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    Abattoir - Er erwartet dich!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Abattoir - Er erwartet dich!
    Von Lars-Christian Daniels

    Haunted-House-Horrorfilme á la „Poltergeist“, „Paranormal Activity“ oder „Conjuring - Die Heimsuchung“ setzen zwar auf die immer gleichen Mechanismen, erfreuen sich beim Publikum aber trotzdem einer zeitlosen Beliebtheit. So richtig interessant wird es aber eigentlich erst dann, wenn ein Filmemacher mal die ausgetretenen Pfade des Genres verlässt und etwas Neues wagt. Horrorexperte Darren Lynn Bousman („Repo! The Genetic Opera“), der unter anderem den zweitendritten und vierten Teil der jüngst wiederbelebten „Saw“-Reihe inszeniert hat, wagt nun genau das: In seinem erzählerisch ausgefallenen Haunted-House-Film „Abattoir – Er erwartet dich!“ (ab 6. Oktober 2016 auf DVD) spielt der Regisseur mit den ungeschriebenen Gesetzen des Genres und sorgt damit vor allem im Schlussdrittel für gute Unterhaltung. Dass die ästhetisch an den Film noir erinnernde Adaption seiner eigenen Graphic-Novel-Reihe nicht der ganz große Wurf ist, liegt in erster Linie am langen Weg, der bis zum Finale zurückgelegt werden muss: „Abattoir“ (auf Deutsch: „Schlachthaus“) kommt erst spät auf Touren und bietet bis dahin lediglich durchschnittliche Horror-Unterhaltung in optisch ansprechender Verpackung.

    Für die Immobilien-Journalistin Julia Talben (Jessica Lowndes) kommt es knüppeldick. Ihr Chef Chester (Bryan Batt) gönnt der ehrgeizigen Investigativ-Reporterin keine reizvollen Stories und auch privat trifft sie ein harter Schicksalsschlag: Die Familie ihrer Schwester Amanda (Jackie Tuttle) wird brutal in ihrem Haus abgeschlachtet. Damit fängt der Schrecken aber erst an: Als sie nach ein paar Tagen in das Kinderzimmer ihres Neffen Charlie (Aiden Flowers) zurückkehren will, ist dieses nicht mehr vorhanden – es wurde komplett aus dem Haus herausgerissen. Julia beginnt gemeinsam mit Detective Grady (Joe Anderson), ihrem Ex-Freund, zu recherchieren: Schon seit den 50er Jahren verschwinden regelmäßig die Schauplätze grausiger Mordfälle. Die Spur führt in die Kleinstadt New English, in der die beiden auf eine Mauer des Schweigens treffen. Selbst der ortsansässige Sheriff McDermott (John McConnell) begegnet ihnen feindselig. Doch Julia lässt nicht locker: Im Wald entdeckt sie das riesige Abattoir des geheimnisvollen Predigers Jebediah Crone (Dayton Callie) – ein Geisterhaus mit all jenen Räumen, die in den letzten Jahrzehnten verschwunden sind...

    „Abattoir“ lässt sich dramaturgisch mit der Fahrt in einer Geisterbahn vergleichen: Hat man sein Ticket am Schalter gelöst, startet die Fahrt zunächst gemächlich – man befindet sich beim Einsteigen noch im Freien, bevor der Sicherheitsbügel herunterklappt und der Trip langsam losgeht. Im Dunkeln gelangt man dann von Raum zu Raum, ein Schockmoment jagt den nächsten, bis man irgendwann wieder erleichtert draußen vor dem Kassenhäuschen landet. Im Film verläuft die Spannungskurve ähnlich – mit dem entscheidenden Unterschied, dass die finale Erleichterung ausbleibt und der Großteil der Fahrt nicht in der Geisterbahn, sondern vor ihrer Kulisse stattfindet. Das spannende und visuell herausragende Treiben im titelgebenden Schlachthaus nimmt nur knapp ein Drittel der Spielzeit in Anspruch, was den guten Gesamteindruck erheblich schmälert: Nach dem Auftaktmord an Amandas Familie beginnen die trockenen Recherchen – Regisseur und Drehbuchautor Bousman tut allerdings gut daran, diese im Schnellverfahren abzuhandeln, weshalb sich Julia und Grady schon bald in der geisterhaften Kleinstadt wiederfinden, vor deren Toren das Abattoir angesiedelt ist. Bis zum großen, aber etwas zu kurz geratenen Finale wird das Publikum mit ein paar netten, aber schnell wieder verpufften Jump-Scares bei der Stange gehalten – auch die atmosphärisch dichte, ästhetisch an den Film Noir erinnernde Inszenierung trägt ihren Teil dazu bei, dass sich bis dato zumindest keine Längen einschleichen.

    Antriebsfeder der Geschichte ist die Suche nach dem Zusammenhang zwischen den verschwundenen Räumen – die Auflösung ist allerdings früh absehbar und die Geschichte verläuft trotz kleinerer Twists ziemlich geradlinig. Richtig interessant wird es erstmalig bei der Begegnung mit der geheimnisvollen Allie (Lin Shaye, „Insidious: Chapter 3“): Schnell wird klar, dass die kauzige alte Lady, die dank ihres trockenen Humors und ihrer Vorliebe für irischen Whiskey gleich mehrere Szenen stiehlt, nicht mit offenen Karten spielt. In einer großartigen Sequenz vor dem Schminkspiegel darf ihr der Zuschauer dann bei der Demaskierung buchstäblich ins Gesicht blicken – da ist Gänsehaut vorprogrammiert! Serienstar Dayton Callie („Deadwood“, „Sons Of Anarchy“) schüttelt seine Rolle als dämonenhafter Schlachthausbesitzer souverän aus dem Ärmel: „Ich bin ein Sammler, und dies ist meine Sammlung“, bittet er die verängstigte Julia (Jessica Lowndes, „90210“) zum großen Showdown in sein Abattoir und weiß genau, dass er mehrere Trümpfe in der Hinterhand hält. Anders als bei den meisten anderen Haunted-House-Geschichten bietet das unendlich groß anmutende Spukhaus dank der unterschiedlichsten Räume die Möglichkeit, verschiedene Settings miteinander zu kombinieren: Was in Steve Becks ähnlich gelagertem Horror-Flop „13 Geister“ ziemlich in die Hose ging, erweist sich hier als visueller Volltreffer.

    Fazit: Darren Lynn Bousman liefert mit „Abattoir“ eine ausgefallene Haunted-House-Variation, die sich etwas zu viel Zeit nimmt, um in Fahrt zu kommen.

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