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    Barschel - Mord in Genf?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Barschel - Mord in Genf?
    Von Christoph Petersen

    Auf den Tod des damaligen schleswig-holsteinischen CDU-Ministerpräsidenten Uwe Barschel, der am 11.10.1987 in einer Badewanne des Hotels „Beau Rivage“ in Genf tot aufgefunden wurde, folgte einer der größten Politikskandale in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das endgültige Ergebnis der Untersuchungen lautete zwar Selbstmord, wird aber bis heute von den verschiedensten Seiten angezweifelt – und wen wundert es, immerhin gab es Unmengen an kleinen Ungereimtheiten wie verschwundene Weinflaschen und Tablettenpackungen, die Schweizer Behörden schienen absichtlich schlampig zu ermitteln und ganz zufällig befanden sich zum Zeitpunkt des (Selbst?)-Mordes auch noch einige Waffenhändler in der Stadt, mit denen Barschel angeblich in Verbindung gestanden haben soll. Den Verschwörungstheorien, die uns Uwe Boll und Frank Lustig in ihrem Polit-Thriller „Barschel – Mord in Genf?“ präsentieren, sind also Tür und Tor geöffnet. Und was das Jonglieren mit den Fakten angeht, stellen sich Boll und Lustig auch gar nicht mal so dumm an. Leider haben sie aber keine funktionierende Form gefunden, um ihre Theorien auch in einem spannenden Film umsetzen zu können.

    Der ambitionierte Filmemacher Parzer (Peter Schwab) hat den Zenit seines Schaffens eigentlich schon lange überschritten. Trotzdem hat er sich in den Kopf gesetzt, mit seinem neuesten Projekt ein politisch extrem heißes Eisen anzufassen: Er will die wahren Geschehnisse hinter dem als „Waterkantgate“ titulierten Skandal um den mysteriösen Tod von Uwe Barschel (Michael Rasmussen) aufdecken. Für die Finanzierung des Films wendet er sich an seinen ehemaligen Weggefährten Wittmeyer (Karl Friedrich Gerster), der es mittlerweile zu einem supererfolgreichen Filmproduzenten gebracht hat. Dieser ist allerdings von der Idee zunächst überhaupt nicht angetan, sieht er doch für Politik im Kino einfach keine finanziellen Chancen. Ganz anders Wittmeyers Assistent Bernke (Bernd Rieser), der sich sofort für den spannenden Fall interessiert. Zu dritt diskutieren sie den ganzen Abend lang Fakten, wobei sie sich immer tiefer in den aufregenden Verschwörungstheorien verlieren…

    Ob man die Art und Weise, auf die hier mit Fakten jongliert und zu Verschwörungstheorien gelangt wird, nun als mutig oder doch eher unbedarft bezeichnen will, spielt im Endeffekt eigentlich überhaupt keine Rolle, da sie auf jeden Fall zu nicht uninteressanten Ergebnissen führt. Es wäre wahrscheinlich sogar ausgesprochen spannend, sich einen ähnlich amateurhaft angegangenen Thriller, der sich auf die Geschehnisse vom 11. September bezieht, anzusehen. Das Problem dabei ist nur, dass Boll und Lustig es nie schaffen, die auf dem Papier aufregenden Theorien so auf die Leinwand zu bringen, dass sie auch für ein Kinopublikum interessant bleiben. Schon der Ansatz, drei Filmleute über die Theorien diskutieren zu lassen, ist der Idee eines Thrillers abträglich, weil das Geschehen so nicht greifbar, sondern auf Stammtischniveau heruntergezogen wird. Und die dilettantische Inszenierung, die den Zuschauer für keine Sekunde das minimale Budget vergessen lässt, tut ihr übriges, um den Film von einer ernsthaften Auseinandersetzung auf das Level eines Homevideos herunterzuholen.

    Leider spielen auch in „Barschel – Mord in Genf?“ zwei Boll-typische Probleme mit hinein, die vor allem die Filme aus seiner Anfangszeit unerträglich machen: Zum einen Bolls Proleten-Weltsicht, die sich hier in der Figur des polnischen Kameramanns niederschlägt. So muss dieser sich von Produzent Wittmeyer anhören, er solle die Klappe halten und gehorsam seine Arbeit machen. Ansonsten solle er verschwinden, immerhin würde es von ihnen ja noch genügend Willige an der Grenze geben. Zum anderen übernimmt Boll auch hier wieder mal seine nervige Rolle als Rumpelstilzchen der deutschen Filmwirtschaft. Weil er - wie es auch schon bei seinem Regiedebüt German Fried Movie der Fall war – für „Barschel“ wieder keine Filmförderung erhalten hat, lässt er es sich nicht nehmen, mit nicht gerade subtilen Seitenhieben auf die deutsche Filmlandschaft einzuprügeln. Dass diese dann nicht nur dreist, sondern meist auch ziemlich dämlich sind, macht die Sache natürlich nicht unbedingt weniger ärgerlich.

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