„Der Krieger und die Kaiserin" markiert einen Einschnitt in der Filmographie von Tom Tykwer. Nach diesem eher kleinen deutschen Film, der auf den Hit „Lola rennt" folgte, kehrte der Autodidakt Tykwer dem nationalen Kino gewissermaßen den Rücken, um größere, quer durch Europa und schließlich in Amerika finanzierte Projekte zu realisieren: Auf das Arthouse-Liebesdrama „Heaven" mit Cate Blanchett und Giovanni Ribisi folgten die mit großem Budget ausgestattete Bestsellerverfilmung „Das Parfum" und schließlich der mit Inszenierungsmustern des New-Hollywood-Kinos spielende Polit-Thriller „The International". Mit der in Venedig uraufgeführten Beziehungs- und Gesellschaftskomödie „Drei" legt Tykwer nun wieder einen rein in Deutschland produzierten Film vor. Darin erzählt er vordergründig eine verworrene Dreiecksbeziehung, spannt aber gleichzeitig einen weitreichenden inhaltlichen Bogen, der verschiedene Probleme und Eigenheiten der modernen Gesellschaft (insbesondere solche von kulturbeflissenen Intellektuellen) mosaikartig anreißt – mit dem Resultat, dass „Drei" mitunter hoffnungslos überladen ist. Zusammenhalt stiften letztlich die verspielte und größtenteils stimmige ästhetische Gestaltung sowie das durchweg überzeugende Darstellertrio.
Die langjährige Beziehung von Hanna (Sophie Rois, „Der Architekt") und Simon (Sebastian Schipper, „Die Nacht singt ihre Lieder") ist in einer Sackgasse angekommen. So richtig funkt es nach 20 Jahren eingespieltem Alltag nicht mehr zwischen der Kulturmoderatorin und dem Kunsttechniker, deren Leben trotz gemeinsamer Wohnung in Berlin eher nebeneinander her als gemeinsam verlaufen. Als der charmante und geheimnisvolle Gentechniker Adam (Devid Striesow, „Yella") in Hannas Leben tritt, lässt sie sich auf eine Affäre ein. Wenig später treffen auch Simon und Adam zufällig aufeinander – und fangen ebenfalls etwas miteinander an...
Zunächst einmal erscheint diese Dreiecksgeschichte zwischen dem Paar und dem doppelten Nebenbuhler überaus konstruiert, was sich als symptomatisch für den gesamten dramaturgischen Handlungsbogen von „Drei" erweist. Tom Tykwer nutzt erneut den Zufall, um eine Versuchsanordnung zu entwerfen, die nur in kleinen Momenten an einer realistischen Darstellung interessiert ist, im Großen und Ganzen aber immer wieder ihren Konstruktionscharakter erkennen lässt – dass Tykwers Komödie ein Konstrukt ist und keinen naturalistischen Abbildungsversuch unternimmt, vergisst der Zuschauer an keiner Stelle. Problematisch ist diese Herangehensweise bisweilen, weil Tykwer nicht immer deutlich macht, ob er dabei ernstgenommen werden will oder nicht – erst der ironische Schlussakkord schafft hier etwas Klarheit.
Auch die formale Gestaltung verweist immer wieder auf den fiktiven Charakter des Films. An einer der realen Wahrnehmung verpflichteten Ästhetik ist Tom Tykwer (wie in seinen vorherigen Filmen auch) nicht interessiert und so mischt er Schwarzweiß- mit Farbaufnahmen, entwirft skurrile Szenen wie etwa jene im Berliner Mauerpark, in der ein Künstler nach Öl bohrt. Außerdem gibt es immer wieder Splitscreens, in denen gleich mehrere Bilder neben-, über- und untereinander ablaufen, wobei teilweise in mehreren Ausschnitten gesprochen und gehandelt wird. Besonders diese geteilten Leinwände bringen sowohl die inhaltliche Überladenheit als auch den formalen Gestaltungswillen des Films auf den Punkt. Gleich in der ersten Sequenz von „Drei" nutzt Tykwer zudem ein Stilmittel, das im weiteren Verlauf von hoher Bedeutung ist: Auf einer Ethik-Tagung schweift Hanna gedanklich ab, während auf der Tonspur „Space Oddity" von David Bowie erklingt (vielleicht ist das auch ein Verweis darauf, dass „Drei" bisweilen die Bodenhaftung und Übersicht verliert: Ground control to major Tom Tykwer). Gerade als der Zuschauer sich in die wohlig bekannten Klänge eingefunden hat, beendet ein harter Schnitt von Tykwers Stamm-Cutterin Mathilde Bonnefoy („Orly") die Musikspur und etabliert die straffe Erzählweise des Films, die immer schnell voranschreitet und in der sich die Ereignisse bisweilen überstürzen.
Trotz der gescheiten Grundanlage – die Spiegelung der erzählerischen Ausschweifung in der ästhetischen Gestaltung – geht das Konzept von „Drei" nicht gänzlich auf, da Tykwer von Zeit zu Zeit wirkliche Empathie erzeugen will, die im Angesicht der allzu deutlichen Künstlichkeit der Handlung aber aufgesetzt und unpassend wirkt. So bleiben einige wirklich komische Szenen („Drei" ist Tykwers bislang humorvollster Film), die gewohnt ästhetischen Bilder von Kameramann Frank Griebe, mit dem Tykwer seit Beginn seiner Laufbahn arbeitet, und nicht zuletzt die drei Hauptdarsteller Sophie Rois, Sebastian Schipper und Devid Striesow, die ihre Figuren glänzend spielen. Wirklich entscheiden kann der Zuschauer aber nicht, worauf Tykwer mit „Drei" eigentlich hinaus will – und es bleibt zu vermuten, dass der Regisseur sich darüber auch selbst nicht ganz im Klaren war.