Wenn Filme vorgeblich auf wahren Ereignissen basieren und gleichzeitig übernatürliche Elemente beinhalten, dann tut das ihrer faktischen Glaubwürdigkeit nicht unbedingt gut, aber sie können natürlich trotzdem effektive und in sich schlüssige Unterhaltung bieten – wie etwa die „Conjuring“-Filme. Ob man als Betrachter grundsätzlich an Dämonen und Geister glaubt, ist nebensächlich, solange die Figuren auf der Leinwand diesen Glauben überzeugend verkörpern. Ähnliches gilt für Geschichten über Wunder und sonstige Manifestationen des Göttlichen sowie generell für alle nicht rational erklärbaren Launen des Schicksals. Eine solche erstaunliche Fügung bildet auch die Grundlage des Bestsellers „Genauso anders wie ich“ von Denver Moore. In diesem autobiografischen Buch träumt eine Frau von einem ihr völlig unbekannten Mann und nur durch diesen Traum kommt es schließlich zur Begegnung des Unbekannten mit dem Ehemann der Träumenden. Daraus entwickelt sich schließlich eine wunderbare Freundschaft zwischen zwei Männern aus völlig unterschiedlichen sozialen Milieus, die sich ohne den Wink des Schicksals im Schlafe wohl kaum ergeben hätte. Das Problem bei der Kinoadaption dieser Vorlage durch Langfilmdebütant Michael Carney ergibt sich nun trotz des Beharrens auf der „Wahrheit“ weniger aus der Prämisse und der daraus erwachsenden Geschichte selbst als durch die schwerfällige und moralinsaure Umsetzung. Viele Szenen in Carneys Drama „Genauso anders wie ich“ werden von ihrer eigenen Bedeutungsschwere fast erdrückt, die Schauspieler verstärken diesen Effekt des Zuviel teilweise noch und so wird aus großen Gefühlen vor allem sentimentaler Kitsch.
Nach 19 Jahren Ehe beichtet der angesehene Kunsthändler Ron Hall (Greg Kinnear) seiner Frau Deborah (Renée Zellweger), dass er eine Affäre hat. Sie gibt ihm eine letzte Chance und sie versuchen Entfremdung zu überwinden. So kommt es, dass Debbie ihren Mann in eine Suppenküche schleppt, in der Ron ab sofort gemeinsam mit ihr aushelfen soll. Als eines Tages ein aggressiver Fremder (Djimon Hounsou) mit einem Baseballschläger in der Tür steht und alles kurz und klein zu hauen droht, trifft Deborah fast der Schlag: Das ist jener Mann, der ihr seit Monaten immer wieder im Traum begegnet und eine Botschaft für sie hat, die sie partout nicht entschlüsseln kann. Auf ihr Drängen sucht Ron Kontakt zu dem Mann, der von allen nur „Suicide“ genannt wird und knüpft Freundschaftsbande mit ihm. Er erfährt von der Vergangenheit des in Wirklichkeit Denver heißenden Obdachlosen, gewährt ihm Unterschlupf und wird zu seinem engsten Vertrauten. Als Debbie wenige Wochen später erfährt, schwer krank zu sein, hat Ron in Denver einen Zuhörer, der ihm und seiner Familie auch in den schwersten Stunden zur Seite steht…
Im Original trägt das Buch von Denver Moore den Untertitel „A Modern-Day Slave, an International Art Dealer, and the Unlikely Woman Who Bound Them Together“. Das fasst die enorme inhaltliche Bandbreite des Stoffes in einem extralangen Wörterungetüm zusammen und schon anhand des ausufernden Titels ist zu ahnen, dass hier sehr viele verschiedene Themen und Erzählungen gleichzeitig drinstecken: Michael Carneys Film ist zugleich eine unkonventionelle Freundschaftsgeschichte, ein erschütterndes Krebsdrama, ein dramatisches Sklavenporträt und ein altmodischer Appell an christliche Werte. Allerdings kommen die verschiedenen Handlungsstränge in den 119 Minuten Laufzeit für sich genommen kaum zur Entfaltung, denn der Film ist nicht bloß völlig überladen, der Zuschauer wird auch in nahezu jeder Szene mit einer weiteren erschütternden Neuigkeit konfrontiert. Da gesellt sich schließlich auch noch ein verbitterter Alkoholikervater zur ohnehin tragischen Geschichte und als Ron seinen neuen Freund Denver zum ortsansässigen Tennisverein mitnimmt, wird mal eben nebenbei noch kurz das Thema Alltagsrassismus angerissen. Das sind alles erzählenswerte Probleme, aber die Anhäufung geht auf Kosten der Kohärenz, weil viele Fragen unbeantwortet bleiben. Und so ist letztlich auch die Wirkung der zahlreichen plakativen Einzelszenen längst nicht so stark wie sie sein könnte, dafür wird das Extreme hier viel zu sehr zum Regelfall.
Ähnlich übersteigert wirken auch einige schauspielerische Darbietungen in „Genauso anders wie ich“, die Darsteller können dem oberflächlichen Geschehen ebenfalls kein echtes Leben einhauchen. Während Greg Kinnear („Den Himmel gibt’s echt“) seiner Figur immerhin ein paar unterschiedliche Facetten abgewinnt und Ron als gleichermaßen resolut und warmherzig porträtiert, übertreibt es die kaum wiederzuerkennende Renée Zellweger („Bridget Jones“) mit den großen Gesten und dem expressiven Mienenspiel, womit sie noch unterstreicht, wie schwer Deborahs Verhalten manchmal nachzuvollziehen ist. Die von ihr betreuten Obdachlosen behandelt die Protagonistin so, als hätte sie es hier nicht mit erwachsenen Menschen, sondern mit scheuen Tieren zu tun, während sie im Streit mit ihrem Ehemann plötzlich agiert wie eine überdrehte Furie. Wenn sie später dann mit ihren beiden Kindern ein ernstes Gespräch führt, dann ist die Szene nicht etwa besonders rührend (wie es klar beabsichtigt ist), sondern wirkt forciert und unecht. Auch Djimon Hounsou („Amistad“, „Blood Diamond“) wandelt auf einem schmalen darstellerischen Grat: Er orientiert sich an der eigenwilligen Sprechweise des echten Denver Moore wie einige Archivaufnahmen im Abspann belegen, aber dadurch werden die ausführlichen Monologe des Mannes zur echten Geduldsprobe – unermüdlich und ermüdend zugleich predigt er Nächstenliebe. So wie hier schlägt in „Genauso anders wie ich“ Intensität immer wieder in Aufdringlichkeit um.
Fazit: Regieneuling Michael Carney hat sich bei seiner dramatischen Romanverfilmung „Genauso anders wie ich“ thematisch zu viel vorgenommen und versucht zudem seine erbauliche Botschaft mit dem Holzhammer ans Publikum zu bringen.