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    Henry & Julie - Der Gangster und die Diva
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Henry & Julie - Der Gangster und die Diva
    Von Asokan Nirmalarajah

    Das nominelle Verbrechen, das dem unbeholfenen Titelhelden von Malcolm Venvilles romantischer Krimi-Komödie angelastet wird, ist ein versuchter Banküberfall. Da der britische Filmemacher mit seiner zweiten Spielfilm-Regie und ersten US-Produktion aber nicht an den Genres interessiert ist, aus denen er diverse Standardsituationen entlehnt – hier Heist-, Gefängnis-, Theater- und Milieufilm -, verkommt „Henry's Crime" zu einem unter vielen willkürlichen Plot-Elementen. Auch die spätere Planung und Durchführung eines aufwändigen Tresordiebstahls, die den zur Abschweifung neigenden Handlungsbogen strukturieren soll, bleibt letztlich nur ein durchschaubarer narrativer Vorwand für das eigentliche Interesse des Regisseurs und seines Drehbuchautors. Verliebt ist Autor Sacha Gervasi, dem wir immerhin die herzerwärmende Heavy-Metal-Dokumentation „Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft" verdanken, nämlich mehr in seine bemüht spleenigen Figuren und seine namhafte Besetzung. Die Interaktion zwischen den Charakterköpfen ist aber weder so romantisch und rührend, noch so komisch, wie sie es mit diesen Namen hätte sein müssen. Dabei beginnt der Film, zumindest bis zu dem nominellen Verbrechen, so schrullig wie stilsicher, so unberechenbar wie vielversprechend.

    Henry Torne (Keanu Reeves) ist ein unambitionierter Arbeiter, der sich seine Nächte als einziger Angestellter einer Mautstelle um die Ohren schlägt. Auch die Beziehung zu seiner Frau Debbie (Judy Greer), die sich Kinder mit ihm wünscht, bereitet ihm keine rechte Freude. Als eines Morgens seine Freunde Eddie (Fisher Stevens) und Joe (Danny Hoch) bei ihm auftauchen, um ihn zum Baseball einzuladen, nimmt er das Angebot an. Doch schnell wird klar, dass er der Fahrer des Fluchtautos bei einem Banküberfall sein soll. Henry wird als Einziger gefasst und geht in den Knast, ohne die Komplizen zu verraten. Dort findet er, fernab von Debbie, die ihn verlässt, inneren Frieden und freundet sich mit dem Kriminellen Max (James Caan) an. Nach der Freilassung beschließt Henry, das Verbrechen zu begehen, für das er unschuldig im Knast saß. Dafür erbittet er sich die Hilfe von Max und verliebt sich bald in die spröde Julie (Vera Farmiga), die in dem neben der Bank liegenden Theater für eine Aufführung von Anton Tschechows Komödie „Der Kirschgarten" probt...

    Man muss nicht erst bis zu der unvermeidlichen Handlungskomplikation warten, durch die der von Reeves gewohnt ausdrucksarm verkörperte Henry als Zweitbesetzung auf der Bühne im lachhaft schlechten Make-up schauspielern und zeitgleich den Überfall koordinieren muss, um zu merken, dass „Henry's Crime" so ganz und gar nicht funktioniert. Locken die ersten Minuten noch mit der Möglichkeit einer eigenwilligen Independent-komödie mit seltsam emotionslosen Figuren, die sich unbequem beäugen, pendelt sich der Film bald eine abgegriffene Handlung mit bekannten Stereotypen ein. So gibt es hier neben dem naiven Helden, den Reeves noch etwas schlafwandelnder als sonst gibt, noch den von Caan gleichgültig gespielten altersweisen, melancholischen Zellengenossen, der zu lange im Knast gesessen hat, um sich in der Außenwelt zurecht zu finden. Da ist die von der Liebe einmal zu oft enttäuschte, neurotische Heldin, die von Farmiga mit derselben unterkühlten Erotik gespielt wird, mit der sie schon George Clooney in „Up in the Air" auffahren ließ. Da ist Peter Stormare als wild gestikulierender Theaterregisseur. Und damit sind erst die prominenten Stereotypen aufgezählt.

    Ein dramaturgisch versierter Filmemacher ist der angesehene Fotograf und Werbefilmer Malcolm Venville nicht, das war bereits bei seinem ersten Spielfilm, dem starbesetzten britischen Kammerspiel „44 Inch Chest", deutlich sichtbar. Auch bei „Henry's Crime" überzeugen weder Handlung, noch Figuren, dafür aber die atmosphärisch dichten, hübsch ausgeleuchteten Milieubilder von eher selten gefilmten Working-Class-Nachbarschaften New Yorks. Während Sacha Gervasi und sein Co-Autor David N. White („Undisputed III: Redemption") mehr und mehr mit ihrem einfallslosen Skript langweilen und umständliche Parallelen zwischen dem Theaterstück „Der Kirschgarten" und der Liebesbeziehung zwischen den Darstellern auf der Theaterbühne suchen, widmen sich Venville und sein Kameramann Paul Cameron („Mann unter Feuer", „Collateral") der stets ansprechenden Optik. Der ganze Film ist in ein dunkles, winterlich-verschneites Grau getaucht, nur aufgelockert mit den prägnanten, satten Farbtupfern mancher Requisiten. So wirken die hellweißen Gesichter der unterforderten Darsteller noch um einiges blasser; da hilft auch grelles Theater-Make-up nicht.

    Fazit: „Henry's Crime" ist eine zu Anfang putzige, im Anschluss aber dröge Mischung aus Liebeskomödie und Heist-Film, die hübsch anzusehen und mit durchaus talentierten Darstellern besetzt ist; dabei sind weder Geschichte, noch Protagonisten ansprechend genug, um wirklich zu unterhalten.

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