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    We Have Always Lived In The Castle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    We Have Always Lived In The Castle

    Die nächste Verfilmung der "Spuk in Hill House"-Autorin!

    Von Thorsten Hanisch

    Die 1965 im Alter von gerade mal 48 Jahren verstorbene Schriftstellerin Shirley Jackson wurde in der Vergangenheit von Größen wie Stephen King, Neil Gaiman oder Richard Matheson als Einfluss genannt und lieferte mit „The Haunting Of Hill House“ nicht nur die Vorlage zur im Oktober 2018 veröffentlichten Netflix-Serie „Spuk in Hill House“, sondern auch zu dem Horrorfilm-Klassiker „Bis das Blut gefriert“ (1963). Dennoch genießt sie bis heute nicht den Stellenwert ihrer prominenten Verehrer, was sich auch in einem bisher eher verhaltenen Interesse der filmenden Zunft äußert. Und so benötigte der 1962 veröffentlichte Mystery-Thriller „We Have Always Lived In The Castle“ rund sechs Jahrzehnte für den Sprung auf die Leinwand. Das ist einerseits schade, anderseits kann sich die Adaption von Stacie Passon, die mit tollen, streng durchkomponierten Bildern und stark aufspielenden Darstellern aufwartet, jetzt auch absolut sehen lassen!

    Erzählt wird von den Blackwood-Geschwistern Merricat (Taissa Farmiga) und Constance (Alexandra Daddario), die zusammen mit ihrem im Rollstuhl sitzenden, geistig verwirrten Onkel Julian (Crispin Glover) in einem großen Haus auf einem abgeschiedenen Anwesen leben. Von den Bewohnern des nahegelegenen Dorfes wird die Familie verachtet, da vor sechs Jahren nicht nur die Eltern der Geschwister, sondern außerdem eine Tante und ein jüngerer Bruder ermordet wurden. Die Opfer hatten offenbar alle Brombeeren mit vergiftetem Zucker gegessen, zumindest lag diese Vermutung nahe, da Merricat am besagten Abend ohne Abendessen ins Bett geschickt wurde und Constance die einzige war, die ihre Beeren ohne Zucker aß. Constance galt deshalb als Hauptverdächtige, wurde aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Eines Tages taucht nun Cousin Charles (Sebastian Stan) auf, der der nicht nur die in ihn verliebte Constance manipuliert, sondern auch ein offensichtliches Interesse am im Safe lagernden Familienvermögen hegt…

    Unzertrennliche Schwestern: Merricat ...

    Ein Thema, das im Werk von Shirley Jackson immer wieder auftaucht und auch in „We Have Always Live In The Castle“ im Mittelpunkt steht, ist das Außenseitertum. Bei Merricat, Constance und Julian handelt es sich zwar um eine schräge, aber durchaus funktionale Gemeinschaft, die nur eben mit dem großen Makel behaftet ist, anders als die anderen zu sein. Die meisten Dorfbewohner bereitet ihnen schon deshalb Schwierigkeiten, weil sie sich nicht damit abfinden können, dass Constance damals freigesprochen wurde. Und selbst die wenigen Wohlmeinenden wollen die Schwestern auseinanderbringen, da Constance nicht mit einem Mann, sondern mit ihrer Schwester zusammenlebt.

    Nieder mit dem Patriarchat

    Dieser Mann kommt in Form von Charles ins Spiel, der das Patriarchat des ermordeten Vaters wieder in den Haushalt zurückzubringen versucht und damit die Dinge nur endgültig aus dem Ruder laufen lässt. Der herrschsüchtige Cousin, der gekommen ist, um „Beistand zu leisten“ und „Orientierung zu geben“, fühlt sich wie ein völlig überflüssiger Fremdkörper im Haus der Blackwood-Schwestern an. Er behandelt Constance wie eine Haushaltsangestellte, macht sich über Julian lustig und ist hinter dem im Haus verstauten Geld her, das vor seiner Ankunft nie ein Thema war.

    Gegen Ende droht Charles Constance gar in maßloser Selbstüberschätzung, dass sie nie wieder jemanden wie ihn finden wird, dass niemand sie lieben wird. Der Punkt ist nur: Das braucht sie auch gar nicht, denn sie hat Merricat. „We Have Always Lived In A Castle“ erzählt nämlich vor allem von einer tiefen, innigen und vorbehaltslosen Liebe zwischen Frauen, die nichts zerstören kann, was besonders im Schluss-Twist noch einmal ganz deutlich wird.

    ... und Constance.

    Dass gerade dieser zutiefst berührende Kern stets nachvollziehbar bleibt, ist vor allem den beiden großartigen Hauptdarstellerinnen zu verdanken. Taissa Farmiga („The Nun“), die als Merricat äußerlich ein klein wenig an Wednesday aus der „Addams Family“ erinnert, gelingt es, ihre Figur trotz all ihrer soziopathischen Züge nicht zur Karikatur verkommen zu lassen. Man glaubt ihr stattdessen jederzeit, dass ihr Constance ehrlich und aufrichtig am Herzen liegt. Alexander Daddario („Texas Chainsaw 3D“) wiederum stattet ihre Constance mit einer fast schon irrealen Unschuld, Reinheit und vor allem Verletzlichkeit aus, die die Bindung zu Merricat greifbar macht.

    Regisseurin Stacie Passion, die ansonsten für Serien wie „The Punisher“ oder „The Last Tycoon“ tätig ist, lässt jedenfalls keinen Zweifel dran, dass ihre Protagonistinnen ohne jeden Einfluss von Außen besser dran sind. Das macht ihren Film nicht nur zur fesselnden Genreunterhaltung, sondern auch zu einem mitreißenden Plädoyer für mehr Toleranz.

    Fazit: Starke, sehr werkgetreue Leinwandversion des gleichnamigen Romans, die als mitreißender Mystery-Thriller genauso überzeugt wie als berührendes Außenseiterporträt. Nach „Spuk in Hill House“ und „We Have Always Lived In The Castle“ sollten unbedingt mehr Regisseure auf die Idee kommen, Stoffe der im Kino bisher sträflich vernachlässigten Horror-Schriftstellerin Shirley Jackson zu adaptieren – dann muss man von Stephen King auch nicht mehr gefühlt jeden Bierdeckel verfilmen, weil einem sonst der Stoff ausgeht.

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