Jason-Statham-Filme sind ein Fall für sich - man bekommt, was man erwartet; selten weniger und noch seltener mehr. Anfangs versuchte sich der Brite noch als Mime („Bube, Dame, König, grAS", „Snatch – Schweine und Diamanten"), diese Mätzchen hat er aber spätestens mit seiner Paraderolle als „Transporter" aufgegeben. Seitdem gibt er immer wieder knackige Variationen des immergleichen Rezepts: Als agiler Action-Proll mit Herz, Augenzwinkern und Schlag bei den Ladies prügelt er sich durch eng budgetierte Vehikel („Crank", „Bank Job"), die dem Ex-Turner ganz und gar auf den muskulösen Leib geschrieben und inszeniert werden. Eine gute Figur hat er dabei noch immer gemacht, nicht einmal seine Kollaboration mit Uwe Boll („Schwerter des Königs") konnte die Reputation des schneidigen Rüpels schädigen. Statham ist der legitime Erbe der großen Action-Heroen der späten 80er Jahre. Das hat auch Sylvester Stallone eingesehen und ihn in seinem Ensemble-Stück „The Expendables" als Fackelträger der alten Tradition in den Mittelpunkt gerückt. Wo die alte Garde jedoch irgendwann der Hafer stach, sie müssten ihr Repertoire erweitern und sich als „ernsthafte Schauspieler" oder Komödianten profilieren, winkt Statham kategorisch ab und dreht munter weiter Haudrauf-Spektakel der S(wie Statham)-Klasse. Statham scheint zufrieden mit seinem Image und seinem Oevre - sollen sich doch andere neu entdecken! Auch Elliott Lesters urbaner Cop-Thriller „Blitz" ist da – trotz lange Zeit angezogener Handbremse - keine Ausnahme.
Mit dem Londoner Bullen Tom Brant (Jason Statham) ist nicht gut Kirschen essen. Wer ihm bei seinem Brotjob in die Quere kommt, der schüttelt gewaltig am Backpfeifenbaum und kriegt in der Regel Schelte der übelsten Art spendiert. Seine Chefs sehen das gar nicht gern und wollen ihn am liebsten hinter den Schreibtisch verbannen. Als jedoch ein scheinbar wahnsinniger Killer (Aiden Gillen), der sich selbst „Blitz" nennt, eine blutige Mordserie unter den Polizisten der Stadt anrichtet, wird er wieder auf die Straße geschickt. Dabei muss der ewige Einzelgänger mit dem schüchternen Kollegen Porter Nash (Paddy Considine) zusammenarbeiten. Der hat mit markigen Haudraufs wie Tom so seine Probleme. Seit seinem Coming Out hat er im Revier nicht viel zu lachen und wird von seinen Macho-Kollegen angefeindet. Langsam aber sicher überwinden Tom und Porter jedoch ihre Differenzen und rücken dem Killer zu Leibe...
Das dünne Story-Gerüst von „Blitz" hält dabei keineswegs für allerhand Action, Randale und coole Sprüche her, die große Keilerei, für die Statham-Reißer normalerweise bekannt sind, bleibt dieses Mal aus. Sicher, zu Beginn darf er ein paar Autoknacker-Strolchen eine Runde Statham'scher Leibesertüchtigung ausgeben und auch sonst wird Gewalt als probates Mittel zur Konfliktbewältigung propagiert. Das heißt jedoch nicht, dass sich wie sonst Martial-Arts-Einlagen und Schießereien im Minutentakt abwechseln. Dennoch ist „Blitz" kein Film der leisen Töne. Was Lester an Artistik ausspart, wird durch kurze, heftige Eruptionen – meist von Seiten Aiden Gillens – ausgeglichen. Tatsächlich ist „Blitz" ein erstaunlich unspektakulärer Cop/Serienkiller-Thriller mit angezogener Handbremse. Die Stoßrichtung: Grimmig finster und nihilistisch soll das sein. Wieso und weshalb, dass wusste aber wohl niemand so genau.
Also hangelt sich Elliott Lester etwas hilflos und uninspiriert an den Insignien des Genres entlang. Von den düsteren Aufnahmen schummeriger Kneipen, in denen desillusionierte Bullen nach Feierabend einen über den Durst trinken, über bedrohlich ausgeleuchtete Tiefgaragen, giftgrüne Verhörzimmer, dreckige Hinterhöfe, bis hin zu einem Killer, der über Handy Katz und Maus mit seinen Verfolgern spielt – all das hat man schon oft gesehen und oft auch besser. „Blitz" ist Dienst nach Vorschrift und funktioniert, ohne zu begeistern. Allzu oft wird das alte Reißbrett, an dem die Killerhatz mit groben Strichen skizziert wurde, sichtbar. So fliegt Stathams Besetzung schnell als Produzenten-Stunt auf: Als 08/15-Thriller wäre „Blitz" gewiss nicht so gut zu finanzieren gewesen wie als „neuer Statham".
Da dessen Fangemeinde jedoch weniger mit prickelnder Spannung, denn mit brachialer Handgreiflichkeit zu begeistern ist, wurden kurzerhand ein paar Actionszenen eingeflochten, die in „Blitz" wie Fremdkörper wirken. Der eigentliche Reiz des Films kommt mit seinen Darstellern und ihrer Chemie untereinander: Das widerspenstige Ermittler-Gespann Statham/Considine harmoniert erstaunlich gut. So läßt Statham seinen rustikalen Charme spielen und nutzt jede Gelegenheit, die kahle Stirn in angepisste Falten zu legen und in männlichen Posen zu verharren. Die selbstbewusste Physis, mit der sich Statham hier durch jede Szene lümmelt, zwingt jeden Schauspieler neben ihm zum Understatement. Der sonst eher auf Dramen oder Fernseh-Krimis spezialisierte Considine nutzt den Raum, der ihm da noch bleibt, und gibt seinen homosexuellen Cop so nuanciert, dass er Statham nicht selten die Show stiehlt.
So unterschiedlich die beiden auch sein mögen – die Rechnung geht auf. Da bahnt sich eine herzige Bromanze an, ohne in „Lethal Weapon"-artige Kumpelhaftigkeit abzudriften. Aiden Gillen, bekannt aus „The Wire" und inzwischen auch „Game of Thrones", tut derweil sein Bestes, um seiner schwach geschriebenen Serienkiller-Rolle die nötige Exzentrik angedeihen zu lassen und halbwegs bedrohlich aufzutreten. Wer mit einem betulichen Statham-Déjà-Vu leben kann und Spaß am kahlen Briten hat, darf hier guten Gewissens einen Blick riskieren. Geboten werden 97 Minuten solide inszenierte und reichlich vorhersehbare Unterhaltung, die schneller vergessen als geguckt ist, dabei aber jederzeit schmerzfrei konsumierbar bleibt und gelegentlich sogar Spaß macht.