „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ ist am Ende daher nicht mehr als eine reichlich unreflektierte Hymne auf seine Hauptfigur.

    1948 in eine reiche Familie geboren, kam Sogyal Rinpoche schon als Kind in ein Kloster. Dort erkannte ihn sein Meister – Achtung, festhalten! – Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö als Reinkarnation eines früheren Lehrers des 13. Dalai Lama – A popstar was born. 1959 emigrierte er gemeinsam mit dem aktuellen Dalai Lama nach Indien, um den chinesischen Besatzern zu entgehen. In der Folgezeit zeichnete sich bereits seine Orientierung gen Westen ab: Rinpoche studierte Religionswissenschaft in Cambridge, war als Übersetzer tätig, publizierte seinen Bestseller, spielte eine Nebenrolle in Bernardo Bertoluccis „Little Buddha“ und organisierte Besuche des Dalai Lama in der westlichen Welt. 1994 schließlich geriet er in die Schlagzeilen, als ihm vorgeworfen wurde, er habe Schülerinnen aufgrund seiner exponierten Position zu sexuellen Handlungen gezwungen. Da dieser Vorwurf außergerichtlich bereinigt wurde, liefert er Kritikern bis heute eine Angriffsfläche…

    Für diese hier nur kurz umrissene Lebensgeschichte interessiert sich „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ allerdings nur wenig bis gar nicht – vor allem die komplette Auslassung der Anklage wegen der Verführung Minderjähriger spricht Bände. Rinpoche in einen gesellschaftspolitischen und historischen Kontext einzubetten, ist ebenfalls kein Anliegen von Boris Penth: So erfährt der geneigte Zuschauer nur sehr beiläufig und oberflächlich etwas über die buddhistische Religion und Rinpoches Stellung in der selbigen, die wesentlich von seine Verankerung im Westen bestimmt ist.

    Stattdessen ist Penths Film ausschließlich an einem unbefleckten Porträt des Missionars interessiert. Dass er die erwähnten, bisweilen klaffenden Lücken lässt, sollte den mündigen Betrachter schon stutzig werden lassen. Entlarvend ist jedoch auch die Art und Weise, in der „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ seinen Protagonisten in Szene setzt: als weisen, erhabenen, strahlenden Meister nämlich, gerne noch in lichtdurchfluteten Räumen. Immer wieder macht der Film beim südfranzösischen Tempel „Lerab Ling“ Station, der in schwelgerischen bis kitschigen Aufnahmen glorifiziert wird. Begeisterte Anhänger, unter ihnen auch John Cleese (Ein Fisch namens Wanda), geben vor der Kamera bereitwillig über ihren durch Sogyal Rinpoche und seine Lehren erweiterten Horizont Auskunft: So lassen sie uns etwa wissen, dass Lachen gesund ist und der Buddhismus viele lohnende Erkenntnisse über die wundersame Verquickung von Leben und Tod bereit hält. Außerdem erklärt Rinpoche, wie er im Zuge seiner Wiedergeburt „die Transition aus einer feudalen Gesellschaft in die moderne Welt bewerkstelligte“.

    In technisch einwandfreien, esoterischen, mit Zeitlupen und spiritueller Musik angereicherten Bildern verpackt „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ seine so frohe wie betont einseitige Botschaft. Scheinbar hat Sogyal Rinpoche sich im Zuge seiner Integration auch beim westlichen Werbefernsehen etwas abgeschaut (von der wenig ansprechenden Verpackung - also dem Titel - einmal abgesehen). In diesem Zusammenhang ist es übrigens nicht uninteressant, dass Folgendes auf der Internet-Seite des Regisseurs zu lesen ist: „Das Image eines Unternehmens in Filmsprache zu übersetzen, es zu einer kraftvollen Komposition aus Bildern, Musik und Text werden zu lassen, ist eine vielfach prämierte Spezialität des Regisseurs Boris Penth.“ – Dem muss eigentlich nichts mehr hinzugefügt werden, den Buddhismus-Werbespot „Mitgefühl, Weisheit und Humor“ beschreibt diese Selbsteinschätzung nämlich ganz hervorragend.

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